Höhere Masten regen Anrainer im Ennstal auf
Die alte 220-kV-Leitung durch den Ennspongau in die Steiermark soll kräftig „aufgerüstet“werden. Kritiker sehen darin einen Neubau.
SCHLADMING, ST. JOHANN. Der Bau der Salzburgleitung schreitet
voran. 300 der 449 Masten sind fertig, in drei der sechs Baulose läuft der Seilzug, sodass die 380kV-„Stromautobahn“von Elixhausen nach Kaprun und ihr 220kV-Ast St. Johann-Wagrain Mitte 2025 in Betrieb gehen sollen. Gleich anschließend will die APG (Austrian Power Grid) den nächsten Bau starten: die Generalerneuerung der 220er durchs Ennstal nach Weißenbach bei Liezen.
Vor allem auf steirischer Seite sorgt das für Aufregung bei Anrainern. In Schladming hat sich eine Bürgerinitiative gebildet und die Stadt lädt am Dienstagabend (19 Uhr, Congress) zur Bürgerinformation, in der u. a. der Salzburger Erdkabelkämpfer Franz Fuchsberger (Verein Fairkabeln) auf dem Podium sitzen soll.
Das Hauptproblem liegt offenbar darin, dass die Trasse der bereits 1949 in Betrieb genommenen Leitung inzwischen zum Teil mit Siedlungen stark verbaut ist – und weiterhin verbaut wird.
Die APG möchte 2025 bis ’27 die 73 Kilometer lange Leitung
mit etwa 230 Masten um rund 100 Millionen Euro komplett erneuern. Die Masten sollen um bis zu zehn, in Einzelfällen 14 und 18 Meter höher sein als die alten.
Trasse und Spannung (220 kV) blieben gleich, betont die APG. Das Einfachseil werde durch ein Zweierbündel ersetzt, die Übertragungsleistung verdoppelt. Die
Verhandlung nach dem Starkstromwegegesetz fand im Juli in Gröbming statt, die weiteren Verfahren wie Naturschutz und Forst sollen im Herbst folgen.
„Wir fordern eine Erdverkabelung in sensiblen Gebieten“, sagt die Initiativensprecherin Annemarie
Nakel. Betroffene fühlen sich überrumpelt und nicht
rechtzeitig informiert. Sie haben Einsprüche formuliert und meinen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) umgangen worden sei. Es sei sehr wohl ein Neubau, zumal einzelne Masten z. B. aus einem Naturschutzgebiet entfernt werden müssen.
Die Salzburger Umweltanwaltschaft hatte bereits eine UVP eingefordert,
da das Projekt als Neuerrichtung zu sehen sei, ist im
Vorjahr aber beim Bundesverwaltungsgericht abgeblitzt. Jedenfalls sei ein Naturschutzverfahren abzuführen, sagt Umweltanwältin Gishild Schaufler.
Sonst ist es auf Salzburger Seite eher ruhig. Betroffen sind Wagrain, Flachau, Altenmarkt und Radstadt. Seine Gemeinde erhebe keinen Einspruch, sagt etwa
Altenmarkts Bgm. Rupert Winter (ÖVP). „Natürlich haben wir keine Freude. Wir müssen das akzeptieren. Dass wir den Strom
brauchen, ist uns allen klar.“Die Leistung müsse erhöht werden. Eine Verschiebung der Trasse wäre im verbauten Gebiet und wegen der 110-kV-ÖBB-Leitung unmöglich, auch mit Erdkabel.
Die Frage Erdkabel stelle sich bei einer Erneuerung ohnehin nicht, betont APG-Sprecher Christoph Schuh. „In einem neuen Genehmigungsverfahren würden wir fünf bis zehn Jahre verlieren.“Gerade jetzt sei die Versorgungssicherheit vordringlich.