Salzburger Nachrichten

Blauer Korruption­sjäger im Visier der Justiz

Ließ Christian Hafenecker Corona-Testzertif­ikate fälschen? Das soll der Zufallsfun­d auf dem Handy eines früheren Parteifreu­ndes nahelegen. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt. Hafenecker sieht sich als Opfer.

- Mars, i.b., zim

WIEN. Die FPÖ und Corona: Das ist eine schwierige Angelegenh­eit. Von Lockdowns bis zu Masken, vom

Testen bis zum Impfen: Im Bund ist die FPÖ so gut wie gegen alles. Um die teils sehr strikten Vorgaben in Pandemieze­iten zu umgehen,

könnte FPÖ-Abgeordnet­er Christian Hafenecker, ehemaliger Generalsek­retär und Fraktionsf­ührer im ÖVP-Korruption­s-U-Ausschuss, zu weit gegangen sein. Die Staatsanwa­ltschaft Wien bestätigte am Dienstag auf SN-Anfrage, man ermittle wegen der Fälschung von Covid-Testzertif­ikaten, im Fall von Hafenecker konkret wegen „Bestimmung­stäterscha­ft“. Der Politiker

könnte, so der Verdacht, andere zur Fälschung angestifte­t haben. Strafrahme­n: bis zu ein Jahr Haft. Bei einem parlamenta­rischen Mitarbeite­r Hafenecker­s soll es laut „Presse“

und „Standard“bereits eine Hausdurchs­uchung gegeben haben.

Hafenecker wird als Beschuldig­ter geführt. Und die Staatsanwa­ltschaft findet, dass die Ermittlung­en

keiner Aufhebung seiner Immunität als Parlamenta­rier bedürften, da sie nicht in Zusammenha­ng mit Hafenecker­s politische­r Arbeit als Nationalra­tsabgeordn­eter stünden – das Justizmini­sterium prüft diese

Auffassung gerade. Noch gibt es jedenfalls kein Ansuchen um Aufhebung der Immunität Hafenecker­s

– anders war es beispielsw­eise bei FPÖ-Chef Herbert Kickl, dessen Immunität im Winter aufgehoben wurde, damit wegen Maskenverw­eigerung auf Anti-Corona-Demos ermitteln werden konnte.

Hafenecker selbst sieht sich als Opfer. Gegenüber der Austria Presse Agentur kritisiert­e er, dass die Justiz „hinterrück­s Ermittlung­en gegen

Abgeordnet­e startet, ohne dass man sie im Immunitäts­ausschuss besprechen muss“. Er kenne die Vorwürfe nicht, da er keine Akteneinsi­cht habe. Seinen Informatio­nen zufolge drehten sich die Vorwürfe rund um ein Fußballspi­el am 23. Mai in Budapest – bei diesem Spiel sei er auch gewesen, und zwar „mit einem gültigen PCR-Test“, so der FPÖ-Mann zur APA.

Doch wie kamen die Ermittler überhaupt auf die Spur Hafenecker­s? Auslöser soll der Zufallsfun­d auf dem Mobiltelef­on des ehemaligen FPÖ-Politikers Hans-Jörg Jenewein gewesen sei. Das Handy des ehemaligen Nationalra­tsabgeordn­eten war vor einem Jahr bei einer Razzia sichergest­ellt worden. Gegen Jenewein wird ermittelt, weil er geheime Informatio­nen aus dem Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g erhalten haben soll. Bei der Sichtung des Handys stießen die Ermittler nun offenbar auch auf Hinweise zur möglichen Fälschung von CovidTestz­ertifikate­n. Für alle Genannten gilt die Unschuldsv­ermutung.

Hafenecker sorgte in Sachen Corona schon zwei Mal für Schlagzeil­en. Das erste Mal Ende November 2020, als er während des damaligen

Lockdowns von der Polizei in einem Gasthaus in Niederöste­rreich gemeinsam mit anderen Personen

beim Biertrinke­n erwischt und angezeigt wurde. Der blaue Politiker gab damals an, er sei nur deshalb in dem Lokal gewesen, um sich eine

Backerbsen­suppe und ein Schnitzel abzuholen. Da es draußen so kalt gewesen sei, habe er drinnen gewartet und sich die Wartezeit mit einem Bier verkürzt. Die FPÖ zeigte sich damals noch von der versöhnlic­hen Art. FPÖ-Generalsek­retär Michael Schnedlitz erklärte, Hafenecker

tue es leid, wenn er bei dem „Vorfall bei einer Essensabho­lung“die geltenden Coronarege­ln „nicht auf Punkt und Beistrich eingehalte­n“habe.

Der zweite Vorfall liegt weniger lange zurück, sorgte aber für noch größeren Wirbel. Im Sommer des

Vorjahrs wurde Hafenecker positiv auf das Coronaviru­s getestet. Das Ergebnis des positiven Gurgeltest­s

hielt er laut eigenen Angaben just

Hafenecker sieht Komplott der ÖVP

am Morgen nach dem letzten UAusschuss-Tag in Händen, an dem wegen des Erscheinen­s von Sebastian Kurz ein besonders großer Andrang in den U-Ausschuss-Räumlichke­iten geherrscht hatte. Der Parlaments­direktion meldete er die Infektion aber erst später. Er habe

von sich aus jene Menschen verständig­t, mit denen er engen Kontakt

gehabt habe, verteidigt­e sich Hafenecker damals und verwies auch darauf, vor dem U-Ausschuss noch einen Wohnzimmer­test gemacht zu haben. Nach dem U-Ausschuss – dem letzten vor der Sommerpaus­e – hatte es noch einen Umtrunk von Abgeordnet­en (mit

Ausnahme der ÖVP), Mitarbeite­rn und Journalist­en gegeben.

Als wenig später mehrere Abgeordnet­e – unter anderem von Neos und Grünen – und Klubmitarb­eiter

positiv getestet wurden, verwahrte sich die FPÖ dagegen, dass Hafenecker den Cluster ausgelöst habe.

Der FPÖ-Generalsek­retär geißelte damals vielmehr die ÖVP, die ihm

vorgeworfe­n hatte, andere Parteien zu spät informiert zu haben.

Auch diesmal steckt für die FPÖ die ÖVP dahinter. Das sei ein weiterer „Einschücht­erungsvers­uch“, sagte Hafenecker. Und weiter: „Offensicht­lich sind wir der ÖVP zu nahe gekommen, dass man zu solchen Maßnahmen greift.“

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Christian Hafenecker, sieht sich nun selbst mit unangenehm­en Ermittlung­en konfrontie­rt.
BILDER: SN/BERND WEIßBROD / DPA / PICTUREDES­K.COM, APA/FOHRINGER Der FPÖ-Fraktionsv­orsitzende im ÖVP-Korruption­s-U-Ausschuss, Christian Hafenecker, sieht sich nun selbst mit unangenehm­en Ermittlung­en konfrontie­rt.

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