Salzburger Nachrichten

„Energie kann jeder sparen“

E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschi­tsch will die Energiever­sorger beim Energiespa­ren in die Pflicht nehmen.

- MONIKA GRAF

Seit der Rettungsak­tion für die

Wien Energie ist auch die EnergieReg­ulierungsb­ehörde E-Control

wieder ins Licht gerückt. Sie hat andere Aufgaben, als viele glauben.

Hätte die E-Control sehen müssen, was sich bei der Wien Energie aufbaut, wie das in Medien angedeutet wurde?

SN:

Wolfgang Urbantschi­tsch: Wir haben Daten, aber nicht die, mit denen wir draufkomme­n könnten, dass die Liquidität gefährdet ist. Wir haben 100 Millionen Kauf- und Verkaufsau­fträge pro Jahr, die wir mithilfe von Programmen auf Marktmanip­ulation untersuche­n. Wenn

wir einzelne Unternehme­n anschauen, dann würden wir zwar erkennen, wenn jemand mehr oder weniger an der Börse handelt. Was wir aber nicht haben, sind unternehme­nsbezogene Liquidität­sdaten. Insofern ist das, was da geschriebe­n wurde, gefährlich­es

Halbwissen.

SN: Gibt es Regeln, wie viel ein Versorger handeln darf?

Gibt es nicht. Die E-Control kümmert sich um die Marktinteg­rität, also die Abstellung von Malversati­onen wie etwa Marktmanip­ulationen im Großhandel, und erstattet

gegebenenf­alls Strafanzei­ge oder stellt Kartellant­räge. Eine etwaige

Untersagun­g der Tätigkeite­n von Stromliefe­ranten oder Stromhändl­ern obliegt in letzter Konsequenz den Landesregi­erungen, weil sie für

Elektrizit­ätswesen zuständig sind.

SN: Ist das schon passiert?

Meines Wissens in den 20 Jahren seit der Strommarkt-Liberalisi­erung noch nie. Für die Börse hat man sich an das Wertpapier- und Börsenrech­t angelehnt. Es gibt Veröffentl­ichungspfl­ichten, um etwa Insiderhan­del zu verhindern. Es hat

in der Vergangenh­eit durchaus Verstöße

gegen Transparen­zpflichten

gegeben, die die E-Control zur Anzeige gebracht hat und die zu Verwaltung­sstrafen führten. Ein Fall eines internatio­nalen Händlers etwa

liegt beim Landesverw­altungsger­icht. Das ist kein totes Recht, aber es ist buchstäbli­ch die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen.

Die E-Wirtschaft hat einen Rettungssc­hirm wie in Deutschlan­d gefordert. Ist das nötig?

SN:

In Deutschlan­d ist der Gasliefera­nt

Uniper wegen Russland in ärgste Probleme gekommen. Daher hat Berlin sehr früh gehandelt, es ging darum, Versorger aufzufange­n. Bei uns

geht es um die Frage, wie Unternehme­n ihre Handelsakt­ivitäten fortsetzen können, wenn die Preise astronomis­ch steigen. Da könnte man eine präventive Versicheru­ng oder Leitplanke überlegen, die im besten Fall nicht schlagend wird. Das sollte aber möglichst auch europäisch gemacht werden. Im Sinne einer Versicheru­ngsprämie könnten die Unternehme­n mitzahlen. Bevor man die Diskussion führt, sollten die Unternehme­n mehr Informatio­nen

über ihr Liquidität­srisiko geben.

SN:

Deutschlan­d hat mit 1. September Stromspare­n per Gesetz verordnet. Ist das nötig?

Jeder kann Energie sparen und mit den extrem hohen Preisen ist der Anreiz sowieso gegeben. Da

braucht es per se kein Gesetz.

Die Nachfrage ist aber unelastisc­h und die Zeit drängt.

SN:

An sich profitiert man dreifach vom Energiespa­ren: durch geringere

Kosten, mehr Unabhängig­keit von Gas und Öl und Klimaschut­z.

SN: Wieso ist es trotzdem bisher

so schwierig?

Die Lieferante­n sind seit Jahren verpflicht­et, Energiespa­rberatunge­n zu machen. Das war bisher ein immanenter Konflikt: Ich will Energie

verkaufen und muss gleichzeit­ig jemanden beraten, weniger von meinem Produkt zu kaufen. In den Zeiten, die wir durchleben, könnte es den Energielie­feranten, die ohnehin Probleme haben, ihre Preise bei den Kunden unterzubri­ngen, aber helfen, den Menschen zu sagen:

Verbrauch ein bisserl weniger.

SN: Wie soll das konkret gehen?

Die Leute brauchen einen Anstoß. Das kann eine Informatio­nskampagne sein, wie sie die Energiemin­isterin angekündig­t hat. Wir haben auch schon begonnen, den Menschen zu sagen, sie sollen sorgsam mit Energie umgehen. Aber sie

müssen ergänzend direkt angesproch­en werden und ihren Verbrauch

kennen, und zwar so zeitnah, dass sie sehen, was eine Maßnahme gebracht hat. Da müssen die Energiever­sorger eine zentrale Rolle spielen. Wir reden viel von Verantwort­ung und Versorgung­ssicherhei­t.

Jetzt könnten sie auch damit etwas dazu beitragen.

SN:

Wäre das nicht die Aufgabe des Energieeff­izienzgese­tzes?

Es ist in Diskussion und wäre der

rechtliche Anker. Aber bis es beschlosse­n ist, wäre das eine Möglichkei­t, sehr kurzfristi­g etwas zu tun. Das Um und Auf ist der Verbrauch. Die Hälfte der Haushalte hat einen Smart Meter. Damit allein ist es noch nicht getan. Man muss die Zahlen so aufbereite­n, dass

nicht nur Computerfr­eaks etwas damit anfangen können. Wo es keine Smart Meter gibt, etwa auch bei Gas, sollte man den Menschen Referenzwe­rte mitteilen, an denen sie sich orientiere­n können, und ihnen sagen, was sie tun können und welche Auswirkung­en das hätte. Das

wäre mein Vorschlag. Die Politik ist laufend in Gesprächen mit den Unternehme­n. Vielleicht ließe sich das auch unterbring­en.

SN: Wie viel kann ich damit einsparen?

Bei Smart Metern hat man bei der Einführung 3,5 Prozent an Einsparung­en errechnet. Alle Maßnahmen, die damit verknüpft sind,

bringen zusätzlich etwas. Beim Heizen kommt man mit einer guten Beratung durch den Energiever­sorger

vielleicht auf einen zweistelli­gen Prozentsat­z. Alte Beleuchtun­g

braucht viel Strom. Man hat bald irgendwo eine 60-Watt-Birne statt 3 Watt bei LED. Einen alten Kühlschran­k zu tauschen bringt ebenfalls viel. Das alles muss noch einmal gesagt werden. Was neuerdings dazukommt, sind Home-Entertainm­ent-Geräte, die oft auf Stand-by laufen und gar nicht wenig Strom

brauchen, oder das WLAN, das im Wochenendh­aus nicht 365 Tage durchlaufe­n muss. Die E-Control

hat auf der Homepage auch einen Effizienzr­echner und Tipps.

Wolfgang Urbantschi­tsch

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 ?? ?? (*1969) ist seit 2016 Vorstand
der E-Control. Der promoviert­e Jurist
war zuvor Leiter der Rechtsabte­ilung.
(*1969) ist seit 2016 Vorstand der E-Control. Der promoviert­e Jurist war zuvor Leiter der Rechtsabte­ilung.

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