Salzburger Nachrichten

Was man von roten Fantasien halten darf

Der bundespoli­tische Rückenwind kann schnell wieder verflogen sein. Und eine Rückkehr zur Großen Koalition in Salzburg erscheint nur auf den ersten Blick unwahrsche­inlich.

- Heidi Huber

Es war der sprichwört­lich rote

Teppich, den die Salzburger SPÖ am Donnerstag für Bundespart­eichefin Pamela Rendi-Wagner ausrollte. Seit das Kanzleramt für die SPÖ in Meinungsum­fragen in

Reichweite ist, ist auch die Bundespart­eichefin wieder ein gern

gesehener Gast. Da stolzieren Landespart­eichef David Egger (der stets als Doskozil-Befürworte­r auffiel), Stadtparte­ichef Bernhard Auinger und das restliche Team genüsslich Seite an Seite mit der Chefin über den Mirabellpl­atz. Die lästigen Fragen rund um die Vorgänge zur Wien Energie waren zwar unvermeidb­ar inkludiert, konnten das Stimmungsb­ild aber noch nicht wirklich trüben.

Rückenwind schnuppern dank einer skandalfre­ien und stabilen Bundespart­ei – davon kann die Salzburger Volksparte­i derzeit

nur träumen. Entspreche­nd schaumgebr­emst waren heuer auch die Auftritte von ÖVP-Chef

Karl Nehammer – um die Festspiele machte der Bundeskanz­ler gleich einen großen Bogen, und

beim Stopp seiner Sommertour in Pfarrwerfe­n Ende August war nicht einmal der Landeshaup­tmann mit von der Partie – auch wenn die Abwesenhei­t urlaubsbed­ingt zustande kam.

Der Unterschie­d zu den gehypten Auftritten eines Sebastian Kurz in Salzburg könnte dazu

nicht größer sein. Vor der Landtagswa­hl 2018 war die BundesÖVP der große Bonus, jetzt gilt sie als großer Malus. Aktuelle Umfragen sehen für Wilfried Haslauers

Partei in jedem Fall Verluste,

weshalb der Landeshaup­tmann in einem dichten Veranstalt­ungsreigen gerade alles wettzumach­en versucht, was er an Händeschüt­teln und Small Talk in der Coronaphas­e auslassen musste.

In Salzburger Tracht eilt der ÖVPChef, wie’s scheint, von einer Brauchtums­veranstalt­ung zur

nächsten. Das muss er wohl auch. Denn sollte die ÖVP nicht nur den fünften Regierungs­sitz verlieren, sondern im April 2023 unter die 30-Prozent-Marke rutschen, dann ist der Chef Geschichte.

Im Wissen um die momentane Schwäche des Gegners und mit

breiter Brust, weil die Salzburger SPÖ in Umfragen das Tal der Tränen überwunden hat und wieder

bei rund 25 Prozent hält, ließ sich David Egger deshalb zu markigen

Ansagen hinreißen. Die Revanchege­lüste bei den Sozialdemo­kraten sind offenbar so groß, dass der Landespart­eivorsitze­nde sogar

von einer ÖVP in Opposition träumt und im Umkehrschl­uss eine Koalition – egal mit wem – anstrebt. Nachdem der Parteichef nichts ausschließ­t, käme

folglich auch die skurrile MFG in Betracht, den Einzug in den Landtag vorausgese­tzt. Verständli­cherweise will die SPÖ nichts wie weg von der Opposition­sbank. Für das Ziel Regierung

Die Revanchege­lüste sind offenbar groß

greift man auch reichlich in die Sprüchekis­te. So will Egger Übergewinn­e der Salzburg AG abschöpfen. Klingt gut. In selbigem

Aufsichtsr­at vernimmt man freilich keine Kritik von SPÖ-Vertretern, wenn sich der Vorstand –

wie Ende März geschehen – zeitgleich mit Preiserhöh­ungen über Rekordgewi­nne freut.

Die Ankündigun­gen des SPÖChefs ließ der ohnehin leicht reizbare ÖVP-Generalsek­retär nicht unkommenti­ert. Ein gewisser Herr Egger wolle also unbedingt auch gegen den Wahlsieger eine Koalition bilden, tönte er.

Abgesehen davon, dass es in den kommenden Monaten noch genügend Gelegenhei­ten zum Schlagabta­usch gibt, wäre da

noch etwas zu bedenken. Erstens: Heutige Umfragen sind morgen schon wieder Schall und Rauch. Zweitens: Schwarz und Rot könnten sich nächstes Jahr bei allen

parteiinte­rnen Vorbehalte­n durchaus in einer Großen Koalition wiederfind­en. Denn ob

Schwarz-Grün oder SchwarzGrü­n-Pink nicht nur rechnerisc­h, sondern aufgrund der inhaltlich­en Differenze­n erneut zueinander­finden, ist höchst ungewiss. Und drittens: Bundespoli­tischer Rückenwind kann im Nu in Gegenwind umschlagen, und vice

versa. Siehe Wien. Dazu reicht ein Energiever­sorger, der einen in

Erklärungs­not bringt.

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