„Das Atomkraftwerk wurde mehrfach beschädigt“
Der Chef der Atomenergiebehörde fordert, mit dem Beschuss des AKW Saporischschja aufzuhören.
SAPORISCHSCHJA, WIEN. Unter schwierigsten Bedingungen setzten die Experten der Internationalen
Atomenergiebehörde IAEA ihre Inspektion im AKW Saporischschja am Freitag fort.
Es sei ein Faktum, dass das Kernkraftwerk mehrfach beschädigt
worden sei, sagte IAEA-Chef Rafael Grossi am Freitagabend nach der Rückkehr aus der Ukraine am Flughafen Wien. Das dürfe nicht weiter
passieren. Wichtige Sicherheitselemente wie die Stromversorgung des Kraftwerks würden aber funktionieren. Er erwarte eine genaue Analyse der Sicherheit des Kraftwerks durch seine vor Ort verbliebenen
Experten im Laufe der nächsten
Woche. Grossi setzt auch darauf, dass zwei IAEA-Experten auf Dauer im Kraftwerk bleiben können.
Ein nach Beschuss abgeschalteter Reaktor konnte am Freitag wieder ans Netz gehen, wie der staatliche ukrainische Atomkraftwerksbetreiber Enerhoatom am Freitag via Telegram mitteilte. Damit sind derzeit zwei von sechs Reaktoren in Betrieb.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigte sich zunächst über die bisherige Inspektion des AKW enttäuscht. Der IAEA
warf er vor, nicht deutlich die „Entmilitarisierung“des unter russischer Kontrolle stehenden Nuklearstandorts gefordert zu haben. Der
Krieg und sein Verlauf lägen außerhalb des Einflussbereichs der IAEA, erklärte Grossi. „Die Aufgabe der IAEA liegt im technischen Gebiet.“
Am meisten sorge ihn, dass das Kriegsgeschehen rund um das
Kraftwerk an Intensität zunehme, sagte der IAEA-Chef.
Laut Brigadier Philipp Eder vom Österreichischen Bundesheer gebe es nach wie vor keine gesicherten
Informationen darüber, wer nun das Kraftwerk beschieße. Beide Seiten nutzten das Atomkraftwerk für ihre Zwecke. „Faktum ist nur, dass eigentlich das Völkerrecht es verbietet, dass zivile Einrichtungen militärisch genützt werden.“Eine entmilitarisierte Zone wäre das einzig Richtige.
Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben am Freitag einen russischen Stützpunkt nahe des
Atomkraftwerks Saporischschja beschossen. In der Stadt Enerhodar sowie in der Stadt Cherson seien
mit "präzisen Angriffen" drei russische Artilleriesysteme sowie ein Munitionslager zerstört worden, teilten die ukrainischen Streitkräfte
mit.