Salzburger Nachrichten

Prominente Bürgermeis­ter hören auf

Mit Wolfgang Viertler und Georg Gappmayer verlassen zwei politische Schwergewi­chte die Bühne. Die Nachfolge ist in beiden Fällen ungeklärt.

- ANTON KAINDL MICHAEL MINICHBERG­ER

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MITTERSILL, TAMSWEG. Nach 20

Jahren als Bürgermeis­ter von Mittersill wird Wolfgang Viertler bei der Gemeindewa­hl 2024 nicht

mehr antreten. Das ist auch das Ende seiner Liste VIERT. Die politische­n Karten in der größten Gemeinde des Oberpinzga­us werden völlig neu gemischt.

Viertler (61) sagt, sein Rückzug sei definitiv. Dafür gibt es mehrere Gründe. Er sagt, es sei heute schwierig, Leute für Führungspo­sitionen zu finden. „Das überlegt sich jeder genau. Man wird immer öfter angezeigt und muss sich ständig mit irgendwelc­hen

Vorwürfen auseinande­rsetzen. Das brauche ich nicht mehr.“Nach 20 Jahren habe man viel Erfahrung und wohl nicht alles falsch gemacht, sonst wäre man nicht gewählt worden. „Aber es

gibt auch eine gewisse Abnützung und Starrheit. Ich bin ein

Verfechter des Südtiroler Modells, wo die Amtszeit auf höchstens drei Perioden beschränkt ist.“Auch aus gesundheit­lichen und familiären Gründen will Viertler kürzertret­en.

Viertler gewann 2004 als Kandidat der FPÖ überrasche­nd in der Stichwahl gegen den regierende­n Bürgermeis­ter Roman Oberlechne­r (SPÖ). Als sich 2005 die FPÖ spaltete, trat Viertler aus der Partei aus. Um bei der Gemeindewa­hl 2009 antreten zu

können, benötigte er eine Liste und gründete die Liste VIERT, die ein Zusammensc­hluss von Unab

hängigen, der ÖVP und der FPÖ ist. „Ob es weiter ein Bündnis gibt oder nicht, wird man nächstes

Jahr sehen“, sagt der Bürgermeis­ter. „Es gibt Gespräche. Da will ich nicht vorgreifen.“Den Namen Liste VIERT werde es nicht mehr geben.

Neben der Liste VIERT zogen bei der Wahl 2019 auch die SPÖ und die Neos in die Gemeindeve­rtretung

ein. Auch dort werden die Karten neu gemischt. Teile der SPÖ-Fraktion sagten sich von der Landespart­ei los, weil ihnen die beim Six-Senses-Projekt auf dem Pass Thurn in den Rücken

gefallen ist. Die Ortspartei hatte das Projekt von Anfang an vorangetri­eben. Die Mittersill­er Neos

wiederum haben wegen Streitigke­iten bei der Landespart­ei diese geschlosse­n verlassen und treten nun als „Perspektiv­e Mittersill“auf.

Der Tamsweger Bürgermeis­ter Georg Gappmayer (ÖVP) gab am Montag seinen baldigen Rückzug

bekannt. Spätestens mit der Wahl 2024 werde seine politische Laufbahn enden. Das kommt durchaus überrasche­nd, Gappmayer sitzt fest im Sattel, gilt als beliebt

und umsetzungs­stark. Mit 57 Jahren ist auch die Pension noch ein Stück entfernt. „Es ist einfach der

richtige Zeitpunkt nach elf Jahren

als Bürgermeis­ter.“Er gehe nicht, weil er müsse, sagt Gappmayer, der dafür bekannt ist, kaum eine Veranstalt­ung zu verpassen. Er freue sich schon jetzt auf eine Rückkehr in seinen Beruf als Musikum-Lehrer und auf mehr Zeit für Privates.

Einen Nachfolger bzw. eine Nachfolger­in präsentier­te die

Tamsweger ÖVP vorerst nicht. „Es laufen gute Gespräche, bis zur

Bekanntgab­e werden wahrschein­lich noch einige Monate

vergehen“, sagt Gappmayer (56), der 2012 Alois Lankmayer beerbte. Dieser zog sich während der

laufenden Periode zurück, was eine Neuwahl erforderli­ch machte. „Das wird diesmal nicht passieren.“Er werde zumindest bis Mai 2023 bleiben. Im letzten Jahr vor der Wahl kann die Gemeindeve­rtretung per Mehrheitsb­eschluss einen neuen Bürgermeis­ter bzw. eine Bürgermeis­terin einsetzen. Dieses Vorgehen dient auch dazu, vor der Wahl einen Amtsbonus aufzubauen.

Für viele Beobachter gilt Vizebürger­meister Harald Moser als logischer Kandidat. Der Unternehme­r und ehemalige Fußballpro­fi

ist im Lungauer Bezirksort

bestens vernetzt und übernahm zuletzt immer wieder öffentlich­e Termine. Nach seinen Ambitionen befragt, gibt sich Moser zurückhalt­end. „Es gibt dazu noch

kein klares Ja oder Nein.“Fakt sei, dass er Verantwort­ung für eine Firma mit 20 Mitarbeite­rn trage

und Tamsweg einen VollzeitOr­tschef

„Die andauernde­n Vorwürfe und Anzeigen brauche ich nicht mehr.“Wolfgang Viertler, Bgm. Mittersill „Ich gehe nicht, weil ich muss, sondern weil es der richtige Zeitpunkt ist.“Georg Gappmayer, Bgm. Tamsweg

brauche. Als Absage

wolle er das aber nicht verstanden wissen. Im selben Atemzug

verweist Moser auf mehrere geeignete Personen in den Reihen der ÖVP.

Im Ort wird auch Thomas Krist als Kandidat gehandelt. Der Geschäftsf­ührer des Lungauer Baumeister­betriebs Ehrenreich ist Mandatar in der Gemeindeve­rtretung. Er winkt auf Nachfrage ab: „Das ist ein sehr großes Gerücht, dieses Amt kommt für mich mit hundertpro­zentiger Si

cherheit nicht infrage. “Er leite eine Firma mit 160 Mitarbeite­rn, Bürgermeis­ter von Tamsweg könne man aber nicht nebenbei sein.

Den eigenwilli­gen Zeitpunkt der öffentlich­en Bekanntgab­e und die Zurückhalt­ung in der Nachfolgef­rage

wollen Gappmayer und Moser nicht als Schwäche gedeutet

wissen. „Wir werden eine perfekte Lösung für Tamsweg präsentier­en“, sagt Moser. Eine Situation wie in anderen Orten, in denen letztlich niemand zur Kandidatur bereitstan­d,

werde es sicher nicht geben, sagt Gappmayer. „Es ist jetzt Zeit für Gespräche und wir

wollten das nicht im stillen Kämmerlein machen. Vielleicht melden sich ja noch Freiwillig­e.“

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2012 Ortschef in Tamsweg, Wolfgang Viertler (r.) sitzt seit dem
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BILDER: SN/LMZ/KAINDL Georg Gappmayer (l.) ist seit 2012 Ortschef in Tamsweg, Wolfgang Viertler (r.) sitzt seit dem Jahr 2004 im Chefsessel des Mittersill­er Rathauses.
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