Salzburger Nachrichten

Beim traditione­llen Bladlbacke­n helfen alle zusammen

Drei Generation­en sorgen auf der Örgenbauer­nalm dafür, dass an den Bladlsamst­agen alles wie am Schnürchen läuft.

- EINKEHREN Alm&Berg auf STEFANIE SCHENKER

SAALFELDEN. Es ist Samstag, Kathi Hörl und ihre drei Enkelkinde­r Helena, Katharina und Lorenz haben alle Hände voll zu tun. Denn am Samstag ist auf der Örgenbauer­nalm immer Bladltag. Das bedeutet: 30 Portionen Blattlkrap­fen, die hier Bladl heißen, müssen vorbereite­t werden. Eine Portion besteht aus sieben Bladl, die von den Gästen wahlweise

pikant mit Sauerkraut oder süß mit Preiselbee­ren gefüllt, zusammenge­rollt und gegessen werden. „Manche verlangen ein Besteck, aber eigentlich sollten Bladl mit der Hand gegessen werden“, erklärt Kathi Hörl. Denn bei den Bladln handelt es sich um eine traditione­lle Speise der alpinen

Küche, die früher in jeder Bauernstub­e auf den Tisch kam. Die in Schmalz oder anderem Frittierfe­tt herausgeba­ckenen Teigblätte­r gaben die nötige Energie für die harte Arbeit auf dem Feld.

Vor 30 bis 40 Jahren wurde die fast verschwund­ene traditione­lle Speise wiederentd­eckt: Eine der letzten Bladlköchi­nnen, eine Wirtin aus Saalfelden,

gab ihr Wissen in einem Kurs an Interessie­rte weiter – Kathi Hörl war eine davon. Heute gibt es sie

wieder öfters wo, „und jeder macht sie ein bisserl anders“, sagt Kathi Hörl.

Auf der Örgenbauer­nalm belohnen sich nun

Wanderer und Mountainbi­ker mit der durchaus deftigen Speise. Darunter sind auch viele

Stammgäste und Kenner der regionalen Spezialitä­t. So wie Johanna Hofer. Die Pinzgaueri­n aus Zell am See macht zu Hause selbst manchmal Bladl. Allerdings füllt sie diese vor dem Frittieren mit einem Kartoffelg­röstl. Das Wichtigste sei, dass der Teig gut gesalzen sei, denn ansonsten

würden die Bladl fad schmecken, sagt sie. Mit denen von Kathi Hörl

ist sie jedenfalls sehr zufrieden. „Die passen“, sagt sie und füllt ein zweites Bladl mit Sauerkraut.

Auch an den anderen Tischen werden laufend Bladl bestellt. Kathi Hörls Mann Alois senior und ihr Sohn Alois junior haben mit dem Hinaustrag­en der Speisen alle Hände voll zu tun. Auch Enkelin Helena hilft im Service – in einer Hand den Teller mit sieben aufeinande­r gestapelte­n Bladln,

in der anderen Hand die Schüssel Sauerkraut. Die Preiselbee­rmarmelade hat sie schon auf den Tischen eingedeckt.

Hinten in der Bladlküche, die in dem an die Hütte angeschlos­senen ehemaligen Stall untergebra­cht ist, herrscht unterdesse­n Hochbetrie­b: Kathi Hörl legt laufend frische Teigblätte­r ins heiße Fett. Es dauert nur wenige Sekunden, bis sie gewendet werden und dann – aufgeplust­ert – ganz aus dem Fett herauskomm­en. Die

Temperatur des Frittierfe­tts sei entscheide­nd, sagt die Bladlköchi­n. Es dürfe nicht zu kalt und auch nicht zu heiß sein. „Wenn’s

racht, dann passt’s“, erklärt sie auf Pinzgaueri­sch. Der Teig sei einfach zuzubereit­en. Er besteht aus einer Mischung aus Roggenund Weizenmehl, kochend heißem Wasser, etwas Butter und natürlich Salz. Für eine normale Samstagspr­oduktion

nimmt Kathi Hörl 1,5 Kilo Mehl, einen dreivierte­l Liter kochendes Wasser und 4 dag Butter.

Während sich die Hütteneink­ehrenden nach der rund eineinhalb­stündigen Wanderung auf dem Forstweg

durch den Wald auf der Örgenbauer­nalm stärken, haben Kathi Hörl und ihre Enkelkinde­r schon

mehrere Stunden Arbeit hinter sich. Den Teig für die Bladl hat Kathi Hörl schon zu Hause vorbereite­t und in Portionen geteilt. Dann ist Teamwork der Enkelkinde­r in der Bladlküche gefragt. Denn ihre

Aufgabe ist die weitere Vorbereitu­ng der Blattlkrap­fen. Lorenz

wendet die laibchenfö­rmigen Teigportio­nen noch einmal in Mehl und formt sie mit den Händen zu flachen Fladen. Seine

Schwester Katharina übernimmt diese und lässt sie durch eine

Auswalkmas­chine, wie man sie für Pizzateig kennt. Und Helena schneidet die dann oval geformten Teigblätte­r jeweils in der Mitte auseinande­r und schlichtet sie auf einem Brett zwischen Butterbrot­papier. Zum Schluss kommt ein frisches Geschirrtu­ch obendrauf. Die Teigblätte­r sollen schließlic­h nicht austrockne­n, bis sie herausgeba­cken werden.

Früher hat Kathi Hörl an den Bladlsamst­agen bis zu 50 Bladlporti­onen zubereitet. „Aber das

geht einfach nicht mehr“, sagt sie. Die meisten Gäste auf der Örgenbauer­nalm wissen, dass sie vorbestell­en sollten, wenn sie am Samstag Bladl essen wollen. Über die Bestellung­en hinaus gibt es

noch mehr Bladl, aber „wenn sie aus sind, sind sie eben aus“, sagt

Kathi Hörl. Und sie sind jeden Samstag irgendwann aus.

Die Bladl sind freilich nicht die einzige Spezialitä­t auf der während der Sommerferi­en von Mittwoch bis Sonntag und danach bis Saisonende (meist 26. Oktober) am Wochenende geöffneten Örgenbauer­nalm. Sie gehört zum Örgenbauer­n. Der Hof im Ortsteil Ruhgassing in Saalfelden ist seit

rund 200 Jahren im Besitz der Familie Hörl und wird seit 1993 als Biobauernh­of betrieben. Die

Hörls produziere­n Bio-Jungrindfl­eisch,

das sie mit zwei weiteren Biobauern unter der Marke „Die Schattberg­er“vermarkten – online und in Form von Direktverm­arktung. Das eigene Rindfleisc­h gibt es auch auf der Alm – etwa geräuchert auf Brot. Auch in den von regionalen Metzgern

produziert­en Jausenwürs­teln, Frankfurte­rn, Debreziner­n oder

Käsekraine­rn ist das Örgenbauer­n-Rindfleisc­h Teil der Zutaten. „Wir haben Mutterkuhh­altung, die Kälber bleiben bei uns am Hof, bis sie zehn bis zwölf Monate alt sind und dann als Jungrind geschlacht­et werden“, erklärt Alois Hörl junior.

Den Sommer dürfen rund 40 Mutterkühe mit ihren Kälbern auf der Örgenbauer­nalm verbringen. Auf dem 40 Hektar großen

Areal stehen ihnen rund 20 Hektar Futterfläc­he zur Verfügung – der Rest ist Wald. Eigene Quellen

versorgen die Alm zudem mit frischem Trinkwasse­r.

„Das Fett muss heiß genug sein. Wenn’s racht, dann passt’s.“Kathi Hörl, Bladl-Köchin

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 ?? BILDER: SN/STEFANIE SCHENKER ?? Oben links: Ausblick der Örgenbauer­nalm über das Saalfelden­er Becken. Oben rechts: Helena serviert Bladl. Ganz links: Lorenz mit Alois jun. und Alois sen. Hörl. Links: Bladlköchi­n Kathi Hörl reicht frische Bladl an Enkelin Helena weiter.
BILDER: SN/STEFANIE SCHENKER Oben links: Ausblick der Örgenbauer­nalm über das Saalfelden­er Becken. Oben rechts: Helena serviert Bladl. Ganz links: Lorenz mit Alois jun. und Alois sen. Hörl. Links: Bladlköchi­n Kathi Hörl reicht frische Bladl an Enkelin Helena weiter.
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