Auch im Gasthaus sitzt das Geld weniger locker
Für die Hotels lief der Sommer gut, in der Gastronomie ist die Lage düsterer. Offen ist, was der Herbst bringt.
WIEN. In Österreichs Hotellerie freut man sich über eine gute Buchungslage, „vor allem der Juli war sehr gut“, sagt Johann Spreitzhofer, der Susanne Kraus-Winkler als Obmann des Fachverbands gefolgt ist. Dennoch lägen die Nächtigungszahlen im ersten Halbjahr noch immer um fast ein Fünftel unter jenen
von 2019. Das sei bis zum Jahresende nicht mehr aufzuholen. In die Freude über den guten Sommer mischt sich aber bereits die Sorge,
wie es weitergeht, zumal die Buchungszahlen für den Herbst und
Winter laut Spreitzhofer noch sehr verhalten sind. Der schon länger währende Trend von immer kurzfristigeren Buchungen setze sich fort, die Gäste kämen öfter, blieben aber kürzer und erwarteten großzügige Stornierungsbedingungen – „und sie sind preissensibler geworden“, sagt der Branchensprecher.
Das treffe auch auf die Gastronomie zu, sagt Spartenobmann Mario Pulker, zwar kämen die Stammgäste, „aber sie konsumieren weniger“. Ein Drittel der Betriebe klage über Umsatzrückgänge, betroffen seien vor allem jene im ländlichen Raum.
Während es in der gehobenen Gastronomie und beim Essen zum Mitnehmen vergleichsweise gut laufe, „leidet das Dorfwirtshaus stark“.
Für einige könnte es heuer eng werden, nicht zuletzt wegen der stark
gestiegenen Kosten für Energie und den Wareneinkauf. Das führe dazu, dass das Angebot auf den Speisekarten
reduziert und die Zahl der Ruhetage erhöht werde. Angesichts der gestiegenen Kosten appelliere man an die Gastronomen, ihre Kalkulationen anzupassen und die Preise zu erhöhen, „sonst sind die Bilanzen heuer rot“, sagt Pulker.
In der Hotellerie seien die Zimmerpreise im Durchschnitt schon um zehn bis 15 Prozent angehoben worden, sagt Spreitzhofer. Ob es weitere Preiserhöhungen geben muss, hänge davon ab, wie sich die Energiekosten entwickeln, die Kalkulation für die Herbst- und Wintersaison sei angesichts der unsicheren Entwicklung schwierig.
Hilfe erwartet die Branche auch von der öffentlichen Hand, der Deckel für die Strompreise müsse auch
für Betriebe und nicht nur für private Haushalte kommen, sagt Spreitzhofer. Das gelte für allem für energieintensive Wellnessbetriebe und sowie Thermen. Allfällige Zuschüsse müssten Unternehmen rasch
beantragen können, um ihr wirtschaftliches Überleben zu sichern.
Eine Dauerbaustelle bleibt auch der Mangel an Personal. Laut einer Sonderauswertung des Arbeitsmarktservice waren Ende Juni etwas mehr als 22.000 Stellen in Gastronomie und Hotellerie unbesetzt. Laut Pulker ist der Bedarf größer, der Branche fehlten 30.000 bis
35.000 Arbeitskräfte. Den größten Engpass gebe es beim Küchenpersonal. Er wünscht sich daher, dass es Betrieben erleichtert wird, Aushilfskräfte anzustellen. Zudem brauche man mehr Kinderbetreuungseinrichtungen,
um Frauen als Arbeitskräfte gewinnen zu können, fordert Pulker. Österreich sei mit dem Problem nicht allein, quer durch Europa gebe es zu wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Dienstleistungssektor. Corona habe die prekäre Lage auf dem touristischen Arbeitsmarkt verschärft und die Abwanderung beschleunigt, sagt Spreitzhofer. Mittlerweile liege die Zahl der Beschäftigten zwar wieder auf dem hohen Niveau von 2019, allerdings arbeiteten immer mehr in Teilzeit. Es sei schwer, offene Stellen zu besetzen, „der Arbeitsmarkt ist ausgelutscht“, sagt Spreitzhofer,
weil die Zahl der Arbeitskräfte aus anderen EU-Ländern um ein Drittel
gesunken sei, aber vor allem wegen der demografischen Entwicklung.