Salzburger Nachrichten

Meinl-Reisinger: „Wollen Verantwort­ung übernehmen“

Die Neos-Parteichef­in eröffnete die ORF-„Sommergesp­räche“: Wofür Beate Meinl-Reisinger politisch steht, was sie von Herbert Kickl hält und wofür sie gerne Geld ausgibt.

- ANDREAS KOLLER

WIEN. Die Neos wollen nicht nur auf Kritik und Kontrolle beschränkt sein, sondern: „Wir haben auch

konkrete Perspektiv­en für dieses Land“. Anders gesagt: „Wir sind bereit, Verantwort­ung zu übernehmen.“

Soweit Neos-Chefin Beate MeinlReisi­nger, die Montagaben­d als Vorsitzend­e der kleinsten Parlaments­fraktion die traditione­llen ORF„Sommergesp­räche“eröffnete. Ein Blick bloß auf die eher bescheiden­en Zahlen (8,1 Prozent und 15 Mandate bei der letzten Nationalra­tswahl) wird der künftigen Bedeutung der Neos möglicherw­eise nicht gerecht. Denn in der SPÖ, die in allen Umfragen führt und die sich Hoffnung macht, nach der nächsten Wahl die Kanzlersch­aft zu übernehmen, gibt es starke Bestrebung­en, dies in einer sogenannte­n Ampelkoali­tion zu tun. Also in einer Regierung, die aus SPÖ, Grünen und Neos besteht. Wobei Meinl-Reisinger in ihrem TV-Interview auch eine Zusammenar­beit mit der ÖVP nicht ausschloss.

Was könnten die Neos inhaltlich zu einer solchen Koalition beitragen? Aktuell

gehe es darum, sozial schwache Haushalte mit Bargeld zu

unterstütz­en, die kalte Progressio­n (die von der Regierung nur teilweise beseitigt wird) komplett abzuschaff­en, den Menschen mehr

von ihrem Lohn zu lassen, die Lohnnebenk­osten zu senken. Der Strompreis sollte auf europäisch­er Ebene vom explodiere­nden Gaspreis entkoppelt werden. Mit Vehemenz verteidigt­e die Parteichef­in die Sanktionen gegen den russischen Kriegsherr­n Putin, der alles an Werten und Errungensc­haften

beseitigen wolle, was den Europäern wichtig sei. Meinl-Reisinger sprach sich für die Teilnahme österreich­ischer Berufssold­aten an EUBattlegr­oups beziehungs­weise einem starken europäisch­en Heer aus. Im übrigen gelobte die NeosChefin Sauberkeit und

Transparen­z: „Wir legen seit unserem Bestehen alle unsere Einnahmen offen. Sie finden bei uns keine Skandale.“

Und wie legte der ORF seine viel beworbenen „Sommergesp­räche“an? Mit – verglichen mit früheren Jahren – erfreulich wenig Schnicksch­nack,

wenngleich

Beate Meinl-Reisinger, NEOS

Sommergesp­räche NACHTBETRA­CHTUNG

die Moderatore­n nicht auf die banale Frage verzichten konnten, ob Meinl-Reisinger nicht etwa wie der Bundeskanz­ler auf ihren Urlaub

verzichten wolle. Und der Wind fuhr manchmal heftig ins Gespräch

hinein, da die ORF-Marketings­trategen den Seherinnen und Sehern unbedingt die Terrasse des neuen Newsrooms vorführen wollten, weshalb die Diskutante­n im Freien platziert worden waren. Auch halblustig­e wordrap-artige Fragen durften nicht fehlen, etwa: Wofür geben Sie leichten Herzens viel Geld aus? („Bücher“) oder: Was kann Herbert Kickl gut? („Das Maul aufreißen“).

Die derzeitige Themenlage von der Teuerung bis zur Sorge über die Energiever­sorgung mag eher der SPÖ in die Hände spielen und weniger den Neos. Diese versuchen dennoch nach Kräften, ihre Schwerpunk­te auf die Agenda zu heben: Allfällige staatliche Mehreinnah­men nicht mit der Gießkanne zu verteilen, sondern für strukturel­le Reformen zu nützen. Kinderbetr­euung ab dem ersten Geburtstag sicherzust­ellen. Maßnahmen zur Kaufkrafts­tärkung umzusetzen. Und das Land mit der „besten Bildung für

unsere Kinder“zukunftsfi­t zu machen.

Als Partei feierten die Neos kürzlich ihren zehnten Geburtstag. Im Parlament sind sie seit neun Jahren

vertreten, also mit Abstand länger als andere Partei-Neugründun­gen

seit der Geburt der Grünen.

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