Warum die SPÖ nach der Tiroler Wahl nur verhalten feiert
In Tirol könnten die Roten bald in der Regierung sitzen. Manchen Genossen bereitet das Wahlergebnis aber Kopfzerbrechen.
WIEN, INNSBRUCK. Auch wenn im einst tiefschwarzen Tirol die SPÖ
wahrscheinlich demnächst als Juniorpartner in einer Koalition mit der ÖVP sitzen wird, hätten sich die Genossen ein anderes Wahlergebnis gewünscht. Denn mit den schwachen Zugewinnen von nur
0,23 Prozentpunkten auf 17,48 Prozent bei der Landtagswahl und dem
Verlust des zweiten Platzes an die FPÖ kann niemand in der SPÖ wirklich zufrieden sein. Immerhin führen die Sozialdemokraten im Bund seit Wochen in den Umfragen vor der geschwächten ÖVP. Auch durch die tagespolitische Themenlage, also Inflations- und Energiekrise, kann die SPÖ den Druck auf die
politischen Mitbewerber erhöhen. Und tatsächlich haben es die Genossen in Tirol laut Wählerstromanalyse geschafft, viele Wählerinnen und Wähler von der ÖVP abzuwerben, nämlich 16.000. Allerdings verlor die SPÖ auch viele Unterstützer, und zwar an die Liste Fritz und an das Nichtwählerlager. An beide Lager verlor die SPÖ jeweils 6000 Stimmen. Wobei die SPÖ die einzige Partei ist, die mehr Wähler an die Nichtwähler verloren hat, als sie aus dieser Gruppe wieder zu den
Urnen gelockt hat. „Ich sage es ganz offen, ich hätte mir ein besseres
Wahlergebnis für Georg Dornauer gewünscht“, sagt etwa der Salzburger SPÖ-Chef David Egger. Bei einem Rundruf durch die roten Reihen gaben sich viele zurückhaltender. Aber auch in der Bundes-SPÖ klingt abseits der offiziellen Stellungnahme von Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch („Die SPÖ
hat seit 2013 zwei Mal in Folge Zugewinne erreicht“) durch, dass sich
viele in der SPÖ mehr erwartet hätten. „Wir konnten von der ÖVP Stimmen gewinnen, aber unser Zielpublikum nicht genügend mobilisieren. Das muss uns zu denken geben“, hört man etwa aus dem SPÖ-Klub. Und in der SPÖ-Zentrale
fürchten manche, dass auch auf Bundesebene jene Wähler, die sich von der Regierung abwenden, nicht
bei der SPÖ landen. Als Gegenstrategie will man noch stärker auf das
Thema Teuerung setzen. Aus den Bundesländern ist ebenfalls Unmut zu hören. „Die Bundespartei darf sich nicht nur auf die Städte konzentrieren, sondern muss auch im
ländlichen Bereich aktiver werben“, sagt ein SPÖ-Landespolitiker.
Und dann gibt es in der Sozialdemokratie auch jene Genossen, die etwas schadenfroh nach Tirol blicken. Immerhin galt Dornauer einst als Kritiker von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Und wieder andere
hoffen, dass „die parteiinternen Streitereien ein Ende haben, wir sehen, dass wir uns selbst schaden“.