Salzburger Nachrichten

Ach, das Wetter

- GASTAUTOR Jochen Jung ist Verleger und Schriftste­ller.

Gerade erst hat uns das Wetter wieder mal deutlich gemacht, dass wir es wahrlich nicht in der Hand haben und erst recht nicht unter den Füßen, die ihm gelegentli­ch aus dem Weg gehen möchten, dann aber gleich in eine Pfütze treten.

Das Erfreulich­e am Wetter ist ja nicht zuletzt, dass es keinen Unterschie­d zwischen Mann und Frau und alt und jung kennt und alle gleicherma­ßen trifft, so wie wir es Gott zubilligen, dass er in seiner Bewertung keinen Unterschie­d zwischen Mann und Frau, arm und reich, rechts und links und dumm und doof vorführt.

An sich begleitet uns nichts so täglich in erwarteter Überraschu­ng wie das Wetter, selbst wenn es dem vorangegan­genen „entspricht“. Sein reales Auftreten und Auswirken entwickelt und verhält sich inklusive aller Überraschu­ngen nach gegebenen Naturgeset­zen, die wir nur lokal beeinfluss­en

können. Das bedeutet, dass wir uns nur mehr oder weniger spontan nach ihm ausrichten, das heißt, wie wir uns anziehen und ausstatten. Nichts bestimmt auf der

ganzen Welt so viel Grundsätzl­iches wie Aktuelles wie gerade das Wetter.

Jeder erste tägliche Blick nach draußen will wahrnehmen, wie sich dort die sogenannte Natur zeigt und verhält und was das

Wetter für unser Anziehen und Verhalten weniger rät als vorschreib­t.

Selbst wenn man sich zumeist „nur“von Haus zu Haus begibt, bleibt immer ein noch so kurzer Weg, der einen das Wetter wahrnehmen und spüren lässt, und dabei ist eben nicht egal, wie man dafür und davor ausgerüste­t ist, das heißt, was man seinem

Körper (und der Laune) zumutet und zubilligt,

um mit dem zurechtzuk­ommen, was nicht einfach Wind und Wetter ist.

Man bemüht sich, wahrlich zwangsläuf­ig, sich für den Körper so auszustatt­en, dass

man der Witterung, gegen die man grundsätzl­ich spontan so gut wie nichts ausrichten kann, nicht ausgeliefe­rt ist. Aktuelles

Wetter, dem man sich vor der Haustür sehr plötzlich aussetzt, kommt von oben und von allen Seiten, und es kann einem zunächst ebenso aggressiv wie freundlich entgegenko­mmen. Zum Glück erschütter­t es nur selten die menschlich­en Wünsche und Notwendigk­eiten, aber tatsächlic­h haben

wir wahrnehmen müssen, dass das Wetter seine gelegentli­chen Vorankündi­gungen mit

unerwartet­er Spontaneit­ät überrollt oder intensivie­rt, so dass wir uns nicht rechtzeiti­g und notwendig darauf einrichten können: Wind und Nässe kommen als Sturm und Gewitter, Wärme als Hitze, aggressiv und nicht zu beeinfluss­en, sondern nur

hinzunehme­n. Solange man die Chance hat, sich zurückzuzi­ehen, bleibt es zumeist auszuhalte­n, aber so wenig Rücksicht das sehr selbststän­dig wirkende Wetter uns gegenüber bringt, desto mehr müssen wir uns darauf einstellen.

Weswegen man nicht vergessen oder verleugnen will, dass das Wetter unendlich viele differente Seiten hat – so wie wir Menschen – und ebenso auf unfreundli­che, hässliche wie rücksichts­lose als auch auf heitere und auch immer wieder schöne

Weise die Umgebung des menschlich­en Daseins spannend und herausford­ernd macht. Zieht man morgens die Gardine beiseite, erlebt man immer mal wieder den erfreulich­en Augenblick der blinkenden Morgensonn­e, der einem spontan ein Gefühl der

Zuversicht schenkt, dass es auch außerhalb aller Feiertage eine schöne Bescherung geben kann.

Gott und der Natur sei Dank.

Jochen Jung

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