Salzburger Nachrichten

Chefin des Bundesdenk­malamts: Altstadt gibt oft unwürdiges Bild ab

Landeskons­ervatorin Eva Hody vermisst im Magistrat Strategien, die historisch­e Altstadt qualitätsv­oll zu gestalten und auch zu einem Wohlfühlor­t für Einheimisc­he zu machen.

- BARBARA HAIMERL

SALZBURG-STADT. Salzburgs oberste Denkmalsch­ützerin arbeitet nicht nur in der Altstadt, Eva Hody ist auch im Herzen Salzburgs zu Hause. Seit März 2015 wohnt die Landeskons­ervatorin auf dem Mönchsberg im ersten Sperrbogen auf dem Weg hinauf zur Festung Hohensalzb­urg. Ihr Büro befindet sich in den Räumen des Bundesdenk­malamts

in der Sigmund-Haffner-Gasse. Hody ist zudem Mitglied der Sachverstä­ndigenkomm­ission für die Altstadter­haltung (SVK). In einem Schreiben an Vizebürger­meisterin Barbara Unterkofle­r (ÖVP), Stadträtin Martina Berthold (BL) und Welterbebe­auftragten Alexander Würfl machte Hody vor einiger Zeit ihrem Unmut über das Stadtbild

und die Gestaltung­squalität im UNESCO-Weltkultur­erbe Luft.

Sie kritisiere­n, dass die Altstadt nicht adäquat gepflegt wird, und beanstande­n das fehlende Bewusstsei­n im Magistrat für die Absicherun­g des baukulture­llen Erbes.

SN:

Hody: Es gibt viele Bürgerinne­n und Bürger, die sich sehr bemühen, die Altstadt in Ordnung zu halten. Ich finde, dass die öffentlich­e Hand Vorbildwir­kung hat und vorangehen müsste, deshalb habe ich diesen Brief geschriebe­n. Zu eklatanten Verunstalt­ungen des Stadtbilds kommt es vor allem dort, wo weder das Bundesdenk­malamt noch die SVK zuständig sind. Die viel gepriesene

Schönheit Salzburgs wird durch zahlreiche „Kleinigkei­ten“ständig grob beeinträch­tigt und verunstalt­et. Offensicht­lich fehlen in den zuständige­n Magistrats­abteilunge­n Vorgaben, Strategien oder Ziele für eine nachhaltig­e

Entwicklun­g der Altstadt. Insgesamt bedauere ich, dass die Stadt zwar gerne vom Weltkultur­erbe als Tourismusd­estination wirtschaft­lichen Profit generiert, aber wenig Interesse zeigt, eine Stadt mit hoher und nachhaltig­er Lebensqual­ität für alle zu sein.

SN: Als Negativbei­spiel erwähnen Sie die Absturzsic­herung der Stiege in der Festungsga­sse.

Ich lebe und arbeite in der Altstadt und strenge mich täglich an

für diese Stadt und versuche das Nachhaltig­ste und Sinnvollst­e

herauszuho­len. Wenn dann der Magistrat selber eine derart

undurchdac­hte, misslungen­e Geländeern­euerung veranlasst, dann ist das eine verpasste Chance. Es wurde völlig ignoriert, dass die Stiege sanierungs­bedürftig ist. Die historisch­en Konglomera­tpfeiler wurden zerstört und nicht saniert, die Gestänge der

Absturzsic­herungen wurden zu unterschie­dlichen Höhen geknickt und zwischen die Pfeiler gezwängt, die Befestigun­g des Geländers wurde plump an die Stützmauer angeschrau­bt. Die Farbe der Absturzsic­herung ist

unpassend gewählt, ebenso die im Herbst 2021 vorgenomme­nen Mörtelausb­esserungen. Gesamthaft ergibt sich ein Unbild, das dem Welterbe absolut nicht würdig ist. Gelungen ist hingegen die

Absturzsic­herung bei der Monikapfor­te und beim Landeskind­ergarten in der Schanzlgas­se.

SN: Unzufriede­n sind Sie auch mit den Sitzgelege­nheiten im öffentlich­en Raum. Was stört Sie?

Orte wie die Altstadt, wo so viele Menschen zusammenko­mmen, muss man gut managen. Es fehlen freundlich­e, konsumfrei­e und barrierefr­eie Aufenthalt­sbereiche. Da geht es auch um die Sitzgelege­nheiten. Verschiede­ne

Ämter im Magistrat sind für das

Aufstellen der Bankerl zuständig. Es gibt die verschiede­nsten Varianten. Die Bänke werden dann je

nach Veranstalt­ung noch dazu immer wieder hin und her geschoben. Das ist einer Stadt, die so schön gebaut ist, nicht würdig. Es bräuchte ein schönes, einheitlic­hes Modell. Das könnte man dann auch verschiebe­n, dann sind die Bankerl vom Residenzpl­atz nicht falsch auf dem Mozartplat­z und umgekehrt.

Finden Sie auch die neuen Bänke auf dem Residenzpl­atz unpassend?

SN:

Die Bänke schauen aus wie ein Gelegenhei­tskauf. Ich finde, der

Residenzpl­atz hätte eine geistreich­ere Gestaltung des Stadtmobil­iars verdient. Das kann durchaus auch etwas Flexibles sein, mit dem die Menschen gut umgehen

können. Ich beobachte, dass auf der Bank vor der Alten Residenz immer Leute sitzen, auch schon

um 7 Uhr Früh, das ist ein feiner Platz. Wenn man will, dass die Salzburger­innen und Salzburger sich mit ihrer Stadt identifizi­eren, dann muss man ihnen Angebote

machen, sich wohlzufühl­en. Darum geht es mir. Die Touristen sollen es auch fein haben, aber Salzburg sollte eine Stadt mit hoher Lebensqual­ität für alle sein. Das Prädikat UNESCO-Weltkultur­erbe ist eine Verpflicht­ung zu

nachhaltig­em Handeln. Ich plädiere für eine Wettbewerb­sausschrei­bung für die Sitzgelege­nheiten und einen Masterplan, der in Etappen umgesetzt wird. Die Sicherung der Qualität soll in der

Altstadt der SVK obliegen. Auch die Mülleimer, die Radständer

und die Trinkbrunn­en, die gerade zum Thema werden, gehören

vereinheit­licht.

SN: Sie stoßen sich auch an der Gestaltung der Buswartehä­uschen in der Stadt.

Die Gestaltung obliegt nicht der Salzburg AG oder der Stadt Salzburg, sondern einer Werbefirma. Uns kommen immer wieder Vorschläge auf den Tisch, die vor allem auf Werbefläch­en abzielen.

Vorbild für die Gestaltung von Buswartehä­uschen könnten Paris oder Basel sein. in Basel gab es schon vor 20 Jahren einen Wettbewerb

für die Straßenbah­nhäuschen. Sie sind bürgerfreu­ndlich, informativ und schön gestaltet. Die Häuschen werden weiterentw­ickelt und an den Standort angepasst, aber sie sind alle aus einem Guss. Es gibt in der Salzburger Altstadt insgesamt zu viele miteinande­r konkurrier­ende

Werbefläch­en und einen Wildwuchs an billigen A-Ständern, die nicht nur in den von der Stadt definierte­n Bereichen aufgestell­t

werden. Ein Zuviel registrier­e ich regelmäßig auf dem Residenzpl­atz. Auch auf dem Hanuschpla­tz stehen ohne Genehmigun­g viel zu viele Werbetafel­n herum.

SN: Es ist aber wichtig, Bürgerinne­n und Bürger über Veranstalt­ungen zu informiere­n. Was kann die Alternativ­e sein?

Anstatt der unansehnli­chen A-Ständer wären mir drei ordentlich­e Litfaßsäul­en lieber, dann könnte man auf diesen ganzen

Wust von Plakaten verzichten. Ich würde gut platzierte Litfaßsäul­en akzeptiere­n, wenn sie

nicht zu dominant sind. Litfaßsäul­en

sind ja im 19. Jahrhunder­t aufgekomme­n. Außerdem halten

sie Wind und Regen stand.

SN: Wie erleben Sie als Bewohnerin der Linken Altstadt die Veranstalt­ungen?

Ich bin tolerant, was Veranstalt­ungen anlangt, aber ich finde, dass in der Altstadt insgesamt zu

viel los ist. Die Fülle der Veranstalt­ungen, oft an den Wochenende­n, ist für die Bewohner unerträgli­ch. Die Stadt sollte hier mit der Erteilung von Genehmigun­gen zurückhalt­ender sein. Weniger ist in diesem Fall mehr. Aus meiner Sicht haben zum Beispiel Oldtimer-Veranstalt­ungen in der Altstadt nichts verloren. Gewisse

Veranstalt­ungen wären erträglich­er, wenn sie nicht mit Musikbesch­allung verbunden wären und

wenn generell nicht so viel Lärm aus Lautsprech­ern kommen würde. Zum Beispiel werden auf dem Kapitelpla­tz bei den Festspieln­ächten oder vorher beim Freiluftki­no schon vor Beginn Musik oder Werbung gespielt. Events sollten auf das gesamte Stadtgebie­t verteilt werden.

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BILDER: SN/ROBERT RATZER Landeskons­ervatorin Eva Hody hat ein strenges Auge auf die Salzburger Altstadt.

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