Die Gewalt in Zügen und Bahnhöfen steigt
In der Coronapandemie fuhren deutlich weniger Menschen mit Öffis. Sachbeschädigungen und Drogenhandel gingen zurück. Gewalt nicht.
Trotz massiver Einbrüche bei Fahrgastzahlen in öffentlichen Verkehrsmitteln und auf Bahnhöfen sowie Haltestellen
während der Coronapandemie ist die Zahl an angezeigten Gewalttaten gestiegen. Das ging aus einer vom Innenministerium beantworteten parlamentarischen
Anfrage der FPÖ hervor – und gilt sowohl für die Infrastruktur der ÖBB (6000 Züge täglich, 1046 Bahnhöfe) als auch für städtische
Verkehrsbetriebe wie etwa die Wiener Linien.
Auf den ersten Blick scheint die Entwicklung – weniger Fahrgäste, weniger Straftaten – linear zu verlaufen: In den beiden Coronajahren 2020 und 2021 wurden auf Österreichs Bahnhöfen und
in Zügen 14.994 sowie 14.017 Straftaten angezeigt. Im Vergleich zu den Vor-Corona-Jahren ein deutliches Minus. Denn von 2018 (16.004) auf 2019 (18.477) stieg die Kriminalität stark an.
Dieser Trend kehrte sich ab März 2020 um, als in Österreich die ersten Maßnahmen gegen die Pandemie gesetzt worden waren.
Während in den Jahren 2018 und 2019 insgesamt 24.785 Sachbeschädigungen, Diebstähle und Raube angezeigt worden waren,
sank dieser Wert 2020 und 2021 auf 19.506. Ebenso verhält es sich bei Suchtmitteldelikten: In den beiden
Vor-Corona-Jahren gab es auf heimischen Bahnhöfen und in Zügen 3827 Anzeigen. In den beiden Folgejahren waren es nur noch 3454.
Das hat natürlich auch mit der Pandemie zu tun, in der – vor allem in den Lockdowns – wesentlich weniger Menschen mit der Bahn fuhren und sich deshalb auch wesentlich weniger auf Bahnhöfen aufhielten. Die ÖBB zählten 2019 noch 477
Millionen Fahrgäste. 2020 fiel dieser Wert auf 287 Millionen. 2021 trat
nur eine leichte Erholung auf 323 Millionen Fahrgäste ein. Besonders dramatisch war der Rückgang im
April 2020, als Österreich im ersten Lockdown praktisch stillstand: 82 Prozent weniger Fahrgäste für die Bundesbahnen. Ähnlich verhielt es sich bei den Wiener Linien: 2020
nutzten 574 Millionen Passagiere die Öffis, 2021 insgesamt 596 Millionen – immer noch ein Minus von 38 Prozent im Vergleich zu 2019.
Dennoch nahm in dieser von Abschottung und Stillstand geprägten Zeit die Gewalt auf Bahnhöfen und
in Zügen zu. Nötigung und Gefährliche Drohung stiegen von 1000 Fällen (2018 und 2019) auf 1087 angezeigte Fälle in den Coronajahren 2020 und 2021. Noch drastischer ist der Anstieg beim Delikt Körperverletzung: von 3354 Fällen auf 3564. Nur leicht gesunken – von 564 auf 487 – sind Fälle von sexueller Belästigung bis hin zu Vergewaltigung.
„Wir mussten leider feststellen, dass das aggressive Verhalten einzelner Reisender und Übergriffe auf unser Personal zugenommen
haben. Die Gründe für Übergriffe sind unterschiedlich und wohl
nicht allein mit der Maskenpflicht erklärbar“, bilanziert ÖBB-Sprecher Christoph Gasser-Mair negativ.
Dabei haben sowohl ÖBB als auch Wiener Linien am Sektor Sicherheit aufgestockt. Bei den Bundesbahnen sind 1400 Zugbegleiter sowie Service- und Kontrollteams
in den Zügen und 500 Securitys an den Bahnhöfen im Einsatz. Zudem
gibt es 7000 Kameras an Bahnhöfen sowie 5000 in Fahrzeugen. Seit 2018 sind sämtliche 109 Wiener UBahn-Stationen mit Kameras ausgerüstet, zusätzlich versehen seither 120 Sicherheitsmitarbeiter Dienst in den Stationen und Garnituren.
Und selbst die werden attackiert. 2021 registrierten die Wiener Linien 154 Übergriffe aufs eigene Personal. Ein Drittel davon sei auf Maskenverweigerer zurückzuführen.
Mehr als 1000 sexuelle Übergriffe in vier Jahren