Razzia bringt Trump auf die Palme
In den USA wird jede Notiz des Präsidenten für die Nachwelt archiviert. Der frühere US-Präsident nahm 15 Kisten mit Dokumenten und Briefen mit nach Hause.
In den Stunden nach der FBI-Razzia in einer der Residenzen von Donald Trump reagierten seine politischen Verbündeten und
Anhänger mit Schaum vor dem Mund. Ihre Vorwürfe gegen das FBI reichten von „politischer Verfolgung“über „marxistische DritteWelt-Bananenrepublik“bis hin zu „Nazi-Methoden“. Unterdessen drohte Kevin McCarthy, der Chef der Republikaner im Repräsentantenhaus, dem Justizminister Merrick Garland, er werde ein „Verfahren“gegen ihn einleiten, falls seine Partei im November die Macht im Kongress zurückerobere. Umgekehrt hüllten sich das FBI, dessen Chef Christopher Wray erst von
Trump eingesetzt worden ist, und das Justizministerium in jenes Schweigen, das bei laufenden Ermittlungen üblich ist.
Die Hausdurchsuchung in Mara-Lago fand auf den Tag genau am
Jahrestag von Richard Nixons Rücktrittsankündigung statt. Nachdem auch die Republikanische Partei sich von ihm abgewandt hatte,
musste er das Weiße Haus wegen des Watergate-Skandals verlassen. Das FBI kam am Montagmorgen
nach Mar-a-Lago, während Trump in seinem New Yorker Hochhaus
war. In einer ersten Reaktion sprach er von einer „Belagerung, Besatzung
und Durchsuchung in meinem wunderschönen Zuhause. Sie haben sogar meinen Safe durchsucht“.
Soweit bekannt, ging es bei der Aktion nicht um die Rolle Trumps
beim Sturm auf das US-Kapitol am 6. Jänner 2021, worüber gegenwärtig zahlreiche Gerichte in den USA ermitteln. Hingegen standen in Mar-a-Lago offenbar Dokumente im Mittelpunkt, die Trump im Jänner 2021, als er das Weiße Haus verließ, illegal mit nach Florida genommen hat. Nach US-Gesetzen wird ein US-Präsident mit seinem Amtsantritt zu einer öffentlichen und quasi transparenten Person. Jedes
Dokument aus seiner Amtszeit – auch eigene handschriftliche Notizen – muss an das Nationale Archiv übergeben werden.
Gerade mit Blick auf eine mögliche Kandidatur Trumps für die kommende Präsidentenwahl wirft die „New York Times“die Frage auf, ob er für öffentliche Ämter – und damit auch für das Präsidentenamt
– gesperrt würde, sollte er wegen der Mitnahme von Akten und Dokumenten aus dem Weißen Haus gegen geltendes US-Recht verstoßen haben. Im US-Bundesrecht sei
verankert, dass unter anderem die Mitnahme, die Beschädigung, die Fälschung und die Zerstörung von Regierungsdokumenten Verbrechen
seien. Bei einer Verurteilung drohen demnach eine Geld- oder eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren – und die betreffende Person solle für jegliches öffentliche Amt in den USA disqualifiziert werden.
Nach einem ebenfalls am Montag enthüllten Foto zerriss Trump im
Weißen Haus Notizen und warf sie ins Klo. Außerdem nahm er mindestens 15 Kartons mit Dokumenten mit.
Berichten zufolge könnten unter
Dorothea Hahn berichtet für die SN aus den USA
den Dokumenten auch Briefe von Nordkoreas Diktator Kim Jong-un sein, zu dem der damalige US-Präsident nach eigenen Angaben eine „sehr gute Beziehung“pflegte. Weil die Mitnahme der Dokumente nach Florida illegal war, ermittelte die Justiz schon seit Monaten.
Trump stellte die Durchsuchungen in den Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen von 2024. Nach seiner Logik, die sowohl von
dem rechten TV-Sender Fox als auch von rechten Onlinemedien
wie Breitbart News verbreitet wird, sollen die Durchsuchungen ihn politisch schwächen.
Eine Hausdurchsuchung bei einem Ex-Präsidenten hat es in den USA noch nie gegeben. Bevor eine solche Aktion stattfinden kann,
muss ein Staatsanwalt einen Antrag stellen, ein Richter muss zustimmen. Wegen der politischen Brisanz
bei Trump ist davon auszugehen, dass sowohl der Justizminister als auch der FBI-Chef informiert waren. Mar-a-Lago war während Trumps Amtszeit eine Art ausgelagertes Weißes Haus. Trump empfing in seiner Glitzerresidenz am Meer unter anderem den chinesischen Staatschef Xi Jinping und den brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro.
Trump hatte die Aktion des FBI als eine „Attacke von radikalen linken Demokraten“bezeichnet. Auf Fox, das gewöhnlich wenig gegen die Polizei einzuwenden hat, wurde das FBI als „korrupt“bezeichnet, republikanische Abgeordnete verlangten seine „Auflösung“und Breitbart News schrieb, die Ermittlungen könnten „politische Gewalt auf den Straßen“auslösen.
Erneut eine Niederlage erlitt Donald Trump am Dienstag im Rechtsstreit um die Herausgabe seiner
Steuerakten. Ein Berufungsgericht entschied, dass er diese einem Ausschuss des Repräsentantenhauses offenlegen müsse. Das Urteil ist
noch nicht rechtskräftig.