Beim traditionellen Bladlbacken helfen alle zusammen
Drei Generationen sorgen auf der Örgenbauernalm dafür, dass an den Bladlsamstagen alles wie am Schnürchen läuft.
SAALFELDEN. Es ist Samstag, Kathi Hörl und ihre drei Enkelkinder Helena, Katharina und Lorenz haben alle Hände voll zu tun. Denn am Samstag ist auf der Örgenbauernalm immer Bladltag. Das bedeutet: 30 Portionen Blattlkrapfen, die hier Bladl heißen, müssen vorbereitet werden. Eine Portion besteht aus sieben Bladl, die von den Gästen wahlweise
pikant mit Sauerkraut oder süß mit Preiselbeeren gefüllt, zusammengerollt und gegessen werden. „Manche verlangen ein Besteck, aber eigentlich sollten Bladl mit der Hand gegessen werden“, erklärt Kathi Hörl. Denn bei den Bladln handelt es sich um eine traditionelle Speise der alpinen
Küche, die früher in jeder Bauernstube auf den Tisch kam. Die in Schmalz oder anderem Frittierfett herausgebackenen Teigblätter gaben die nötige Energie für die harte Arbeit auf dem Feld.
Vor 30 bis 40 Jahren wurde die fast verschwundene traditionelle Speise wiederentdeckt: Eine der letzten Bladlköchinnen, eine Wirtin aus Saalfelden,
gab ihr Wissen in einem Kurs an Interessierte weiter – Kathi Hörl war eine davon. Heute gibt es sie
wieder öfters wo, „und jeder macht sie ein bisserl anders“, sagt Kathi Hörl.
Auf der Örgenbauernalm belohnen sich nun
Wanderer und Mountainbiker mit der durchaus deftigen Speise. Darunter sind auch viele
Stammgäste und Kenner der regionalen Spezialität. So wie Johanna Hofer. Die Pinzgauerin aus Zell am See macht zu Hause selbst manchmal Bladl. Allerdings füllt sie diese vor dem Frittieren mit einem Kartoffelgröstl. Das Wichtigste sei, dass der Teig gut gesalzen sei, denn ansonsten
würden die Bladl fad schmecken, sagt sie. Mit denen von Kathi Hörl
ist sie jedenfalls sehr zufrieden. „Die passen“, sagt sie und füllt ein zweites Bladl mit Sauerkraut.
Auch an den anderen Tischen werden laufend Bladl bestellt. Kathi Hörls Mann Alois senior und ihr Sohn Alois junior haben mit dem Hinaustragen der Speisen alle Hände voll zu tun. Auch Enkelin Helena hilft im Service – in einer Hand den Teller mit sieben aufeinander gestapelten Bladln,
in der anderen Hand die Schüssel Sauerkraut. Die Preiselbeermarmelade hat sie schon auf den Tischen eingedeckt.
Hinten in der Bladlküche, die in dem an die Hütte angeschlossenen ehemaligen Stall untergebracht ist, herrscht unterdessen Hochbetrieb: Kathi Hörl legt laufend frische Teigblätter ins heiße Fett. Es dauert nur wenige Sekunden, bis sie gewendet werden und dann – aufgeplustert – ganz aus dem Fett herauskommen. Die
Temperatur des Frittierfetts sei entscheidend, sagt die Bladlköchin. Es dürfe nicht zu kalt und auch nicht zu heiß sein. „Wenn’s
racht, dann passt’s“, erklärt sie auf Pinzgauerisch. Der Teig sei einfach zuzubereiten. Er besteht aus einer Mischung aus Roggenund Weizenmehl, kochend heißem Wasser, etwas Butter und natürlich Salz. Für eine normale Samstagsproduktion
nimmt Kathi Hörl 1,5 Kilo Mehl, einen dreiviertel Liter kochendes Wasser und 4 dag Butter.
Während sich die Hütteneinkehrenden nach der rund eineinhalbstündigen Wanderung auf dem Forstweg
durch den Wald auf der Örgenbauernalm stärken, haben Kathi Hörl und ihre Enkelkinder schon
mehrere Stunden Arbeit hinter sich. Den Teig für die Bladl hat Kathi Hörl schon zu Hause vorbereitet und in Portionen geteilt. Dann ist Teamwork der Enkelkinder in der Bladlküche gefragt. Denn ihre
Aufgabe ist die weitere Vorbereitung der Blattlkrapfen. Lorenz
wendet die laibchenförmigen Teigportionen noch einmal in Mehl und formt sie mit den Händen zu flachen Fladen. Seine
Schwester Katharina übernimmt diese und lässt sie durch eine
Auswalkmaschine, wie man sie für Pizzateig kennt. Und Helena schneidet die dann oval geformten Teigblätter jeweils in der Mitte auseinander und schlichtet sie auf einem Brett zwischen Butterbrotpapier. Zum Schluss kommt ein frisches Geschirrtuch obendrauf. Die Teigblätter sollen schließlich nicht austrocknen, bis sie herausgebacken werden.
Früher hat Kathi Hörl an den Bladlsamstagen bis zu 50 Bladlportionen zubereitet. „Aber das
geht einfach nicht mehr“, sagt sie. Die meisten Gäste auf der Örgenbauernalm wissen, dass sie vorbestellen sollten, wenn sie am Samstag Bladl essen wollen. Über die Bestellungen hinaus gibt es
noch mehr Bladl, aber „wenn sie aus sind, sind sie eben aus“, sagt
Kathi Hörl. Und sie sind jeden Samstag irgendwann aus.
Die Bladl sind freilich nicht die einzige Spezialität auf der während der Sommerferien von Mittwoch bis Sonntag und danach bis Saisonende (meist 26. Oktober) am Wochenende geöffneten Örgenbauernalm. Sie gehört zum Örgenbauern. Der Hof im Ortsteil Ruhgassing in Saalfelden ist seit
rund 200 Jahren im Besitz der Familie Hörl und wird seit 1993 als Biobauernhof betrieben. Die
Hörls produzieren Bio-Jungrindfleisch,
das sie mit zwei weiteren Biobauern unter der Marke „Die Schattberger“vermarkten – online und in Form von Direktvermarktung. Das eigene Rindfleisch gibt es auch auf der Alm – etwa geräuchert auf Brot. Auch in den von regionalen Metzgern
produzierten Jausenwürsteln, Frankfurtern, Debrezinern oder
Käsekrainern ist das Örgenbauern-Rindfleisch Teil der Zutaten. „Wir haben Mutterkuhhaltung, die Kälber bleiben bei uns am Hof, bis sie zehn bis zwölf Monate alt sind und dann als Jungrind geschlachtet werden“, erklärt Alois Hörl junior.
Den Sommer dürfen rund 40 Mutterkühe mit ihren Kälbern auf der Örgenbauernalm verbringen. Auf dem 40 Hektar großen
Areal stehen ihnen rund 20 Hektar Futterfläche zur Verfügung – der Rest ist Wald. Eigene Quellen
versorgen die Alm zudem mit frischem Trinkwasser.
„Das Fett muss heiß genug sein. Wenn’s racht, dann passt’s.“Kathi Hörl, Bladl-Köchin