Putin ist nur mit Stärke beizukommen
Auch am Tag, als die Farce der Referenden in der Ukraine endete, drohte Russland mit Atomwaffen. Wie lässt sich die Eskalationsspirale bremsen?
Besser hätte man den Krieg in der Ukraine nicht auf den Punkt bringen
können, als dies US-Außenminister Antony Blinken jüngst im UN-Sicherheitsrat tat: „Wenn Russland aufhört zu
kämpfen, ist der Krieg zu Ende. Wenn die Ukraine aufhört zu kämpfen, ist die Ukraine am Ende.“
So klar und ernüchternd zugleich ist derzeit auch die Realität: Ein Ende des Krieges ist alles andere als in Sicht. Der
russische Präsident Wladimir Putin dreht weiter an der Eskalationsspirale
und wirft wie ein schwer angeschlagener Boxer noch einmal alles in den Kampf, was er zu bieten hat. Mit der auch am Dienstag wiederholten Drohung, Atomwaffen einzusetzen. Mit der Teilmobilmachung von Soldaten. Und mit Scheinreferenden über eine Annexion, die am Dienstag in den besetzten Regionen im Osten und Süden der Ukraine zu Ende gegangen sind.
Es ist an Zynismus nicht zu überbieten, zunächst ein unabhängiges Land zu überfallen, sich Teile davon einzuverleiben, im selben Atemzug so zu tun, als werde man selbst angegriffen, und dann auch noch die Atomkeule zu schwingen. Das Alarmierende an dieser Situation ist, dass weltweit hochrangige Militärs und Politiker Putin inzwischen in seiner
völligen Unberechenbarkeit alles zutrauen. Umso mehr kommt es daher jetzt
für die Ukraine und den Westen darauf an, mit Stärke zu antworten. Die USA
ließen denn auch keine Zweifel offen: Die Konsequenzen bei einem Einsatz nuklearer Waffen wären „außerordentlich“und „real“.
Das Gleichgewicht des Schreckens bewahrte die Welt seit dem Zweiten Weltkrieg vor dem Einsatz von Atomwaffen. Das Wissen, wenn der eine losschlägt,
wird der andere mit gleicher Macht zurückschlagen, bremste die Atommächte ein. Daher ist unausweichlich: Der Westen muss die Ukraine weiter unterstützen – militärisch, finanziell, politisch.
Alles andere wäre nicht nur ein Verrat an den eigenen Werten, sondern würde den russischen Präsidenten nur ermutigen, seine imperialistischen Fantasien
weiter zu verfolgen. Nur so können die Chancen auf einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen wachsen. Der Druck auf Putin dazu wird größer, auch
von Staatenführern wie aus China oder Indien, die ihm grundsätzlich wohlgesinnt sind, aber keine weitere Eskalation dieses Konflikts wollen.
Das Paradoxe ist: Um eine weitere Eskalation in diesem Krieg gegen die
Ukraine zu vermeiden, kann man gerade in der eigenen Eskalation der Mittel
nicht nachlassen.