Ein Triumph für Biden – und das Klima
Der US-Senat verabschiedet Bidens milliardenschweres Klima- und Sozialpaket. Doch es wurde teuer erkauft.
Selbst im Endspurt sorgten die Republikaner im Senat
mit diversen Änderungsanträgen für 16 Stunden Verzögerung – um dann am Sonntagabend geschlossen gegen das Klima- und Sozialpaket von US-Präsident Joe Biden zu stimmen. Doch obwohl sämtliche
Republikaner dagegen waren, passierte das Gesetzespaket den Senat.
Lange stand der sogenannte Inflation Reduction Act auf der Kippe. Die beiden demokratischen Senatoren Joe Manchin und Kyrsten Sinema sperrten sich dagegen. Ihre Zustimmung
wurde teuer erkauft. Die entscheidende Stimme kam von Kamala Harris. Da es im Senat zu einem Patt kam, konnte die US-Vizepräsidentin ihre „Tiebreak-Stimme“einsetzen. Sie sorgte dafür, dass das Votum im Senat auf 51 zu 50 gekippt wurde. Und damit eines der Kernvorhaben Bidens in die Wege geleitet.
Am Freitag soll noch das Repräsentantenhaus über das Gesetz abstimmen. Falls es wie erwartet zustimmt, kann US-Präsident Joe Biden das milliardenschwere Klimaund Sozialpaket noch vor Monatsende unterschreiben. Bereits am Sonntag hatte Biden das Gesetz als „historisch“gefeiert.
„Es wird Amerika für Jahrzehnte verändern“, sagte auch der sichtlich erleichterte demokratische Senatsvorsitzende Chuck Schumer am Sonntagabend in die Fernsehkameras, „und es wird einen Unterschied für meine Enkel machen.“Der New
Yorker Senator Schumer hatte bis zuletzt den Gesprächskanal zu den
beiden Demokraten vom rechten Rand, Joe Manchin aus West Virginia und Kyrsten Sinema aus Arizona, offen gehalten.
Manchin, der das Gesetz noch vor Wochen kippen wollte, bekam für sein „Ja“unter anderem eine ÖlPipeline für seinen Bundesstaat
West Virginia sowie die Aussicht auf weitere Öl- und Gasförderlizenzen im Golf von Mexiko und vor der Küste Alaskas. Sinema, die als Allerletzte auf die Linie ihrer Partei umschwenkte, bekam für ihr „Ja“unter anderem den Verzicht auf eine Anhebung der Spekulationssteuer für Hedgefonds-Manager auf 36 Prozent.
Selbst der linke Senator aus Vermont und ehemalige Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders stimmte dem Gesetz zu. Noch vor
wenigen Tagen hatte er versucht, einige der ursprünglich im Gesetz
vorgesehenen sozialen Reformen zu retten – darunter Kindergeld,
Beihilfen zur zahn- und augenmedizinischen Versorgung von Armen oder die Streichung von Studienschulden.
Nachdem der „Green New Deal“, den Linke in den USA vorgeschlagen haben, gescheitert ist, sieht der Inflation Reduction Act Reformen
für das nächste Jahrzehnt vor.
„Es wird Amerika für Jahrzehnte verändern.“Chuck Schumer , Mehrheitsführer der Demokraten
Das Gesetz hat einen Gesamtwert von knapp 500 Milliarden Dollar. Davon sollen allein mehr als 370 Milliarden in das Klima investiert
werden. Dies seien die umfangreichsten Staatsmittel in der US-Geschichte im Kampf gegen den Klimawandel, schrieb die „Washington Post“. Das Vorhaben soll in den
Vereinigten Staaten eine deutliche Senkung der Treibhausgasemissionen bis zum Ende des Jahrzehnts ermöglichen.
Trotz der Größenordnung des Gesetzes sollen dem Staat keine zusätzlichen Kosten entstehen. Die Finanzierung kommt komplett aus einer Anhebung der Steuern für
Superreiche.
Großkonzerne in den USA, von denen viele bislang überhaupt keine Unternehmensteuern zahlen, müssen künftig eine Mindeststeuer
von 15 Prozent entrichten. Mit diesen Steueranhebungen werden in den nächsten zehn Jahren Einnahmen in Höhe von rund 740 Milliarden Dollar erwartet.
Viele linke Demokraten, die ein weitreichenderes Gesetz, den „Green New Deal“, wollten, reagierten mit gedämpftem Optimismus. Eine Sprecherin der Klimaorganisation Sunrise Movement sagte am Sonntagabend: „Dieses Gesetz ist
nicht, was unsere Generation verdient. Aber es ist alles, was wir bekommen können.“