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Gedichte von Theodor Kramer sind zu Liedern geworden.
SALZBURG. Was kann der Gesang anderes als das Sprechen? Eine Riege an Künstlern begibt sich dafür in einen noblen Wettstreit, und das anhand einiger Gedichte Theodor
Kramers. Diesem Lyriker ist zu Lebzeiten vieles an Ruhm versagt geblieben, weil erst sein Werk ab 1933 in Deutschland verboten war und er dann 1938 – als Verfolgter des NSRegimes – in die Emigration musste.
Jetzt erfolgt ein frischer Blick auf sechs Gedichte, denn der Komponist Shane Woodborne hat daraus Lieder gemacht, die am Donnerstag
und am Freitag erstmals in Salzburg zu hören sein werden. Für die Vertonung habe Shane Woodborne drei
große Lebensthemen Theodor Kramers ausgewählt, schildert der Germanist Karl Müller, der selbst einen Band mit Werken dieses Lyrikers
herausgegeben hat. Zwei Lieder spannen den Bogen von der Erinnerung an die Kindheit in Wien bis zu späten Jahren im britischen Exil. Zwei Lieder betonen die großen
Themen in Theodor Kramers Schaffen, nämlich nicht dem Lieblichen und Süßen, sondern dem Bitteren und Schmerzlichen auf den Grund zu gehen und den Außenseitern ein
Augenmerk zu geben. Und weitere zwei Lieder greifen die Erfahrung
der Vertreibung aus der dann arisierten Wohnung sowie die späte Rückkehr – erst 1957 – aus dem britischen Exil auf.
Eigentlich wäre zu vermuten, dass ein Text mit Musik und Gesang des jungen Salzburger Tenors Johannes Forster der bloßen Sprache sowieso den Rang abläuft. Damit
dies nicht so gewiss ist, wird eine exzellente Könnerin der Rezitation auftreten: Die Schauspielerin Julia Gschnitzer wird jene Gedichte lesen, die dann in Shane Woodbornes
Vertonung vorgetragen werden. Was ist eindringlicher?
Die Veranstaltung mit dem Titel „Nicht fürs Süße, nur fürs Scharfe und fürs Bittre bin ich da“setzt die uraufzuführenden
Lieder noch einem zweiten Wettstreit aus: Theodor Kramer stammte aus dem Weinviertel, ging in Wien in die Schule und
lebte nach dem Ersten Weltkrieg dort. Weil diese Gefühlslandschaft auch im Wienerlied eingefangen ist, werden die Volksmusikforscherin Maria Walcher und der Wienerlied-Experte Tommy Hojsa Lieder über dieselben Gefühle vortragen, wie Theodor
Kramer sie verdichtet hat – über Heimat, Vertreibung, Abschied
und Heimkehr. hkk
Konzert und Lesung: „Nicht fürs
Süße, nur fürs Scharfe und fürs Bittre bin ich da“, Gedichte von
Theodor Kramer, gelesen von Julia Gschnitzer, vertont von Shane
Woodborne. Donnerstag und Freitag, 29. und 30. September, jeweils 19.30 Uhr, Stadtbibliothek Salzburg, Panoramabar, Eintritt frei.
Anmeldung: 0662 8072 2450, stadtbibliothek@stadt-salzburg.at