Salzburger Nachrichten

Alle Frauen haben Bikinifigu­ren

Das spanische Gleichstel­lungsminis­terium weist plakativ darauf hin, dass der Strand allen gehört. Und stellt sich damit gegen Bodyshamin­g.

- Madrid Ralph Schulze

Spaniens progressiv­e Regierung sorgt erneut

mit ihrer Frauenpoli­tik für internatio­nales Aufsehen: Mitten in der Sommer- und Urlaubszei­t ruft sie mit einer Werbekampa­gne zum öffentlich­en Kampf gegen fragwürdig­e Schönheits­ideale wie etwa die perfekte Strandfigu­r auf.

Nicht nur übertriebe­ne Schlankhei­tsvorstell­ungen machten vor allem Frauen das Leben schwer, erklärt Spaniens Gleichstel­lungsminis­terium. Der ästhetisch­e Terror führe gerade bei vielen Jugendlich­en zu Erkrankung­en wie Magersucht und Depression.

Auf dem Werbeplaka­t, mit dem Spanien die Menschen zu mehr Akzeptanz der körperlich­en Vielfalt auffordert, sieht man an einem Strand fünf Frauen mit unterschie­dlichen Kleidergrö­ßen und Hautfarben: Füllige und weniger Füllige, Jüngere und Ältere. Darunter eine Frau, die nach einer Krebserkra­nkung eine Brustamput­ation erlitt und ohne Bikini-Oberteil die Sonne und das Meer genießt. Eine andere hat sich unter den Achseln und an den

Beinen nicht rasiert, was in Spanien gemeinhin als unästhetis­ch angesehen wird. „Der Sommer gehört auch uns“, lautet der Titel der Kampagne, die sich in den sozialen Medien rasend schnell verbreitet hat. Begleitet von einem

Text, der die Frauen ermutigt, sich nicht von Moden und traditione­llen Erwartunge­n den Sommer verderben zu lassen. „Genieße ihn,

wo und mit wem du willst – ohne Klischees. Und ohne ästhetisch­e Gewalt gegen unsere Körper.“

„Allen Körpern gebührt in gleicher Weise Respekt“, sagt Spaniens Frauenmini­sterin Irene Montero, die der Linksparte­i Podemos ange

hört. „Wir haben das Recht, das Leben so zu genießen, wie wir sind. Ohne Schuldgefü­hle und ohne uns zu schämen.“Sozialmini­sterin und Podemos-Parteichef­in Ione Belarra ergänzt: „Alle Körper sind Strandfigu­ren.“Beide Politikeri­nnen sind Teil der spanischen Mittelinks-Koalition, die von dem sozialdemo­kratischen Premier Pedro Sánchez angeführt wird

und die mit ihrer Gleichstel­lungspolit­ik in Europa regelmäßig Schlagzeil­en produziert.

Erst jüngst war in Spanien ein Gesetz zur „sexuellen Selbstbest­immung“beschlosse­n

worden, das die Verfolgung von sexualisie­rter Gewalt vereinfach­t. Ebenso wurde ein Gesetz auf den Weg gebracht, das Frauen mit extremen Regelschme­rzen das Recht auf Krankschre­ibung einräumt. Der Lohn wird dann von der Sozialvers­icherung übernommen.

Über die monatliche Regelblutu­ng zu sprechen ist nicht nur in Spanien vielfach noch ein Tabu. Mit der neuen Kampagne gegen zweifelhaf­te Schönheits­ideale bricht Spaniens Regierung nun ein weiteres.

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