Sinkende Rohstoffpreise läuten wirtschaftliche Abkühlung ein
WIEN. An den Rohstoffmärkten herrscht große Verunsicherung. In den vergangenen Wochen haben die
– zuletzt meist rekordhohen – Preise von etlichen Agrarprodukten und Industriemetallen stark nachgegeben. Der Ölpreis lag vergangenen Freitag unter dem Niveau vor Kriegsbeginn in der Ukraine Ende Februar. Ein Barrel (159 Liter) der für Europa
wichtigen Nordseesorte Brent kostete knapp 95 Dollar.
Ökonomen und Analysten führen die Trendwende bei Kupfer, Zinn,
Zink, Nickel oder Aluminium auf Rezessionsängste zurück, die der
Überfall Russlands auf die Ukraine, aber auch die jüngsten Zinserhöhungen ausgelöst haben. Sowohl in den USA als auch in Europa und vor allem Deutschland werde eine Abschwächung der Konjunktur erwartet, sagt Josef Baumgartner, Ökonom am Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). Mit der schwächeren industriellen Produktion kühle sich auch der Bedarf an Rohstoffen ab. Das
Wifo erwartet in Österreich für 2023 nur noch ein moderates Wachstum von 1,6 Prozent.
Doch so eindeutig sei der Trend nicht, sagen Analysten. Nach wie
vor ist Energie, insbesondere Erdgas und Kohle, so teuer wie nie, weil Versorgungsengpässe befürchtet werden und Moskau mit Lieferdrosselungen die Preise anheizt. Bessere
Wirtschaftsdaten aus China sorgten etwa am Montag für eine leichte Korrektur bei den Rohölpreisen.
Auch die Sanktionen gegen Moskau wirken auf den Weltmarkt.
Russland zählt zu den größten Anbietern bei Gas, Erdöl, Kohle, Gold, Palladium und Nickel.
Bis sinkende Rohstoffkosten auf die Verbraucherpreise durchschlagen, wird es nach Ansicht des WifoÖkonomen noch dauern. Denn die Unternehmen haben Vorprodukte und Energie oft extrem teuer eingekauft und eingelagert, um auf Nummer sicher zu gehen. Erste Experten sehen den Höhepunkt der Inflation
in Deutschland aber bald überschritten.