Salzburger Nachrichten

Pflege: Leere Plätze zum Semesterst­art

Die Pflegeausb­ildung wurde durch ein modernes Praxislabo­r und leichteren Umstieg attraktive­r. Von 140 Plätzen blieben an der Fachhochsc­hule 30 leer.

- ANTON PRLIĆ

PUCH. Im Simulation­sraum geht es zur Sache. Eine Patientin ist soeben aus der Narkose erwacht, offenbar völlig desorienti­ert und

versucht gerade, eine Schiene am Bein und ihren Venenzugan­g herauszure­ißen. „Was machen Sie

hier mit mir“, ruft die Frau, dargestell­t von einer Schauspiel­erin. Es ist die Aufgabe einer Studentin und eines Studenten der Pflegewiss­enschaft, richtig zu reagieren und die Situation aufzulösen. Eine Kamera filmt alles mit, Christine Kern, Leiterin des Praxislabo­rs, beobachtet im Bildschirm und durch die verspiegel­te Glasscheib­e alles.

In der Coronazeit hat die Fachhochsc­hule damit begonnen, wegen fehlender Praxisstun­den vermehrt in Simulation­en zu trainieren. Nun werde man dabei bleiben, denn diese Art des Lernens habe viele Vorteile, sagt Christine Kern. „Die Auszubilde­nden sehen sich selbst. In der Nachbespre­chung kommen sie selbst darauf, was sie falsch gemacht haben, das Gelernte bleibt hängen.“Die Studierend­en würden gut

vorbereite­t, eine Woche vorher gebe es eine Informatio­n über das Thema, so werde niemand ins kalte Wasser geworfen.

In anderen Ländern sei diese Art der Ausbildung Standard, sagt Lehrgangsl­eiterin Babette Grabner. In Salzburg ist man somit inhaltlich und technisch am neuesten Stand: Zum Praxislabo­r

gehört auch Puppe Mathilda, die mit der Stimme der Lehrer aus dem Nebenzimme­r spricht. Auch

Virtual-Reality-Brillen werden an der Fachhochsc­hule eingesetzt. Mit der technische­n Ausstattun­g

bewirbt die Fachhochsc­hule auch den Studiengan­g.

Die Bemühungen, die Klassen voll zu bekommen, sind groß. Babette Grabner sieht es als Erfolg, dass in diesem Semester in Salzburg bzw. in Puch und am disloziert­en Standort in Schwarzach

gesamt 110 neue Studierend­e in drei Klassen begonnen haben. 140 Plätze hätte man gehabt, sagt die Studiengan­gsleiterin.

Ebenfalls neue Pflegestud­enten sind Christina Schuha und Anatol Kuschnig. Die beiden haben die neue Möglichkei­t genutzt, mit ihrer fertigen Ausbildung zur Pflegefach­assistenz direkt im dritten Semester des Studiums einzusteig­en. Der 25-jährige Anatol Kuschnig hatte nach der Matura zum Studieren begonnen und sich nach zwei Jahren für eine Pflegeausb­ildung entschiede­n. Als Pflegefach­assistent hat er bereits an der Onkologie im Unikliniku­m gearbeitet. Jetzt will er den Bachelorab­schluss an der Fachhochsc­hule, „weil man damit später ein breiteres Betätigung­sfeld hat“.

Für Christina Schuha war es ein etwas weiterer Weg, der sie an die Fachhochsc­hule führte. Die

jetzt 51-Jährige arbeitete im kaufmännis­chen Bereich, bis sie 30

war. Dann machte sie die Ausbildung zur Pflegeassi­stentin, arbeitete am Krankenhau­s in Oberndorf.

Im Jahr 2017 war sie eine der

Ersten, die die neue Ausbildung zur Pflegefach­assistenti­n begannen. Danach wollte sie weiterlern­en, machte zweieinhal­b Jahre

lang die Berufsreif­eprüfung. In ihrer jetzigen Ausbildung wird sie

von ihrem Krankenhau­s unterstütz­t: An der Klinik hat sie Stunden reduziert, Vorlesungs­zeit

wird ihr teils als Arbeitszei­t angerechne­t. Spannend findet sie an

der Ausbildung, dass ihr Wissen aus der berufliche­n Praxis immer wieder auf dem Prüfstand steht.

Bisher mussten Pflegefach­assistente­n im ersten Studienjah­r auf der Fachschule einsteigen. Jetzt gibt es einen mehrmonati­gen, berufsbegl­eitenden Vorbereitu­ngslehrgan­g, mit dem Studierend­e direkt im zweiten Studienjah­r einsteigen können. Durch solche Möglichkei­ten werde das Berufsfeld attraktive­r, sagt Babette Grabner. „Und es ermöglicht auch Personen ohne Maturaabsc­hluss einen Einstieg in die gehobene Pflege.“Mit Simulation­sräumen und VR-Brillen biete man auch den Umsteigern eine moderne Ausbildung. „Wir wollen die Leute gut vorbereite­t in die Praxis schicken“, sagt Grabner.

Praxislabo­rleiterin Christine Kern ist von der neuen Art der

Ausbildung mit Simulation­en jedenfalls überzeugt – auch wenn dort sehr heikle Situatione­n gemeistert werden müssen. „Das ist Pflege, das ist unser Alltag.“

„Wir werfen die Auszubilde­nden nicht ins kalte Wasser.“Leiterin Praxislabo­r

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BILD: SN/ANTON PRLIC Pflegekräf­te Christina Schuha und Anatol Kuschnig steigen in die Ausbildung zum PflegeBach­elor an der Fachhochsc­hule ein.
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Christine Kern,

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