„Energie kann jeder sparen“
E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch will die Energieversorger beim Energiesparen in die Pflicht nehmen.
Seit der Rettungsaktion für die
Wien Energie ist auch die EnergieRegulierungsbehörde E-Control
wieder ins Licht gerückt. Sie hat andere Aufgaben, als viele glauben.
Hätte die E-Control sehen müssen, was sich bei der Wien Energie aufbaut, wie das in Medien angedeutet wurde?
SN:
Wolfgang Urbantschitsch: Wir haben Daten, aber nicht die, mit denen wir draufkommen könnten, dass die Liquidität gefährdet ist. Wir haben 100 Millionen Kauf- und Verkaufsaufträge pro Jahr, die wir mithilfe von Programmen auf Marktmanipulation untersuchen. Wenn
wir einzelne Unternehmen anschauen, dann würden wir zwar erkennen, wenn jemand mehr oder weniger an der Börse handelt. Was wir aber nicht haben, sind unternehmensbezogene Liquiditätsdaten. Insofern ist das, was da geschrieben wurde, gefährliches
Halbwissen.
SN: Gibt es Regeln, wie viel ein Versorger handeln darf?
Gibt es nicht. Die E-Control kümmert sich um die Marktintegrität, also die Abstellung von Malversationen wie etwa Marktmanipulationen im Großhandel, und erstattet
gegebenenfalls Strafanzeige oder stellt Kartellanträge. Eine etwaige
Untersagung der Tätigkeiten von Stromlieferanten oder Stromhändlern obliegt in letzter Konsequenz den Landesregierungen, weil sie für
Elektrizitätswesen zuständig sind.
SN: Ist das schon passiert?
Meines Wissens in den 20 Jahren seit der Strommarkt-Liberalisierung noch nie. Für die Börse hat man sich an das Wertpapier- und Börsenrecht angelehnt. Es gibt Veröffentlichungspflichten, um etwa Insiderhandel zu verhindern. Es hat
in der Vergangenheit durchaus Verstöße
gegen Transparenzpflichten
gegeben, die die E-Control zur Anzeige gebracht hat und die zu Verwaltungsstrafen führten. Ein Fall eines internationalen Händlers etwa
liegt beim Landesverwaltungsgericht. Das ist kein totes Recht, aber es ist buchstäblich die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen.
Die E-Wirtschaft hat einen Rettungsschirm wie in Deutschland gefordert. Ist das nötig?
SN:
In Deutschland ist der Gaslieferant
Uniper wegen Russland in ärgste Probleme gekommen. Daher hat Berlin sehr früh gehandelt, es ging darum, Versorger aufzufangen. Bei uns
geht es um die Frage, wie Unternehmen ihre Handelsaktivitäten fortsetzen können, wenn die Preise astronomisch steigen. Da könnte man eine präventive Versicherung oder Leitplanke überlegen, die im besten Fall nicht schlagend wird. Das sollte aber möglichst auch europäisch gemacht werden. Im Sinne einer Versicherungsprämie könnten die Unternehmen mitzahlen. Bevor man die Diskussion führt, sollten die Unternehmen mehr Informationen
über ihr Liquiditätsrisiko geben.
SN:
Deutschland hat mit 1. September Stromsparen per Gesetz verordnet. Ist das nötig?
Jeder kann Energie sparen und mit den extrem hohen Preisen ist der Anreiz sowieso gegeben. Da
braucht es per se kein Gesetz.
Die Nachfrage ist aber unelastisch und die Zeit drängt.
SN:
An sich profitiert man dreifach vom Energiesparen: durch geringere
Kosten, mehr Unabhängigkeit von Gas und Öl und Klimaschutz.
SN: Wieso ist es trotzdem bisher
so schwierig?
Die Lieferanten sind seit Jahren verpflichtet, Energiesparberatungen zu machen. Das war bisher ein immanenter Konflikt: Ich will Energie
verkaufen und muss gleichzeitig jemanden beraten, weniger von meinem Produkt zu kaufen. In den Zeiten, die wir durchleben, könnte es den Energielieferanten, die ohnehin Probleme haben, ihre Preise bei den Kunden unterzubringen, aber helfen, den Menschen zu sagen:
Verbrauch ein bisserl weniger.
SN: Wie soll das konkret gehen?
Die Leute brauchen einen Anstoß. Das kann eine Informationskampagne sein, wie sie die Energieministerin angekündigt hat. Wir haben auch schon begonnen, den Menschen zu sagen, sie sollen sorgsam mit Energie umgehen. Aber sie
müssen ergänzend direkt angesprochen werden und ihren Verbrauch
kennen, und zwar so zeitnah, dass sie sehen, was eine Maßnahme gebracht hat. Da müssen die Energieversorger eine zentrale Rolle spielen. Wir reden viel von Verantwortung und Versorgungssicherheit.
Jetzt könnten sie auch damit etwas dazu beitragen.
SN:
Wäre das nicht die Aufgabe des Energieeffizienzgesetzes?
Es ist in Diskussion und wäre der
rechtliche Anker. Aber bis es beschlossen ist, wäre das eine Möglichkeit, sehr kurzfristig etwas zu tun. Das Um und Auf ist der Verbrauch. Die Hälfte der Haushalte hat einen Smart Meter. Damit allein ist es noch nicht getan. Man muss die Zahlen so aufbereiten, dass
nicht nur Computerfreaks etwas damit anfangen können. Wo es keine Smart Meter gibt, etwa auch bei Gas, sollte man den Menschen Referenzwerte mitteilen, an denen sie sich orientieren können, und ihnen sagen, was sie tun können und welche Auswirkungen das hätte. Das
wäre mein Vorschlag. Die Politik ist laufend in Gesprächen mit den Unternehmen. Vielleicht ließe sich das auch unterbringen.
SN: Wie viel kann ich damit einsparen?
Bei Smart Metern hat man bei der Einführung 3,5 Prozent an Einsparungen errechnet. Alle Maßnahmen, die damit verknüpft sind,
bringen zusätzlich etwas. Beim Heizen kommt man mit einer guten Beratung durch den Energieversorger
vielleicht auf einen zweistelligen Prozentsatz. Alte Beleuchtung
braucht viel Strom. Man hat bald irgendwo eine 60-Watt-Birne statt 3 Watt bei LED. Einen alten Kühlschrank zu tauschen bringt ebenfalls viel. Das alles muss noch einmal gesagt werden. Was neuerdings dazukommt, sind Home-Entertainment-Geräte, die oft auf Stand-by laufen und gar nicht wenig Strom
brauchen, oder das WLAN, das im Wochenendhaus nicht 365 Tage durchlaufen muss. Die E-Control
hat auf der Homepage auch einen Effizienzrechner und Tipps.
Wolfgang Urbantschitsch