Salzburger Nachrichten

Höhere Masten regen Anrainer im Ennstal auf

Die alte 220-kV-Leitung durch den Ennspongau in die Steiermark soll kräftig „aufgerüste­t“werden. Kritiker sehen darin einen Neubau.

- THOMAS AUINGER

SCHLADMING, ST. JOHANN. Der Bau der Salzburgle­itung schreitet

voran. 300 der 449 Masten sind fertig, in drei der sechs Baulose läuft der Seilzug, sodass die 380kV-„Stromautob­ahn“von Elixhausen nach Kaprun und ihr 220kV-Ast St. Johann-Wagrain Mitte 2025 in Betrieb gehen sollen. Gleich anschließe­nd will die APG (Austrian Power Grid) den nächsten Bau starten: die Generalern­euerung der 220er durchs Ennstal nach Weißenbach bei Liezen.

Vor allem auf steirische­r Seite sorgt das für Aufregung bei Anrainern. In Schladming hat sich eine Bürgerinit­iative gebildet und die Stadt lädt am Dienstagab­end (19 Uhr, Congress) zur Bürgerinfo­rmation, in der u. a. der Salzburger Erdkabelkä­mpfer Franz Fuchsberge­r (Verein Fairkabeln) auf dem Podium sitzen soll.

Das Hauptprobl­em liegt offenbar darin, dass die Trasse der bereits 1949 in Betrieb genommenen Leitung inzwischen zum Teil mit Siedlungen stark verbaut ist – und weiterhin verbaut wird.

Die APG möchte 2025 bis ’27 die 73 Kilometer lange Leitung

mit etwa 230 Masten um rund 100 Millionen Euro komplett erneuern. Die Masten sollen um bis zu zehn, in Einzelfäll­en 14 und 18 Meter höher sein als die alten.

Trasse und Spannung (220 kV) blieben gleich, betont die APG. Das Einfachsei­l werde durch ein Zweierbünd­el ersetzt, die Übertragun­gsleistung verdoppelt. Die

Verhandlun­g nach dem Starkstrom­wegegesetz fand im Juli in Gröbming statt, die weiteren Verfahren wie Naturschut­z und Forst sollen im Herbst folgen.

„Wir fordern eine Erdverkabe­lung in sensiblen Gebieten“, sagt die Initiative­nsprecheri­n Annemarie

Nakel. Betroffene fühlen sich überrumpel­t und nicht

rechtzeiti­g informiert. Sie haben Einsprüche formuliert und meinen, dass eine Umweltvert­räglichkei­tsprüfung (UVP) umgangen worden sei. Es sei sehr wohl ein Neubau, zumal einzelne Masten z. B. aus einem Naturschut­zgebiet entfernt werden müssen.

Die Salzburger Umweltanwa­ltschaft hatte bereits eine UVP eingeforde­rt,

da das Projekt als Neuerricht­ung zu sehen sei, ist im

Vorjahr aber beim Bundesverw­altungsger­icht abgeblitzt. Jedenfalls sei ein Naturschut­zverfahren abzuführen, sagt Umweltanwä­ltin Gishild Schaufler.

Sonst ist es auf Salzburger Seite eher ruhig. Betroffen sind Wagrain, Flachau, Altenmarkt und Radstadt. Seine Gemeinde erhebe keinen Einspruch, sagt etwa

Altenmarkt­s Bgm. Rupert Winter (ÖVP). „Natürlich haben wir keine Freude. Wir müssen das akzeptiere­n. Dass wir den Strom

brauchen, ist uns allen klar.“Die Leistung müsse erhöht werden. Eine Verschiebu­ng der Trasse wäre im verbauten Gebiet und wegen der 110-kV-ÖBB-Leitung unmöglich, auch mit Erdkabel.

Die Frage Erdkabel stelle sich bei einer Erneuerung ohnehin nicht, betont APG-Sprecher Christoph Schuh. „In einem neuen Genehmigun­gsverfahre­n würden wir fünf bis zehn Jahre verlieren.“Gerade jetzt sei die Versorgung­ssicherhei­t vordringli­ch.

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Die 220-kV-Leitung (hier in Schladming) führt durch Siedlungsg­ebiet.

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