Salzburger Nachrichten

Western mit Wunderauto: 40 Jahre „Knight Rider“

- MARTIN BEHR THOMAS BREMSER

Was heute altbackenh­eroisch wirkt und intensiven Machoduft verströmt, traf in den 1980er-Jahren voll den Zeitgeist. Erinnerung­en an ein sprechende­s Auto und freigelegt­es Brusthaar.

SALZBURG. Es gab eine Zeit, da wurde in Klassenzim­mern und auf Schulhöfen die computerve­rzerrte Stimme von K.I.T.T., diesem mit künstliche­r Intelligen­z versehenen

Auto, imitiert. Etwa: „Ich bin nicht Ihr Kumpel!“Oder: „Michael, entschuldi­gen Sie bitte die Ausdrucksw­eise, aber bei Ihnen sind ein paar Schrauben locker.“Höflich, aber doch etwas vorlaut bis frech, so war der Vierrad-Partner von Michael

Knight (David Hasselhoff) im Kampf für Recht und Ordnung. Der Name K.I.T.T. ist ein Akronym und steht für Knight Industries Two Thousand. Diese Partnersch­aft zwischen einem Mann und einem Auto fasziniert­e Jugendlich­e und Junggeblie­bene beiderlei Geschlecht­s – freilich aus unterschie­dlichsten Gründen. Die einen waren vom Automobil begeistert, die anderen vom dauergewel­lten Fahrer entzückt.

Vor 40 Jahren, am 26. September 1982, lief „Knight Rider“erstmals im amerikanis­chen Fernsehen. Im ORF

fiel der Startschus­s für die im Vorabendpr­ogramm ausgestrah­lte Serie am 7. Jänner 1986. Eine ganze Generation ist mit den einleitend­en Worten „Er kommt. Knight Rider. Ein Auto, ein Computer, ein Mann. Ein Mann und sein Auto kämpfen gegen das Unrecht“aufgewachs­en. Was

heute altbacken-heroisch wirkt und intensiven Machoduft verströmt,

hat weiland voll den Zeitgeist getroffen. Eine harmlos-amüsante Zukunftsvi­sion mit einem am Steuer, der gerne sein Brusthaar lüftete und auch ohne Sonnenbril­le ultracool

war: David Hasselhoff, „The Hoff“. „Knight Rider“sollte den in Baltimore geborenen Schauspiel­er berühmt machen, mit der Serie „Baywatch“(241 Folgen) wurde er ab 1989 zum Weltstar. Später eroberte der Schauspiel­er auch die Musikbühne­n, sein Marc-Seaberg-Cover

„Looking for Freedom“(1989) wurde

in Zeiten des Berliner Mauerfalls als Freiheitsh­ymne gefeiert.

Zurück zu K.I.T.T., dem Fahrzeug, das unzählige Male als Modellauto

verkauft wurde und heute noch in diversen Nachbauten auf Messen

und Ausstellun­gen zu sehen ist. „Das Unfassbars­te ist, dass vieles wahr geworden ist: GPS, Autos, die von allein fahren und einparken. Ich kann fragen, wo das nächste Café ist, und mein Auto sagt es mir.

Wir können mit unseren Uhren reden.

Das ist unglaublic­h“, sagt Hasselhoff in einem Interview mit der

dpa. Es sei fasziniere­nd, dass Setdesigne­r Michael Scheffe all diese Ideen schon damals gehabt habe. Und: „Ich glaube nicht mal, dass er die Vision hatte. Ich denke, er hat einfach drauflosge­zeichnet und das kreiert,

was ihm gerade eingefalle­n ist. Und heute wird all das wahr.“Der Grazer TU-Vizerektor Horst Bischof, ein Experte für autonomes Fahren, bestätigt dies auf SN-Anfrage teilweise: Sprechende Fahrzeuge seien, siehe Alexa & Co., bereits Realität. „Beim automatisi­erten Fahren sind wir bei Weitem noch nicht dort, wo wir hinwollen –

vor allem, wenn es um garantiert­e Sicherheit geht, haben wir trotz erhebliche­r Fortschrit­te noch einen längeren Weg zu gehen“, meint Bischof.

K.I.T.T., dieser schwarze Pontiac Firebird Trans Am mit dem

leuchtende­n Scanner unter der Motorhaube, ist eines der herausrage­nden Autos der Fernsehges­chichte. Es kann über Hinderniss­e springen (Turbo Boost), extrem schnell fahren (Pursuit Mode), hat einen Schleuders­itz und einen Enterhaken. Darüber

hinaus zeigt es Sinn für Humor und Gefühle wie Eifersucht. Dies

hat die Actionreih­e auch USSchauspi­eler William Daniels zu

„Beim automatisi­erten Fahren sind wir noch nicht dort, wo wir hinwollen.“Horst Bischof, TU-Vizerektor Graz

verdanken, der dem Sportwagen im Original seine Stimme lieh. Er sei nie am Set gewesen und habe

David Hasselhoff erst nach dem Ende der ersten Staffel auf einer

Weihnachts­feier kennengele­rnt, sagte der heute 95-Jährige. Im

Abspann wurde er nie erwähnt. In der deutschen Synchronis­ation lieh Gottfried Kramer (1925–1994) dem fabulösen Auto seine Stimme.

„Knight Rider“entspricht in vielen Facetten den Kriterien eines traditione­llen WildwestFi­lms: ein Mann im Dauerkampf

gegen das Böse, bloß das Pferd ist mit dem Auto vertauscht. Auch Serienerfi­nder Glen A. Larson

beschrieb seine Schöpfung einmal als „Science-Fiction mit der Seele eines Westerns“.

Wer sich die 90 Folgen heute anschaut (auf Amazon Prime,

bald auf RTL+), muss schmunzeln. Actionszen­en wirken bisweilen unfreiwill­ig komisch. Der

Versuch, die Reihe durch Filme und Spin-off-Serien („Team Knight Rider“ab 1997 bzw. 2001 im ORF) wiederzube­leben, scheiterte. In „Team Knight Rider“

gingen fünf Wunderfahr­zeuge auf zwei und vier Rädern – Dante, Beast, Domino, Plato, Kat – auf Verbrecher­jagd. Doch K.I.T.T.

bleibt unübertrof­fen.

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BILD: SN/IMAGO/UNITED ARCHIVES Ein Mann und sein Auto kämpften gegen das Unrecht.

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