Unterschriften sammeln für die Hofburg
Seit Dienstag können Unterstützungserklärungen abgegeben werden. Drei Kandidaten nützten diesen Tag für medienwirksame Auftritte.
Am liebsten würde er mit Alexander Van der Bellen auf ein Bier gehen, müsste er unter jenen wählen, die (wieder) in die Hofburg wollen. Und fast hätte Dominik Wlazny am Dienstag auch die Gelegenheit
dazu gehabt. Da warb der besser als Marco Pogo bekannte Chef der Bierpartei just am selben Eck wie der amtierende Bundespräsident im politisch grünsten Wiener Bezirk – in Mariahilf – um Unterstützung für seine Hofburgkandidatur. Nur eben ein paar Stunden früher.
Den blauen Präsidentschaftskandidaten Walter Rosenkranz hingegen zog es unmittelbar nach seiner Pressekonferenz zum Start des Sammelns von Unterstützungserklärungen hinaus aus Wien ins Ländliche. Zu den aktuellen Turbulenzen in seiner Partei wollte er schon gar nichts sagen: Er werde sich „jetzt im Bundespräsidentschaftswahlkampf nicht in innerparteiliche Dinge einmischen“, erklärte er. Das übernahm Generalsekretär Michael Schnedlitz. Zerwürfnisse bei den Blauen gebe es „nur in den Medien“. Eine „konstruierte“Kampagne sei das. „Das System“werde nervös, weil sich die FPÖ „massiv im Aufwind“befinde.
Diesem „System“müsse „der Stecker gezogen werden“, Rosenkranz sei dafür der richtige Mann. Er stehe
für einen Richtungswechsel, sei „Schutzschild und Schutzpatron“der österreichischen Bevölkerung –
Van der Bellen dagegen „Schutzpatron einer Chaosregierung“.
Ein bisserl Chaos herrschte ein paar Stunden später tatsächlich, als
Van der Bellen seinen betont volksnahen Auftritt hatte. Gemeinsam
mit seiner Frau schlenderte er die Mariahilfer Straße herauf und war sofort von Fans und Kameraleuten so eng umringt, dass es kaum noch ein Weiterkommen gab. Rede hielt er keine, dafür nahm er sich Zeit, um mit Groß und Klein zu plaudern und sich auf Selfies sonder Zahl
verewigen zu lassen – ehe er ums Eck Richtung Magistratisches Bezirksamt bog, um sich selbst eine
Unterstützungserklärung auszustellen und beglaubigen zu lassen. Eine italienische Familie beobachtete das Treiben interessiert. Was da los sei? Wer das sei? Der Präsident, der demnächst wiedergewählt
werden will. Nein, nicht der Premier, der Staatspräsident. „Ah“, sagte der Vater zu seiner Frau, „wie
unser armer Mattarella.“
Am selben Ort, nur früher, drückte ein älterer Herr Dominik Wlazny seine Unterstützungserklärung mit den Worten in die Hand: „Darf ich Ihnen das persönlich überreichen?“
Durfte er und wurde höflich bedankt. „Wer ist das?“, fragte ein Passant einen anderen. „Der Chef der Bierpartei – ein cooler Typ.“Der Punkrocker Marco Pogo, der unter seinem bürgerlichen Namen Dominik Wlazny und samt Doktortitel (der Medizin) auf dem Stimmzettel
stehen wird, sollte er die nötigen 6000 Unterschriften schaffen, hat in Wien eine Art Kultstatus. 2020
wurde seine Partei in mehrere Bezirksparlamente gewählt. Viele drängten sich um den 35-Jährigen
mit Sonnenbrille, der besser in die Lederjacke als ins Sakko passt. „Ich
bringe allen den nötigen Respekt entgegen. Wenn mich das zum
Staatsmann macht, dann bin ich einer“, sagte er. Und betonte, nicht aus Jux und Tollerei anzutreten: „Dass ich kandidiere, ist Demokratie.“Van der Bellen habe zuletzt zu oft geschwiegen, sagte er. Aus Pogos
Satireprojekt scheint unterdessen ohnehin eine ernstere Angelegenheit geworden zu sein. Das neue Motto: Bier predigen und Wasser
trinken. Am Dienstag wurde jedenfalls Wasser verteilt. Wie das? „Um die Gegner restlos zu verwirren.“
Betont ernst präsentierte sich der blaue Hofburgkandidat Rosenkranz. Als Ziel seines Antretens nannte er, was auch in etwa auf den FPÖ-Plakaten stehen wird: „Unser Österreich für uns wieder zurückholen.“Dazu listete er mehrere Dinge auf, für die er sich einsetzen wolle: Nach der Impfpflicht müsse das Covid-Maßnahmengesetz fallen. Die „Kostenlawine, Folge der Coronapolitik und der selbstzerstörerischen Russland-Sanktionen“, müsse gestoppt, der Brüsseler Zentralismus hintangehalten, Österreichs Neutralität verteidigt werden.
Mit der Entlassung der Regierung und/oder der Auflösung des Parlaments liebäugelt Rosenkranz durchaus. Das wären zwar nicht seine ersten Amtshandlungen, sagte er, aber die Wahrscheinlichkeit liege „höher als 50 Prozent“. Denn, so fragte er: Warum nicht Instrumente nutzen, die die Verfassung biete?
Auch von einer Wahlanfechtung ist schon wieder die Rede, nachdem in manchen Gemeinden Unterstützungserklärungen schon vor Dienstag beglaubigt wurden – und damit
ungültig sind. Rosenkranz: „Da ist die erste Wahlanfechtung schon im
Keim vorhanden.“
Zwischen Leutseligkeit, Wasser statt Bier und Wahlanfechtung