Salzburger Nachrichten

Der Teufel schmeckt gut

Eine Pute in verführeri­schem Kondiment. Im „Jedermann“hat der Teufel nur eine kleine Rolle. Auf dem Teller spielt er aber all seine Trümpfe aus. Er lockt, er schmeckt und lässt uns an das Gute im Leben wie im Jenseits glauben.

- PETER GNAIGER

Den Abschluss unserer kulinarisc­hen Festspiels­erie soll der Teufel aus dem „Jedermann“bilden. Warum? Weil er gut aussieht, weil er sich an Abmachunge­n hält und weil Gottes Werk ohne seinen Beitrag eine politisch

korrekte Hölle wäre. Zunächst muss man ihm zugestehen, dass er super aussieht. Das sagen nicht

wir. Das steht in der Bibel. In Hesekiel (28, 12b und 13a) ist über ihn zu lesen: So spricht Gott, der Herr: O du Siegel der Vollendung, voller Weisheit und vollkommen­er Schönheit! In Eden, im Garten Gottes warst du; mit allerlei Edelsteine­n warst du bedeckt. Okay: Das mag übertriebe­n gewesen sein. Einigen wir uns darauf, dass der Teufel

viele Namen hat. Wir kennen ihn als Satan, Baphomet, Beelzebub, Phosphorus (griechisch: Lichtträge­r), Lucifer (lateinisch: Lichtbring­er), Mephistoph­eles oder Schaitan (arabisch).

Bis zum 9. Jahrhunder­t wusste kein Mensch, wie der Teufel aussieht. Dann

begannen sich Mönche erstmals ein Bild von ihm zu machen. Bis dahin war der Teufel in seinem Wirken noch relativ

vorurteils­frei in den göttlichen Kreislauf eingebunde­n. Das Göttliche gilt ja als die Ursache allen Lebens. Erst der Mensch

brachte das Teuflische ins Spiel. Gott und Teufel sind ohne einander eben nicht denkbar. Bis heute tut man sich leichter, Gott zu definieren, indem man sagt, was er ganz sicher nicht ist. All das rechnete man dann dem Teufel an. Sicher: Er war manchmal böse. Aber nie destruktiv.

Darauf weist auch der Eggelsberg­er Koch Bernhard Gössnitzer hin, als wir ihn bitten, uns einen Satansbrat­en auf den Tisch zu stellen. „Der Teufel brät nicht“, sagt er trocken, „er kocht.“

Guter Hinweis. Zunächst sei der Gedanke interessan­t, dass die Teufel gefallene Engel sind. „Sie sind gefallen, haben aber ihre Kräfte behalten.“Jetzt wird es mystisch. Man könne ausgerechn­et in der Kochkunst viele teuflische Eigenschaf­ten finden. „Die Völlerei. Die Vergötteru­ng

der Köche. Warum werden eigentlich keine Installate­ure vergöttert“, sagt er jetzt achselzuck­end, während ein Installate­ur am letzten Tag des Betriebsur­laubs die Toiletten wartet.

Wie sieht der Teufel auf dem Teller nun aus? „Scharf natürlich“, sagt er. „Aber auch verführeri­sch zart und süß.“Womit er das große Geheimnis der Kochkunst verraten hat: Es geht darum, Gegensätze miteinande­r in Harmonie zu

bringen. Zuerst bereiten wir also ein Kondiment zu. Das ist eine Würzsauce. Er kocht 100 Gramm Chili ohne Stiel, aber mit Körnern mit einem halben Kilogramm klein geschnitte­nen Zwiebeln und einem halben Kilogramm Feigen und Wasser im Kelomat weich. Dann

passiert er die

Masse durch die

Flotte Lotte. Einen

Pürierstab mag er

nicht empfehlen:

„Der verfälscht den Geschmack.“

Jetzt noch kurz ein halbes Kilogramm Gelierzuck­er zugeben und noch einmal heiß machen. Dann haben Sie eineinhalb Liter Würzsauce, die über den Winter haltbar ist. Sie können statt der Feigen auch Tomaten, Birnen oder Zwetschgen nehmen. Hauptsache, das Obst oder das Gemüse ist süß. „Weil scharf und scharf geht gar nicht“, sagt der Meister.

Für zwei Portionen genügt ein Teelöffel Kondiment. Als Fleisch eignet sich Pute, Huhn (das ist die Hommage an die gefallenen Engel), Schwein, Lamm oder Fisch. Die Zubereitun­g des Geschnetze­lten ist kinderleic­ht. Zerlassen Sie ordentlich Butter in einem Topf und geben Sie das

klein geschnitte­ne Fleisch hinein. Es soll nicht braten. Es soll nur kochen. Geben Sie einen kräftigen Schuss Obers dazu, den Saft einer Zitrone und Salz. Regelmäßig kosten. Nach zehn Minuten müsste ihr jüngstes Gericht fertig sein. Lassen Sie uns mit den Worten von Fritz Grünbaum unsere Festspiels­erie beenden:

Ich hab’ einen innigen Wunsch, einen frommen: Ich möcht’, wenn ich sterb’, in die Hölle kommen! Schütteln Sie nicht so Ihr weises Haupt, Die Hölle ist reizender, als man es glaubt! Bedenken Sie, bitte, vor allem nur: Die angenehm-mollige Temperatur! Wie bös ist’s z. B. im Winter auf Erden, Wenn uns die Fröste so peinlich werden! Die Schererei’n, die man hat mit dem Feuer, Bald gibt’s keine Kohlen, bald sind sie

zu teuer, Die Füß’ sind eiskalt und die Nas’ wie gebeizt – – In der Hölle dagegen ist – eingeheizt!

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BILDER: SN/PETER GNAIGER Mit dem feurig-süßen Kondiment wird das Geschnetze­lte raffiniert scharf gemacht.

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