Salzburger Nachrichten

„Strohmann“soll Grund gekauft haben

Ein umstritten­er Grünland-Deal wird noch einmal geprüft. Erhärten sich die Vorwürfe, könnte es zu einer Rückabwick­lung kommen.

- MICHAEL MINICHBERG­ER

WERFENWENG. Die Großbauste­lle im Ortskern löst im Pongauer Bergdorf unterschie­dliche Empfindung­en aus. Zwei neue Hotels, Gastronomi­e, Geschäfte, 300

Tiefgarage­nplätze und Freizeitan­gebote sollen entstehen. Bürgermeis­ter Peter Brandauer (ÖVP) ist ein Freund des Bauvorhabe­ns „Hochthron neu“, er erwartet eine Aufwertung des Orts.

Andere finden das Projekt überdimens­ioniert, die politische Opposition, bestehend aus FPÖ und Heimatlist­e, trat aus Protest im April 2021 geschlosse­n zurück.

Bauherr ist ein einheimisc­her Bauträger. Ihm droht nun Ungemach. Seit längerer Zeit stehen

Vorwürfe im Raum, er habe die Grundstück­e unter Vortäuschu­ng falscher Umstände erworben. Ein weiterer Fall fragwürdig­er Grünlandkä­ufe, sagt Karin Dollinger. Die Landtagsab­geordnete der SPÖ hat den Stein ins Rollen gebracht, jetzt wird geprüft, im Extremfall ist sogar eine Rückabwick­lung möglich.

De facto wurde der Kauf mehrerer Grundstück­e, zum Teil Grünland und Wald, über eine GmbH abgewickel­t. In dieser war zum Zeitpunkt der Vertragsun­terzeichnu­ng (September 2017) der Bruder des Bauträgers als Geschäftsf­ührer eingetrage­n. Selbiger ist Landwirt, ein wichtiges Detail beim Kauf von Grünland. Ein halbes Jahr später verschwand der Mann aus der Gesellscha­ft, an die Stelle des zeichnungs­berechtigt­en Geschäftsf­ührers rückte der Bauträger.

Für Landtagsab­geordnete Dollinger handelt es sich um ein Umgehungsg­eschäft. Wäre von vornherein der Bauträger als alleiniger Geschäftsf­ührer aufgetrete­n,

hätten kaufintere­ssierte Bauern aus der Region Vorrang gehabt.

Deshalb sei ein Strohmann eingesetzt worden.

Der Anwalt des Bauträgers kann die Aufregung nicht verstehen. Es sei alles ordnungsge­mäß abgelaufen, es gebe gültige Widmungen für touristisc­he Nutzung, die Gemeinde sei von Anfang an voll hinter dem Projekt

gestanden. „Hier wird politische­s Kleingeld gewechselt.“

Der Ortschef will nicht beurteilen, ob etwas unsauber gelaufen ist. „Die Gemeinde ist zum Glück nicht die zuständige Instanz. Es ist für mich aber klar, dass sowieso kein Landwirt sich für diese Fläche interessie­rt hätte.“Die Ortspoliti­k habe im Räumlichen Entwicklun­gskonzept die touristisc­he Nutzung festgehalt­en. „Das war schon lange klar, dass hier etwas Touristisc­hes kommt.“

Die kleine Grundverke­hrskommiss­ion, bestehend aus Bezirkshau­ptmann, zwei Vertretern der Bauernkamm­er und einem der Gemeinde, hat den Deal freigegebe­n – unter den damals offensicht­lichen Umständen,

wohlgemerk­t. Jetzt werde das Gremium sich noch einmal mit der Sache befassen, sagt der Pongauer Bezirkshau­ptmann Harald

Wimmer. Das habe man in einer Sitzung am Donnerstag beschlosse­n.

Für Karin Dollinger ist das bereits ein Erfolg: „Es ist super,

wenn solche Sachen ernst genommen werden und wir nicht weiterschl­udern wie bisher.“

Sollte sich ein Schein- bzw. Umgehungsg­eschäft nachweisen

lassen, dann kann auf Nichtigkei­t geklagt werden, was im äußersten Fall zur Rückabwick­lung des

Verkaufs der Fläche führen könnte.

Daran glaubt Dollinger angesichts des Baufortsch­ritts nicht. „Es wäre wohl inhaltlich richtig,

würde aber einen Mordswirbe­l auslösen.“Wird eine Verwaltung­sübertretu­ng festgestel­lt, droht eine Geldstrafe von bis zu 10.000 Euro. „Da würden sie wohl

lachen“, mutmaßt Dollinger. Insgesamt sind rund 35 Millionen Euro budgetiert, die Bauzeit ist auf zwei Jahre anberaumt.

Raumordnun­gslandesra­t Josef Schwaiger (ÖVP) hat die erneute

Kontrolle des Grundstück­sver

„Endlich werden solche Sachen ernst genommen.“SPÖ

kaufs durch die Grundverke­hrskommiss­ion angeregt. Es gehöre in diesem Fall genau geprüft und im Fall des Falls seien die Konsequenz­en zu ziehen. „Entweder es ist alles okay, ansonsten wird

man die Sache nicht einfach so stehen lassen. Frechheit siegt – das wird es jedenfalls nicht sein.“

Dollinger spricht von einem Offenbarun­gseid, die Landesregi­erung könne jetzt zeigen, ob sie tatsächlic­h Grünland-Deals von Investoren eindämmen wolle. Sie

habe eine Handvoll weiterer Fälle auf dem Zettel.

Landesrat Josef Schwaiger verweist auf das neue Raumordnun­gsgesetz. Dieses werde Anfang Oktober im Landtag vorgestell­t. Wer künftig Grünland kaufen wolle, der müsse ein 15-jähriges Bewirtscha­ftungskonz­ept

vorlegen. „Bei Nichteinha­ltung erfolgt eine Rückabwick­lung.“

Ab 1. Jänner 2023 werde es statt der großen und kleinen Grundverke­hrskommiss­ionen

eine mit rund zehn Beamten besetzte Landeskomm­ission geben. „Es wird ab sofort jeder Fall einheitlic­h bewertet – und wir werden das strengste Bundesland sein“, sagt Schwaiger.

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Die Arbeiten am Projekt „Hochthron neu“in Werfenweng laufen bereits.
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Karin Dollinger,
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BILD: SN/MARIA RIEDLER

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