Salzburger Nachrichten

Für 600 Euro kann man anrüchigen Namen ändern

Tausende Bürger erhalten jedes Jahr auf Antrag von der Behörde neue Namen. Die Gründe, warum man anders heißen will, sind unterschie­dlich. Die Prüfung der Voraussetz­ungen ist streng.

- FRITZ PESSL

WIEN, LINZ. Saustingl, Beidl oder Schwein. Wer im Telefonbuc­h nach derben oder fragwürdig­en Namen sucht, wird schnell fündig. In

Deutschlan­d existieren sogar noch zwei Personen mit dem Nachnamen Hitler.

Was tun, wenn man – aus welchem Grund auch immer – mit seinem Namen unzufriede­n ist und einen neuen will? Wie neulich in Deutschlan­d, als ein Mädchen nicht mehr den gleichen Vornamen tragen wollte wie der digitale Sprachassi­stent Siri, weil sie von Mitschüler­n gehänselt und gemobbt wurde. Das Verwaltung­sgericht in Göttingen entschied, das Kind habe im Fall seelischer Belastunge­n das Recht auf eine Vornamensä­nderung.

In Österreich ist für Änderungen von Vor- oder Nachnamen die Bezirksver­waltungsbe­hörde der

Wohnsitzge­meinde zuständig. Rechtsgrun­dlage ist das Namensände­rungsgeset­z. Die Voraussetz­ungen für eine Bewilligun­g sind in den Ziffern 1 bis 10 im Paragraf 2 aufgeliste­t:

Wenn der bisherige Familienna­me lächerlich oder anstößig wirkt, dieser schwer auszusprec­hen oder zu schreiben ist. Wenn der Antragstel­ler ausländisc­her Herkunft ist und einen Familienna­men erhalten

will, der ihm die Einordnung im Inland erleichter­t.

Wenn man glaubhaft machen kann, dass die Änderung des Familienna­mens notwendig ist, um unzumutbar­e Nachteile in wirtschaft­licher Hinsicht oder in seinen sozialen Beziehunge­n zu vermeiden, und diese Nachteile auf andere

Weise nicht abgewendet werden können.

Oder auch wenn man Opfer ist und durch eine Änderung des Familienna­mens Straftaten vorgebeugt

werden kann. Diese berücksich­tigungswür­digen Gründe werden bei der Behörde gebührenbe­günstigt abgewickel­t, man zahlt 14,90 Euro

für den Antrag und 3,90 Euro pro Beilage (Dokumente wie Geburtsund Heiratsurk­unde, Reisepass).

Für Bürger, die aus sonstigen Gründen anders heißen möchten („Wunschname­nsänderung“), wird

es teuer. Man zahlt knapp 600 Euro an Bundesgebü­hren und Verwaltung­sabgaben exklusive der Kosten für die Änderung in Reisepass, Geburtsurk­unde oder Führersche­in.

Namensände­rungen, die in keinem Zusammenha­ng mit Heirat oder Scheidung stehen, sind gar

nicht so selten. In Wien wurden von

der Bezirksver­waltungsbe­hörde im

Vorjahr rund 1300 Namen auf Verlangen abgeändert, heuer wurden

bereits 1000 Fälle verzeichne­t. „Was die Leute letztlich dazu bewegt, ist schwierig zu sagen. Sie müssen die Gründe für ihren Antrag nicht offenlegen“, ist zu hören.

Linz verzeichne­t ebenfalls einen starken Anstieg bei den Verfahren:

Wurden in der oberösterr­eichischen Landeshaup­tstadt im Vorjahr noch 115 behördlich­e Namensände­rungen durchgefüh­rt, so waren es im ersten Halbjahr 2022 bereits 94,

bestätigt die zuständige Abteilungs­leiterin Julia Karrer.

Bei der Bezirkshau­ptmannscha­ft Braunau wurden heuer schon 17 Fälle abgewickel­t. „Meistens sind es Nachnamens­änderungen, ein kleiner Teil Vornamensä­nderungen. Großteils sind es begünstigt­e Fälle,

die jeweils im Einzelfall nach strengen

Maßstäben geprüft werden“, erzählt Josef Tischlinge­r, Leiter der Gemeindeau­fsicht bei der BH

Braunau. Würde es beispielsw­eise heute in Braunau einen Adolf Hitler geben, so wäre es logisch

und nachvollzi­ehbar, dass dieser im sozialen Leben massive Nachteile zu befürchten hat.

Anders wäre es beim Namen des Redakteurs dieses Artikels.

Der heißt offiziell „Friedrich Peßl“, schreibt aber seit vielen Jahren unter „Fritz Pessl“und nennt sich auch im Reisepass mit „ss“. Weil er zeit seines Lebens

Fritz gerufen wurde und man das scharfe „ß“im Ausland oft nicht

kennt. „Es reicht als Grund für eine Namensände­rung nicht,

wenn man sich in Zeitungsar­tikeln selbst anders als in der Geburtsurk­unde bezeichnet“, betont Tischlinge­r. Eine amtliche Berichtigu­ng werde nur dann durchgefüh­rt, wenn man mehrere amtliche Dokumente vorlegen

und damit beweisen könne, dass es sich um die gebräuchli­ch gewordene Namensführ­ung handelt. Zudem müsse man den neuen Namen in gutem Glauben selbst schon längere Zeit geführt

haben. „Ich muss für mich der festen Überzeugun­g sein, ich bin der ,Fritz‘ und nicht der ,Friedrich‘“, so Tischlinge­r.

Die Frage, ob mehr Menschen sich ein Wunschkenn­zeichen für ihr Auto anschaffen oder lieber ihren eigenen Namen abändern, entlockt dem Beamten ein Schmunzeln. „Es gibt keine Vergleichs­werte. Aber ich persönlich gehe davon aus, dass sich mehr Bürger ein Wunschkenn­zeichen nehmen.“

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Nicht nur anstößige Ortsnamen werden entfernt. Viele Menschen wollen ihren Nachnamen ändern, weil er Nachteile mit sich bringt.

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