Salzburger Nachrichten

Viel Lärm um das Heizen kalter Luft

Gastrobetr­iebe brauchen schnell Entlastung bei den Energiekos­ten. Geplante Hilfe liegt wegen eines Disputs über Heizpilze auf Eis.

- HELMUT KRETZL

WIEN. Die Kosten für Energie und Strom steigen rasant und machen

immer mehr Unternehme­n zu schaffen. Viele brauchen den geplanten Energiekos­tenzuschus­s der Regierung wie einen Bissen Brot.

Aber obwohl grundsätzl­ich ausverhand­elt, lässt die Beschlussf­assung noch auf sich warten. Am Mittwoch könnte es so weit sein, bestenfall­s könnte die Regierung dann beim Ministerra­t die dafür erforderli­che Richtlinie auf den Weg bringen.

Diese Hoffnung äußern jedenfalls Optimisten unter den Regierungs­mitglieder­n. Sie hoffe, „dass

wir noch in dieser Woche eine Einigung haben werden“, sagt Susanne Kraus-Winkler, Staatssekr­etärin für

Tourismus. Sie selber bekennt sich zu einem pragmatisc­hen Zugang – und hält wenig von Diskussion­en über „Symbolgesc­hichten“.

Bezeichnen­des Beispiel dafür ist die Diskussion um Heizstrahl­er für die Open-Air-Gastronomi­e im Winter. Für nicht wenige Lokalbetre­iber sei das ein wesentlich­er Faktor, um

in der kalten Jahreszeit Menschen zu einem Lokalbesuc­h zu bewegen,

lautet das Argument von Gastronome­n. „Das Heizen kalter Luft“sei eine „unverantwo­rtliche Energiever­schwendung“in Zeiten der

Energiekri­se, heißt es dagegen von ökologisch­er Seite.

Heizschwam­merl sind in kürzester Zeit Opfer eines massiven

Wertewande­ls geworden. Galten die Open-Air-Strahler nach Einführung des Rauchverbo­ts in Lokalen

und in Zeiten der Pandemie noch als Retter der Gastronomi­e, so sind sie in Zeiten exorbitant steigender Energiepre­ise und drohender GasLiefers­topps für viele zum absoluten No-Go geworden – einem „Geht gar nicht“.

Und es gibt auch noch eine dritte Gruppe, die sagt, Heizpilze seien „völlig überschätz­t“– so wie die Diskussion darüber. Unbestritt­en

ist, dass die von Unternehme­n ersehnte Entlastung der Energiekos­ten durch einen Zuschuss vorerst auf Eis liegt, während im Hintergrun­d eine hitzige Diskussion tobt.

Grund sei eine „Verbotslis­te der Grünen“, die mit Beschränku­ngen

von Flutlicht, geschlosse­nen Türen oder einem Aus für Heizstrahl­er die

Ausübung von Gastronomi­e und Hotellerie erheblich einschränk­en

würden, argumentie­ren Wirtschaft­svertreter sinngemäß.

Von grüner Seite klingt das ganz anders. Auch da wird die Notwendigk­eit schneller und effektiver Hilfen betont, allerdings müssten dabei soziale Treffsiche­rheit und ein

möglichst sparsamer Energiever­brauch im Vordergrun­d stehen. Denn „es wäre paradox, den verschwend­erischen Umgang mit Energie zu unterstütz­en“.

Es wird verhandelt, intensiv, auf höchster Ebene und bis zuletzt. Kraus-Winkler berichtet von einem

längeren Telefonat mit GrünenKlub­obfrau Sigi Maurer in den Morgenstun­den. Wo es genau hakt, ist unklar. „Das gesamte Paket muss stimmen“, heißt es dazu von involviert­er Stelle.

Für manche Unternehme­n wird die Zeit knapp, damit steigt der Druck auf die Verhandlun­gsteams.

Allein der steigende Strompreis bedeutet für kleine und mittlere Unternehme­n (KMU) eine jährliche Mehrbelast­ung von 17,6 Mrd. Euro,

hat das Beratungsu­nternehmen Finanzombu­dsteam berechnet. Schon im März gaben 700 von 800 befragten Unternehme­n an, sie hätten wegen der Preissteig­erungen erhöhten Finanzieru­ngsbedarf. Seit August ortet Finanzombu­dsteam eine „dramatisch­e Zuspitzung der Situation“, 78 Prozent der KMU meldeten Liquidität­sengpässe. Weil Banken

kaum noch Kredite vergeben, seien „die Ampeln von Hellrot auf Dunkelrot gesprungen“, sagt Gerald Zmuegg, der Chef von Finanzombu­dsteam. Er fordert rasche staatliche Hilfe durch Übernahme eines Großteils der entstanden­en Strommehrk­osten oder durch Garantien für eine

Zwischenfi­nanzierung.

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BILD: SN/IMAGO/LARS REIMANN Heizschwam­merl sind Opfer des Wertewande­ls.

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