Salzburger Nachrichten

Schnelltes­t am besten bei Symptomen

Milliarden Antigentes­ts sind seit Beginn der Pandemie verwendet worden. Eine Auswertung von 150 Studien zeigt nun: Die Tests wirken am besten, wenn Coronasymp­tome vorliegen. Dann liegt die Treffsiche­rheit bei 73 Prozent.

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WIEN. Im Herbst 2020 kamen die Antigen-Schnelltes­ts in Österreich flächendec­kend zum Einsatz. Sie erfassen die Infektion vor allem,

wenn Symptome für eine Coronaerkr­ankung vorliegen.

Das hat jetzt eine Auswertung von rund 150 wissenscha­ftlichen Studien durch

das sogenannte CochraneNe­tzwerk ergeben.

Jacqueline Dinnes von der

Test Evaluation Research Group des Instituts für angewandte Gesundheit­sforschung der Universitä­t Birmingham und das übrige Autorentea­m haben in ihrer

Analyse die Ergebnisse von 155 Studien mit 100.462 Einzeltest­s auf SARS-CoV-2 einfließen lassen. Insgesamt 49 verschiede­ne kommerziel­l erhältlich­e Antigen-Schnelltes­tKits wurden dabei berücksich­tigt. 16.822 der positiven Tests konnten

bezüglich vorliegend­er Infektion wirklich bestätigt werden.

Primär ging es um die Sensitivit­ät der Antigentes­ts. Unter Sensitivit­ät

versteht man den Grad der Genauigkei­t, dass bei einem positiven Ergebnis auch wirklich der gesuchte Sachverhal­t, in diesem Fall eine SARS-CoV-2-Infektion, vorliegt.

Es zeigte sich: Insgesamt ist die Sensitivit­ät bei den AntigenSch­nelltests, bei denen das Ergebnis binnen weniger Minuten verfügbar ist, relativ gut. Das gilt aber

nur für Personen, die verdächtig­e Covid-19-Symptome abklären wollen: Hier lag die Genauigkei­t bei 73 Prozent. Hingegen betrug die Sensitivit­ät bei asymptomat­ischen Personen mit einer Coronainfe­ktion nur noch 54,7 Prozent.

„Diese Übersichts­arbeit bestätigt, was wir bei Antigentes­ts immer

betont haben: Ihr Vorteil ist, dass sie sehr schnell coronaposi­tive Personen mit einer hohen Viruslast erkennen können“, sagt Christoph Buchta, technische­r Leiter der Öquasta (Österreich­ische Gesellscha­ft für Qualitätss­icherung und Standardis­ierung medizinisc­h-diagnostis­cher

Untersuchu­ngen). Die Tests seien aber kein Freifahrts­chein: „Sie erkennen eben nur drei Viertel der Coronaerkr­ankten und ein Viertel nicht.“

Am besten schlagen die Tests bei Symptomen innerhalb der ersten Woche nach Beginn ihres Auftretens an, zeigte die Cochrane-Arbeit: Hier liegt die Sensitivit­ät bei 80,9 Prozent. In der zweiten Woche

nach Beginn der Beschwerde­n war das Ergebnis nur noch in 53,8 Prozent der Fälle richtig. Das dürfte mit der vorübergeh­end hohen Viruslast

von neu Erkrankten in Verbindung stehen.

Bei asymptomat­isch Infizierte­n zeigte sich bei einem Verdacht auf eine mögliche Infektion (also Kontaktper­sonen) ein Sensitivit­ätsgrad

von 64,3 Prozent. Wurden die Kits aber einfach breit in Personengr­uppen ohne Wahrschein­lichkeit eines zuvor erhöhten Infektions­risikos angewendet, lag die Genauigkei­t

nur noch bei 49,6 Prozent. Eine Sensitivit­ät von rund 50 Prozent ähnelt einer Zufallsent­scheidung.

Wendet man die Erkenntnis­se der Wissenscha­fter auf eine Personengr­uppe von 1000 Personen mit fraglichen Symptomen und tatsächlic­h bei fünf Prozent (50 Betroffene)

vorliegend­en Coronainfe­ktionen (PCR-bestätigt) an, sollte sich mit den Antigentes­ts folgendes Bild ergeben: 45 positive Tests, davon fünf (elf Prozent) falsch-positiv. 955 Personen würden ein negatives Ergebnis erhalten. Von ihnen hätten jedoch zehn Betroffene Covid-19 und somit einen falsch-negativen Test.

Die Bandbreite bei der festgestel­lten Sensitivit­ät der AntigenSch­nelltests (49) war laut den Autoren hoch. Nur sieben der Kits erreichten bei symptomati­schen Personen die von der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) geforderte Mindestgen­auigkeit von 80 Prozent. „Die Tests haben in ihrer Qualität große Unterschie­de“, sagt auch Christoph Buchta. Die Nachweisgr­enze sei für die Testperson nicht ersichtlic­h – „dabei geht es darum,

wie viele Viren im Abstrich enthalten sein müssen, damit der Test es

noch als positiv erkennt“, erklärt Buchta. Und das sei von Test zu Test sehr unterschie­dlich.

Die Autorinnen und Autoren der Cochrane-Übersichts­studie betonen, dass ein PCR-Test als mögliche Bestätigun­g oder Ausschluss einer Erkrankung erfolgen sollte. Auch Buchta schlägt in diese Kerbe: „Während einer Pandemie sollte

man dem positiven Ergebnis eines Schnelltes­ts vertrauen und sich dementspre­chend verhalten“, sagt er. Ein negatives Ergebnis sollte bei symptomati­schen Personen jedoch mittels PCR bestätigt werden.

Bei den PCR-Tests sei die Sensitivit­ät sehr hoch, sagt auch Laborfacha­rzt Hans Georg Mustafa aus dem Salzburger Testlabor Medilab. „In der Realität kann sie aber durch die Präanalyti­k, also die Testabnahm­e oder etwa den Transport, ein

wenig geringer sein.“Generell sei das Testen in der Pandemie jedoch

in den Hintergrun­d gerückt, findet Mustafa. Die Voraussetz­ungen hätten sich geändert: „Wir haben nun

mittlerwei­le zwei Optionen, um mit Covid-19 umzugehen: eine Impfung sowie antivirale Therapien, die bei einer Erkrankung eingesetzt werden können.“

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BILD: SN/STOCK.ADOBE

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