„Strohmann“soll Grund gekauft haben
Ein umstrittener Grünland-Deal wird noch einmal geprüft. Erhärten sich die Vorwürfe, könnte es zu einer Rückabwicklung kommen.
WERFENWENG. Die Großbaustelle im Ortskern löst im Pongauer Bergdorf unterschiedliche Empfindungen aus. Zwei neue Hotels, Gastronomie, Geschäfte, 300
Tiefgaragenplätze und Freizeitangebote sollen entstehen. Bürgermeister Peter Brandauer (ÖVP) ist ein Freund des Bauvorhabens „Hochthron neu“, er erwartet eine Aufwertung des Orts.
Andere finden das Projekt überdimensioniert, die politische Opposition, bestehend aus FPÖ und Heimatliste, trat aus Protest im April 2021 geschlossen zurück.
Bauherr ist ein einheimischer Bauträger. Ihm droht nun Ungemach. Seit längerer Zeit stehen
Vorwürfe im Raum, er habe die Grundstücke unter Vortäuschung falscher Umstände erworben. Ein weiterer Fall fragwürdiger Grünlandkäufe, sagt Karin Dollinger. Die Landtagsabgeordnete der SPÖ hat den Stein ins Rollen gebracht, jetzt wird geprüft, im Extremfall ist sogar eine Rückabwicklung möglich.
De facto wurde der Kauf mehrerer Grundstücke, zum Teil Grünland und Wald, über eine GmbH abgewickelt. In dieser war zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung (September 2017) der Bruder des Bauträgers als Geschäftsführer eingetragen. Selbiger ist Landwirt, ein wichtiges Detail beim Kauf von Grünland. Ein halbes Jahr später verschwand der Mann aus der Gesellschaft, an die Stelle des zeichnungsberechtigten Geschäftsführers rückte der Bauträger.
Für Landtagsabgeordnete Dollinger handelt es sich um ein Umgehungsgeschäft. Wäre von vornherein der Bauträger als alleiniger Geschäftsführer aufgetreten,
hätten kaufinteressierte Bauern aus der Region Vorrang gehabt.
Deshalb sei ein Strohmann eingesetzt worden.
Der Anwalt des Bauträgers kann die Aufregung nicht verstehen. Es sei alles ordnungsgemäß abgelaufen, es gebe gültige Widmungen für touristische Nutzung, die Gemeinde sei von Anfang an voll hinter dem Projekt
gestanden. „Hier wird politisches Kleingeld gewechselt.“
Der Ortschef will nicht beurteilen, ob etwas unsauber gelaufen ist. „Die Gemeinde ist zum Glück nicht die zuständige Instanz. Es ist für mich aber klar, dass sowieso kein Landwirt sich für diese Fläche interessiert hätte.“Die Ortspolitik habe im Räumlichen Entwicklungskonzept die touristische Nutzung festgehalten. „Das war schon lange klar, dass hier etwas Touristisches kommt.“
Die kleine Grundverkehrskommission, bestehend aus Bezirkshauptmann, zwei Vertretern der Bauernkammer und einem der Gemeinde, hat den Deal freigegeben – unter den damals offensichtlichen Umständen,
wohlgemerkt. Jetzt werde das Gremium sich noch einmal mit der Sache befassen, sagt der Pongauer Bezirkshauptmann Harald
Wimmer. Das habe man in einer Sitzung am Donnerstag beschlossen.
Für Karin Dollinger ist das bereits ein Erfolg: „Es ist super,
wenn solche Sachen ernst genommen werden und wir nicht weiterschludern wie bisher.“
Sollte sich ein Schein- bzw. Umgehungsgeschäft nachweisen
lassen, dann kann auf Nichtigkeit geklagt werden, was im äußersten Fall zur Rückabwicklung des
Verkaufs der Fläche führen könnte.
Daran glaubt Dollinger angesichts des Baufortschritts nicht. „Es wäre wohl inhaltlich richtig,
würde aber einen Mordswirbel auslösen.“Wird eine Verwaltungsübertretung festgestellt, droht eine Geldstrafe von bis zu 10.000 Euro. „Da würden sie wohl
lachen“, mutmaßt Dollinger. Insgesamt sind rund 35 Millionen Euro budgetiert, die Bauzeit ist auf zwei Jahre anberaumt.
Raumordnungslandesrat Josef Schwaiger (ÖVP) hat die erneute
Kontrolle des Grundstücksver
„Endlich werden solche Sachen ernst genommen.“SPÖ
kaufs durch die Grundverkehrskommission angeregt. Es gehöre in diesem Fall genau geprüft und im Fall des Falls seien die Konsequenzen zu ziehen. „Entweder es ist alles okay, ansonsten wird
man die Sache nicht einfach so stehen lassen. Frechheit siegt – das wird es jedenfalls nicht sein.“
Dollinger spricht von einem Offenbarungseid, die Landesregierung könne jetzt zeigen, ob sie tatsächlich Grünland-Deals von Investoren eindämmen wolle. Sie
habe eine Handvoll weiterer Fälle auf dem Zettel.
Landesrat Josef Schwaiger verweist auf das neue Raumordnungsgesetz. Dieses werde Anfang Oktober im Landtag vorgestellt. Wer künftig Grünland kaufen wolle, der müsse ein 15-jähriges Bewirtschaftungskonzept
vorlegen. „Bei Nichteinhaltung erfolgt eine Rückabwicklung.“
Ab 1. Jänner 2023 werde es statt der großen und kleinen Grundverkehrskommissionen
eine mit rund zehn Beamten besetzte Landeskommission geben. „Es wird ab sofort jeder Fall einheitlich bewertet – und wir werden das strengste Bundesland sein“, sagt Schwaiger.