Salzburger Nachrichten

Es fehlt an Qualität, um die Topteams zu bezwingen

Der zweite Lehrgang unter Ralf Rangnick war ernüchtern­d. Dem ÖFB-Team wurden die Grenzen deutlich aufgezeigt.

- THOMAS GOTTSMANN

WIEN. Nach klaren Niederlage­n gegen Frankreich (0:2) und Kroatien (1:3) muss das österreich­ische Fußball-Nationalte­am aus der Gruppe A der Nations League absteigen. Die SN analysiere­n die Baustellen im ÖFB-Team und zeigen auf, was

fehlt, um mit den Topnatione­n dauerhaft mithalten zu können.

Kein Top-Torhüter: Nach dem Kroatien-Spiel ist die Tormannfra­ge

wohl endgültig geklärt. Heinz Lindner machte bei der 1:3-Pleite nicht die beste Figur und ist nun im

Kampf mit Patrick Pentz klar im Hintertref­fen. Doch auch der Salzburger, der beim französisc­hen Nachzügler Reims zuletzt nur auf der Bank saß, ist von internatio­naler Klasse (noch) ein Stück weit entfernt. Seine fußballeri­schen Fähigkeite­n sind zwar außergewöh­nlich, aber bei hohen Bällen und auf der Linie hat der 25-Jährige noch Verbesseru­ngspotenzi­al.

Es ist zwar nicht so, dass Österreich ein akutes Tormannpro­blem

hat, ein Yann Sommer (Schweiz), Kasper Schmeichel (Dänemark) oder Péter Gulácsi (Ungarn) steht Rangnick jedoch nicht zur Verfügung. Diese Goalies haben aber großen Anteil daran, dass diese „kleineren“Fußball-Nationen regelmäßig für Überraschu­ngen sorgen können. In Österreich ist so ein

Weltklasse-Rückhalt derzeit leider nicht in Sicht.

Außenverte­idiger fehlen: Die wohl

größte Baustelle im ÖFB-Team sind die Außenverte­idiger. Zu den beiden Oldies Christophe­r Trimmel (35) und Andreas Ulmer (36), die ein

Ablaufdatu­m haben, gibt es keine ernsthafte­n Alternativ­en. Zudem

fehlt Trimmel, im Gegensatz zu Ulmer,

gegen internatio­nale Topspieler das nötige Tempo. Rangnick ist sich auch bewusst, dass die Außenverte­idigung eine der größten Problemzon­en ist. Eine wirkliche Lösung hat der Deutsche aber noch

nicht gefunden. Vielleicht greift er in Zukunft öfters zur Dreierkett­e, die gegen Kroatien über eine Stunde sehr gut funktionie­rt hat. Erst die

Umstellung auf Viererkett­e brachte das Nationalte­am im letzten Nations-League-Spiel auf die Verlierers­traße.

Kein Torjäger in Sicht: Dass Österreich aber auch an vorderster Front

Probleme hat, war am Sonntag in

Wien deutlich zu sehen. Während die Kroaten drei ihrer wenigen Torchancen eiskalt verwerten konnten,

ließen Marko Arnautovic und Christoph Baumgartne­r in der ersten Halbzeit Topmöglich­keiten liegen. Arnautovic, der seit Sonntag mit 104 Einsätzen Österreich­s Rekordteam­spieler ist, spielte gegen die Kroaten zwar deutlich besser als ein paar Tage zuvor gegen Frankreich, aber es wurde wieder einmal deutlich, dass sich auch der ItalienLeg­ionär in wichtigen Spielen mit dem Toreschieß­en schwertut.

Mit Michael Gregoritsc­h und Karim

Onisiwo hat Rangnick zwar zwei weitere Angreifer zur Verfügung, die in der deutschen Bundesliga regelmäßig für Aufsehen sorgen. Gegen internatio­nale Topgegner sieht aber auch dieses Duo selten gut aus. Bitter ist, dass mit Sasa Kalajdzic ein talentiert­er Angreifer, der in den kommenden Jahren zu einem Topstürmer reifen kann, wegen eines Kreuzbandr­isses lange fehlen wird.

Zu wenig Tempo: Der Fußball hat sich in den vergangene­n Jahren zu einem reinen Tempospiel entwickelt. Mannschaft­en, die auf den

Außenbahne­n, aber auch im zentralen Mittelfeld über schnelle Spieler verfügen, sind klar im Vorteil. Das hat Red Bull Salzburg schon vor einigen Jahren erkannt und setzt fast ausschließ­lich auf Spieler mit

Tempo. Nur mit solchen Kickern ist der offensive Pressingfu­ßball umsetzbar. Rangnick wollte die RedBull-Philosophi­e auch im Nationalte­am einführen: Doch mit dem aktuellen Spielermat­erial ist das nur schwer möglich. Österreich verfügt derzeit eigentlich nur über zwei

Spieler, die mit ihrer Schnelligk­eit auch internatio­nal mithalten können. Christoph Baumgartne­r, der

gegen Kroatien stark spielte, und Konrad Laimer, der im zweiten Rangnick-Lehrgang verletzt fehlte.

Während Frankreich und Kroatien mit ihren schnellen Außenbahns­pielern immer Druck machen können, kann das ÖFB-Team mit seinen Flügelspie­lern nur wenige Gegner

gefährden.

Anspruch und Wirklichke­it: Nur

wenn Rangnick diese Problemzon­en in den kommenden Monaten in den Griff bekommt, kann er den

Abstand zur Weltspitze verringern. Doch auch der Deutsche ist, wie sein Vorgänger Franco Foda, kein

Zauberer, sondern kann nur mit dem Material arbeiten, das ihm zur

Verfügung steht. Und vielleicht muss sich die Öffentlich­keit damit abfinden, dass die aktuelle Nationalma­nnschaft keine goldene Generation ist, sondern die Qualität doch nicht ausreicht, um gegen

Teams wie Frankreich oder Kroatien dauerhaft bestehen zu können.

 ?? BILD: SN/APA ?? Marcel Sabitzer (l.) und Marko Arnautovic waren nach der 1:3-Niederlage gegen Kroatien geknickt.
BILD: SN/APA Marcel Sabitzer (l.) und Marko Arnautovic waren nach der 1:3-Niederlage gegen Kroatien geknickt.

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