Wo bleiben die Promis bei den Festspielen?
Societyreporter vermissen den Glamour früherer Jahre. Aber wie zeitgemäß ist dieser überhaupt noch?
SALZBURG-STADT. Hat die Pandemie alles verändert? Ist es der
Krieg in der Ukraine? Oder einfach nur eine Entwicklung, die sich seit Jahren verstärkt? International bekannte Prominenz,
über deren Besuch man über Salzburg hinaus spricht, fehlt.
Diesen Eindruck kann man heuer durchaus gewinnen. Es fehlen die Bilder, die wir aus früheren Jahren kennen: Entertainer Thomas Gottschalk, der allein schon mit seiner Garderobenwahl ein Hingucker ist, bleibt Salzburg heuer fern. Prinzessin Caroline von Monaco wurde zuletzt vor mehr als 15 Jahren bei den Salzburger Festspielen gesehen. Hoher adeliger
Besuch wie jener von Prinz Charles und Camilla ist ebenfalls eine Erscheinung der Vergangenheit. Immerhin: Die frühere deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel blieb den Festspielen treu.
Dennoch: Internationale Staatschefs, ja selbst der österreichische Bundeskanzler, fehlen.
Einer, der die Prominenz genau im Blick hat, ist Willi Schneider, der Betreiber der auf Society und Stars spezialisierten Fotound Presseagentur People Picture in München. Der gebürtige Kärntner beobachtet seit Längerem das Fehlen vor allem international gefragter Prominenz. Mittlerweile fahre er gar nicht mehr selbst nach Salzburg: „Wir lassen uns
von Fotografen vor Ort beliefern.“Natürlich kämen in Salzburg einige Prominente und Politiker
zusammen, „aber das ist ja
kein internationales Flair, denn die sind sowieso da“. Schneider
fehlt der Glamourfaktor einer Caroline von Monaco und ihresgleichen. Früher habe der mittlerweile verstorbene deutschschweizerische Industriellenerbe, Fotograf und Kunstsammler Gunter Sachs noch für Schlagzeilen gesorgt. „Ich erinnere mich auch an ein Foto, auf dem Eliette
FESTSPIEL
von Karajan bestens gelaunt barfuß durch die Hofstallgasse gelaufen ist – das war noch was“, meint Schneider. Auch bei den Jedermann-Darstellern, „die bestimmt tolle Schauspieler sind“, fehle ihm der Glamour eines Maximilian Schell oder eines Curd
Jürgens. „Davon hat Salzburg aber früher gelebt.“Ob es ein
Trost ist oder nicht: Auch bei anderen Festivals wie den Bayreuther Festspielen ortet Schneider einen Rückzug international bekannter Persönlichkeiten.
Bei den Salzburger Festspielen sieht man das freilich anders – es seien genügend Prominente da, heißt es da nur knapp. Zudem
versteht sich das Festival als qualitativ hochwertiges Kulturevent und nicht als Societytreffen.
Eine große Abwesende ist heuer Opern-Superstar Anna Netrebko. Sie hatte einst in Salzburg ihren internationalen Durchbruch
geschafft. Seither hatten die Festspiele mit ihr stets eine
Künstlerin, die auf und abseits der Bühne die Blicke auf sich zog.
Die Entscheidung für einen Festspielsommer ohne Anna Netrebko ist schon im Vorjahr gefallen – lange vor dem russischen Angriff auf die Ukraine.
Auch von anderen Künstlerinnen und Künstlern ist heuer abseits ihrer Auftritte nicht viel zu sehen. Sicher, beim Spaziergang durch die Stadt kann man dem einen oder anderen zufällig über den Weg laufen. Aber: Das bis vor der Pandemie groß gefeierte Künstlerfest im Gasthaus Krimpelstätter ist eine Veranstaltung geworden, die hinter verschlossenen Türen stattfindet. Früher
waren Fotografen und Journalisten zumindest bis zum Bieranstich gern gesehen. Die dort entstandenen Bilder von fröhlichen
und zu Scherzen aufgelegten Festspielstars gibt es nicht mehr.
Beim Fest zur Festspieleröffnung sind die bei Festspielfans
beliebten Autogrammstunden schon seit Längerem gestrichen. Aber wer weiß: Vielleicht sind Autogramme im Zeitalter der Selfies ohnehin nicht mehr gefragt? Erstmals ganz unter Ausschluss der Öffentlichkeit fand
heuer die ISA-Gala (der Internationalen Salzburg Association) statt.
Einer, der zuverlässig für prominente Gesichter in Salzburg sorgt, etwa mit Fürstin Gloria von Thurn und Taxis, ist Galerist Thaddaeus Ropac.
Der frühere Festspielsponsor Montblanc hatte jedes Jahr Stars
wie die aus der US-Serie „Desperate Housewives“bekannte Schauspielerin Teri Hatcher oder Burlesque-Tänzerin Dita Von Teese nach Salzburg geholt. Ob man das gutheißen will oder nicht: Die Bilder – etwa von Dita
Von Teese im Dirndl – waren nicht nur in Österreich gefragt. Möglich, dass sich die sogenannten Schönen und Reichen angesichts von Inflation, Teuerung
und Krieg in Europa nicht mehr als sorglos Feiernde ins Bild rücken lassen wollen. Vielleicht findet auch ein Generationenwechsel statt: Während es die Prominenten alten Stils langsamer angehen wollen, inszenieren sich neue Promis möglicherweise lieber auf Social Media als in der Hofstallgasse.
Sommer