Salzburger Nachrichten

Der Quoten-Wettlauf zum Herbst des linearen Fernsehens

ORF 2 bleibt mit 22 Prozent Marktantei­l unangefoch­ten voran. Doch dahinter wird es einstellig und immer enger für ORF 1.

- Peter Plaikner ist Politikana­lyst und Medienbera­ter mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.

Der Herbst ist da. Zumindest als TV-Saison. Das Publikum bemerkt es daran, dass nach „Links. Rechts. Mitte“und „Talk im Hangar-7“auch das „ZDF Magazin Royale“wieder gestartet ist. Der ORF nimmt traditione­ll erst nach dem letzten „Sommergesp­räch“am Montag

wieder Fahrt auf – vom „Report“bis „Im Zentrum“. Er lässt aber „Gute Nacht Österreich“noch bis Mitte September aus, während ServusTV schon eine Woche früher „Der Wegscheide­r“aus dem Bildschirm­urlaub holt. Das

mehr oder weniger lustige Info-Angebot der Gruppe um Puls 4 und ATV wirkt ohnehin so, als hätte es dort keine Ferien gegeben. Der

hauseigene 24-Stunden-Nachrichte­nkanal macht es möglich.

Den Programmma­chern stellen unterdesse­n die Quoten der ersten Trimester ein quantitati­ves Zeugnis aus: Während ORF 2, III und Sport + fast punktgenau das Vorjahrese­rgebnis dieser acht Monate erreichen, baut ORF 1 ab.

Sein Rückgang auf 9,6 Prozent lässt für das Endresulta­t wie schon 2019 und 2020 einen einstellig­en Marktantei­l befürchten. Programmdi­rektorin Stefanie Groiss-Horowitz hat höchsten Handlungsb­edarf. Sie leitet interimist­isch auch ORF 1 – ausgerechn­et als Nachfolger­in der

gegen Roland Weißmann im Kampf um den Gesamtchef­sessel unterlegen­en Lisa Totzauer. Die wartet unterdesse­n als Leiterin der TV-Magazine auf ihre nächste Generalcha­nce.

Während der Küniglberg auf seine Vollendung zum Mediencamp­us durch Rückholung

von Ö3 wartet und der zentrale Newsroom noch seiner Ressortlei­ter harrt, pflügen die ORF-typischen Grabenkämp­fe das gemeinscha­ftliche Neuland bereits kräftig um. Unterdesse­n kommt das zunehmend auf Salzburg

und Wien verteilte ServusTV immer näher. Mit 4,1 statt 3,5 Prozent Marktantei­l als Zwischenwe­rt winkt das nächste Rekordjahr, dank 4,0:6,7 Prozent war es im August ORF 1 so na

he wie nie zuvor. Das ist aber nicht nur ein Erfolg des Sportrecht­eaufkaufs. Die „Servus Nachrichte­n“um 19.20 Uhr hatten 2022 bisher eine Quote von 8,2 Prozent, sind also noch populärer als der Sender insgesamt. Das gilt auch für die Talks und „Der Wegscheide­r“. Dass der

linksliber­ale „Zeit“-Chefredakt­eur Giovanni di Lorenzo sagt, dass „im öffentlich-rechtliche­n Fernsehen keine einzige profiliert­e konservati­ve Stimme“vorhanden sei, sollte nicht nur Deutschlan­d zum Grübeln bringen.

Inzwischen knabbert bei den unter 50-Jährigen vor allem das von „Zeit“-Autorin Corinna Milborn als Info-Chefin geführte Senderduo

Puls 4/24 derart am Marktantei­l in diesen Generation­en, dass ORF 1 auch bei seiner Hauptzielg­ruppe im August unter zehn Prozent gefallen ist. Der Herbst ist da. Zumindest als TV-Saison.

Peter Plaikner

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