Kaffee: Gesundheitsrisiko oder Lebensverlängerung?
Erhöht den Blutdruck und ist krebserregend versus Kaffee verlängert das Leben: Die gängigen Annahmen zu den gesundheitlichen Folgen des Getränks könnten unterschiedlicher kaum sein. Den größten Kaffeemythen auf der Spur.
SALZBURG. Lange Zeit warnten Mediziner, Kaffee entwässere den
Körper, erhöhe den Blutdruck und schädige das Herz. Aber gute Nachrichten für Kaffeeliebhaber: Die
psychoaktive Substanz kann wortwörtlich zum Lebenselixier werden. Laut mittlerweile mehreren Studien senkt Kaffeekonsum das Sterberisiko. Gut für Frau und Herrn Österreicher, denn im Durchschnitt trinkt
jeder Erwachsene in diesem Land rund drei Tassen Kaffee täglich. Pro Jahr sind das fast acht Kilogramm Kaffee pro Person.
Wie eine neue Studie bestätigt, sind diese drei Tassen eine günstige
Menge: Ein Team um den chinesischen Epidemiologen Chen Mao
von der Südlichen Medizinischen Universität in Guangzhou kam zu dem Schluss, dass jene Personen, die 1,5 bis 3,5 Tassen Kaffee pro Tag tranken, ein um bis zu 30 Prozent
geringeres Sterberisiko während des Studienzeitraums hatten als diejenigen, die keinen Kaffee tranken. Probanden, die etwa drei Tassen pro Tag tranken, hatten das geringste Mortalitätsrisiko.
Den anderen gängigen Mythen zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Kaffee gehen die SN mit Friedrich Hoppichler, Facharzt für innere Medizin im Krankenhaus Barmherzige Brüder Salzburg, auf den Grund.
Ja und nein – Hoppichler erläutert, dass regelmäßiger Koffeinkonsum zu einer Gewöhnung und Toleranzentwicklung führe. Die wiederholte
Verdrängung des Adenosins an den Rezeptoren führt zu der vermehrten Ausbildung weiterer Adenosinrezeptoren, wodurch mehr Koffein
benötigt wird. Nach 12 bis 24 Stun
1. Kaffee macht wach und steigert die Leistung. Internist
Hoppichler bestätigt, dass Koffein die Nervenweiterleitung im Gehirn
beschleunigt, wodurch Konzentration und Leistungsfähigkeit angeregt werden. Folglich fühlen wir uns wacher. Koffein ist ein sogenannter
Adenosinantagonist. Adenosin drosselt Neurotransmitter, die in den Synapsen für die Weiterleitung eines Nervenreizes zuständig sind.
Koffein hemmt das Adenosin, woraufhin vermehrt Neurotransmitter ausgeschüttet werden. Dadurch wird die Erregungsweiterleitung von Nervenimpulsen erleichtert.
2. Täglicher Kaffeekonsum macht süchtig.
den Kaffeeabstinenz können daher
bei regelmäßigen Kaffeetrinkern Entzugssymptome wie Kopfschmerzen und Schläfrigkeit auftreten. Koffein ist dennoch keine suchtauslösende Substanz, da es
das suchtverstärkende Belohnungszentrum im Gehirn nicht aktiviert.
3. Kaffee entwässert und trocknet den Körper aus.
Die entwässernde Wirkung wurde
wissenschaftlich widerlegt. In Studien konnte gezeigt werden, dass
bei Kaffeekonsum 84 Prozent der aufgenommenen Flüssigkeit innerhalb
eines Tages wieder über den Urin ausgeschieden werden. Bei reinem Wasserkonsum sind es 81 Prozent – ein vernachlässigbarer Unterschied.
4. Regelmäßiger Kaffeekonsum erhöht den Blutdruck.
Hoppichler erklärt: „Koffein erweitert die Koronargefäße und stimuliert die Ganglien des Reizleitungssystems.“Dadurch steigert der
Herzmuskel seine Pumparbeit, das Blut zirkuliert schneller und erhöht den Blutdruck kurzfristig. Das flüchtige Plus stellt aber kein erhöhtes Risiko für koronare Herzkrankheiten und Herzinfarkte dar.
5. Koffein erhöht den Cholesterinspiegel.
Laut Hoppichler erhöht das im Kaffee enthaltene Koffein den Cholesterinspiegel nicht. Allerdings gibt es Hinweise, dass die Diterpene (Naturstoffe) Cafestol und Kahweol eine Auswirkung auf den Cholesterinspiegel haben. Diese chemischen
Verbindungen gehen bei Filterkaffee nur in geringer Menge in den Kaffeeaufguss über und finden sich in höchster Konzentration im aufgebrühten ungefilterten Getränk und in Espressi.
6. Täglicher Kaffeekonsum führt zu Magenproblemen.
Das widerlegt Hoppichler anhand einer japanischen Studie. Dabei
wurde die Wirkung von Kaffeekonsum auf vier Erkrankungen gemessen, bei denen die Magensäure eine
Hauptrolle spielt: Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre, die Refluxkrankheit und Refluxösophagitis. Es wurde kein Einfluss des Kaffeekonsums auf die Krankheiten festgestellt.
7.
Das stimmt. Eine Studie mit einer
halben Million Probanden aus Großbritannien zeigte, dass die Kaffeetrinker im Vergleich zu den Kaffeeabstinenten ein um 21 Prozent reduziertes Risiko für eine chronische Lebererkrankung haben. Auch das Risiko, eine Fettleber zu entwickeln, sinkt bei drei bis vier
Tassen Kaffee pro Tag um 20 Prozent.
Kaffee hilft gegen Entzündungen in der Leber. 8. Kaffee hilft gegen Migräne.
Laut Hoppichler wird das kontrovers diskutiert: einerseits als Auslöser von Migräneattacken, andererseits als Teil der Behandlung. Gene
rell kann übermäßiger Koffeinkonsum zu einer Chronifizierung der Migräne führen und plötzlicher
Koffeinentzug kann Migräneattacken auslösen. Migränepatienten sollten daher 200 Milligramm pro Tag (rund zwei Tassen Filterkaffee) nicht überschreiten. Koffein allein oder als Wirkstoffkomponente von Schmerzmitteln ist aber sicher und
wirksam im Kampf gegen akute Migräne.
9. Täglicher Kaffeekonsum erhöht das Krebsrisiko.
Das Gegenteil ist der Fall: Im Vergleich zu Nicht-Kaffeetrinkern hatten laut einer Studie diejenigen, die am meisten Kaffee tranken – mehr als vier Tassen pro Tag –, ein um 20 Prozent geringeres Risiko für bösartigen Hautkrebs (malignes Melanom), nicht aber für das Frühstadium eines malignen Melanoms. Dies könnte auf unterschiedliche Krankheitsursachen oder eine hemmende Rolle des Kaffees beim Fortschreiten der Krankheit hinweisen.
10. Kaffeetrinker leben länger.
Hoppichler beschreibt, dass dies mehrere Studien verifizierten. Im
Vergleich zu Nicht-Konsumenten hatten die Teilnehmer einer Studie
von 2017 im höchsten Quartil des Kaffeekonsums eine deutlich niedrigere Gesamtmortalität. Eine weitere Studie zeigte, dass regelmäßiger Kaffeekonsum – insbesondere zwei bis drei Tassen pro Tag – mit einem geringeren Risiko von Herzrhythmusstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und kardiovaskulärer Sterblichkeit in Verbindung gebracht wird.
Generell gilt für einen gesunden Erwachsenen eine Aufnahmemenge von 200 Milligramm als Einzeldosis (rund zwei Tassen Kaffee) und 400 Milligramm über den Tag verteilt als unbedenklich.