Machtverschiebung im Volkswagen-Konzern
Mit dem Börsegang von Porsche wollen die Familien Porsche und Piëch Einfluss zurückgewinnen.
STUTTGART. Die VW-Dachgesellschaft Porsche Automobil Holding
SE (PSE) hat im ersten Halbjahr dank höherer Gewinne bei VW ebenfalls mehr verdient. Nach Steuern stand ein Ergebnis von 3,24 Mrd. Euro zu Buche, teilte der DAXKonzern am Montag in Stuttgart
mit. Das sind rund 31 Prozent mehr als im Vorjahr. Für heuer erwartet
Porsche SE unverändert 4,1 bis 6,1 Mrd. Euro Gewinn nach Steuern.
Maßgebliches Geschäft der Stuttgarter Holding, in der die VW-Eigentümerfamilien Porsche und Piëch ihre Anteile gebündelt haben, ist das Abschneiden von Volkswagen. An VW hält die Porsche SE 53,3 Prozent der Stimmrechte und 31,9 Prozent des Kapitals. Über diese
Anteile verbuchten die Stuttgarter in den ersten sechs Monaten ein Ergebnis von 3,10 Mrd. Euro, nach 2,51 Mrd. Euro vor einem Jahr. VW hatte
für die ersten sechs Monate zuletzt einen Anstieg des auf die Aktionäre entfallenden Gewinns um 27 Prozent auf 10,3 Mrd. Euro berichtet.
Die Familien wollen über einen geplanten Börsegang der Porsche AG, die bisher voll unter dem Wolfsburger Konzerndach steht, wieder direkten Einfluss auf den Sportwagenbauer bekommen. 25 Prozent
plus eine Aktie der Stammaktien sollen an die Porsche SE gehen. Bis zu 25 Prozent Vorzugsaktien sollen bei Investoren platziert werden.
Zuletzt gab es allerdings Kritik an der Unternehmensführung, nachdem Porsche-AG-Chef Oliver Blume ab September auch Vorstandschef
des VW-Konzerns werden soll. Dass sich Investoren an der Doppelrolle Blumes stoßen, lässt die Großaktionäre kalt. Sie sehen dadurch auch nicht den Erfolg des geplanten Börsegangs der Porsche AG gefährdet.
Blume soll vielmehr dafür sorgen, dass der Börsegang trotz einiger Bedenken umgesetzt wird. Denn dieser ist das Herzensprojekt des Porsche-Piëch-Clans. Mit dem Gang an die Börse soll der Wert der Renditeperle im VW-Konzern auf dem Kapitalmarkt besser zur Geltung kommen. Abschließend entschieden ist das Vorhaben noch nicht, bisher ist eine Notierung im vierten Quartal 2022 angedacht.
Die vor zwei Wochen verkündete Ablöse von VW-Konzernchef Herbert Diess und der Wechsel zu Oliver
Blume bringt die Machtverhältnisse bei Volkswagen in Bewegung: Laut einem Bericht von Reuters soll damit die Rolle der Eigentümerfamilien gestärkt werden. „Sie wollen die Umsetzung der strategischen
Vorgaben stärker im Blick haben“, sagte eine Person mit Kenntnis der
Vorgänge der Nachrichtenagentur. Blume war der Wunschkandidat der Familien, er soll wieder mehr
Augenmerk auf das operative Geschäft legen als sein Vorgänger.
„Die Struktur des Börsegangs erfüllt vor allem das Interesse der Familien, ihre Kontrolle über Porsche
weiter zu zementieren. Von diesem Plan werden sie sich nicht abbringen lassen“, sagte Hendrik Schmidt
von der Fondsgesellschaft DWS, die
bei VW und der Porsche Holding investiert ist. „Die Familien mischen tatkräftig mit – etwas, das ihnen
lange abgesprochen wurde“, konstatierte eine weitere Person im Unternehmensumfeld. Das sei bei der Neubesetzung der Konzernspitze deutlich geworden. Die Familien, die lange schützend die Hand über Diess hielten, hätten erkannt, dass man ihn zu lange habe gewähren
lassen, auch das an Volkswagen beteiligte Land Niedersachsen rückte
von Diess ab. Zuletzt überwogen auch bei den Eigentümerfamilien
die Zweifel, dass Diess der Richtige sei, um die geplanten Veränderungen im Konzern umzusetzen. Am 22. Juli traf der Aufsichtsrat den Beschluss, Diess abzulösen.