Vergoldete Holzäpfel färben den Klang einer Tischorgel
Ein neues Festival der Paul-Hofhaymer-Gesellschaft pflegt Musik aus Mittelalter, Renaissance und Gegenwart.
SALZBURG. Was für fantastische Äpfel werden bald klingen! Dass ihre
hölzernen Schalen nur zwei bis drei Millimeter dünn würden, könne die
beste digitale CNC-Maschine nicht erreichen, beteuert der Orgelbauer Christian Kögler aus St. Florian. Dafür brauche man einen an traditionellen Geräten versierten, gefühlvollen Drechsler. Christian Kögler hat dieses Instrument bisher vier Mal gebaut – unter anderem für das
Technische Museum Wien, das Land Oberösterreich und zuletzt im Auftrag einer belgischen Stiftung.
Vorbild dafür ist der Holzstich „Kaiser Maximilian die Messe hörend“aus 1518. Darauf ist vermutlich der aus Radstadt stammende, an europäischen Höfen – etwa vor
Kaiser Maximilian I. und Salzburgs Erzbischof Matthäus Lang – musizierende Komponist Paul Hofhaymer an so einem Apfelregal zu sehen. Um dieses Instrument nachzubauen, habe er andere Orgeln dieser Zeit studiert und entsprechendes Material verwendet – Rinderknochen, Holz einer 10.000 Jahre alten Mooreiche, Leder, Pergament
und Knochenleim, schildert Christian Kögler. Und sogar: Die neuen
vergoldeten Resonanzkugeln sind aus Apfelholz – altem und gut abgelegenem, damit es dem Drechseln standhält. In der Renaissance habe
es eine Vielfalt reisetauglicher Instrumente gegeben – jedes mit anderen Klangfarben. Das Apfelregal sei auch im Freien gut zu vernehmen, jedenfalls fülle es „riesige Kirchen“und sei auch in kleinen Räumen „angenehm zu hören“.
Der Organist und Alte-MusikExperte Peter Waldner ist Spezialist
für diese Tischorgel. Er wird sie am Sonntag, 2. Oktober, in der ErhardKirche im Nonntal spielen. Er sei gespannt auf den Klang des Instruments, beteuert Philipp Lamprecht, Obmann und Künstlerischer Leiter der Internationalen Paul-Hofhaymer-Gesellschaft. Ein Regal klinge typischerweise nasal; er vermute, dass die Äpfel den Klang einfärben.
Sechs Konzerte zu einem Festival geballt
Das Apfelregal-Konzert ist eine Delikatesse bei den Festtagen Alter
und Neuer Musik der HofhaymerGesellschaft von 29. September bis 2. Oktober. Damit ballt diese Vereinigung zur Förderung von Musik aus Mittelalter, Renaissance und
Gegenwart sechs Konzerte zu einem herbstlichen Festival. Zur Eröffnung am Donnerstag wird erstmals in Salzburg die originale „Carmina Burana“von etwa 1230 gespielt (populär ist ja Carl Orffs Komposition aus 1935/36). Der musikalische Leiter Norbert Rodenkirchen,
der auch Traversflöten und Harfe spielt, hat dafür alte Neumenschrift
neu transkribiert und für heutige Musizierpraxis eingerichtet.
Am Samstag sind Gesänge der byzantinischen Äbtissin Kassia aus dem 9. Jahrhundert sowie heutiger Komponisten zu hören. Ein Höhepunkt wird am Sonntagvormittag in der Berchtoldvilla die Präsentation der CD mit bisher unzugänglichem
Repertoire des Mönchs von Salzburg, das Philipp Lamprecht und Anne-Suse Enßle rekonstruiert haben. Dies ist der 21. Teil der 2014 begonnenen Gesamtaufführung der
Werke dieses Salzburgers aus dem späten 14. Jahrhundert. Nach Werkeditionen und Aufnahmen vor 20 oder 30 Jahren sowie dank Digitalisierungen von Handschriften in den Staatsbibliotheken von Österreich und Bayern wird so das Werk das Mönchs von Salzburg wiederbelebt.
Am Freitagabend in Schloss Goldegg wagt die Paul-HofhaymerGesellschaft Neues: Musik und Literatur aus der Mitte des 14. Jahrhunderts werden kombiniert, wie Lamprecht schildert. Geschichten aus Boccaccios „Decamerone“würden
mit Werken aus dem Codex Rossi oder von Francesco Landini zu einem „Musik-Theater-Konglomerat“inszeniert. „Es gibt singende Schauspieler und sprechende Musiker.“
Festival: Festtage der Paul-Hofhaymer-Gesellschaft, 29. September bis
2. Oktober, Salzburg (Erhard-Kirche, Berchtoldvilla) und Schloss Goldegg.