Architektin vermisst Junge und Studierende
Die Salzburger Altstadt sei eine Sensation, sagt Architektin Heide Mühlfellner. Sensationell ist auch die Aussicht aus ihrer Wohnung im vierten Stock in der Kaigasse. Südseitig genießt die 74-Jährige einen Panoramablick von der Festung über St. Peter und den Dom bis zum Kapuzinerkloster. Beim SN-Besuch erklingt
gerade das Salzburger Glockenspiel – die 35 Glocken sind quasi auf Augenhöhe. Besonders gern lauscht Mühlfellner den Melodien um 7 Uhr früh. Dass unten in der Gasse aus den Lokalen oft laute, wenig melodische Töne zu hören sind, stört Mühlfellner nicht. Ihr Schlafzimmer liegt im hinteren Teil der Wohnung.
Nach dem Tod ihres Vaters ist Mühlfellner vor 15 Jahren zurück in die elterliche Wohnung in dem nach dem Krieg erbauten Haus übersiedelt, in der sie gemeinsam mit ihren
vier Geschwistern aufgewachsen ist. Dadurch hat sie den
Vergleich zu heute. Touristen habe es wenige gegeben, dafür viele Autos, die überall in der
Altstadt parkten. „In meiner Kindheit gab es in der Kaigasse
noch zwei Greißler, einen Metzger, einen Bäcker, ein Möbelund ein Lampengeschäft.“Dennoch ist Mühlfellner mit der Infrastruktur in der Gasse zufrieden. Sie bekomme hier alles, was sie brauche. „Die
Kaigasse ist eine Verweilgasse,
hier herrscht eine ruhigere Atmosphäre als direkt im Zentrum.“
Abends, wenn in den Häusern die Lichter angehen, werde offenbar, dass nur wenige Einheimische auch hier zu Hause seien. Wohnungen würden zunehmend auch auf Airbnb vermietet. Die
Bewohnerschaft in der Kaigasse sei aber eine eingeschworene Gemeinschaft. Es sei schade, dass es im Zentrum nicht mehr Wohnmöglichkeiten für junge Familien
und Studierende gebe und dass es auch keine Bemühungen gebe, aktiv Bewohner in die Altstadt zu
bringen. In ihrer Funktion als
Fahrt mit Treppenlift dauert acht Minuten
Mitglied der Sachverständigenkommission für die Altstadterhaltung (SVK) sieht Mühlfellner viele Altstadthäuser von innen.
Viele Wohnungen stünden leer und böten einen erbärmlichen
Anblick. „Viele schimpfen über die SVK, aber die Altstadt würde
ganz anders ausschauen, wenn es sie nicht gäbe“, betont Mühlfellner. Es gelte, das Juwel zu erhalten. Barrierefrei ist ihre Wohnung nicht. Daher hat Mühlfellner den Treppenlift belassen, den ihr Vater seinerzeit im Stiegenhaus einbauen ließ. Manchmal schickt sie damit ihre Einkäufe in den vierten Stock. „Die Fahrt hinauf dauert acht Minuten.“