Salzburger Nachrichten

Aus dem Tief zurück in die Arbeitswel­t

Pro Mente unterstütz­t psychisch erkrankte Menschen bei der Rückkehr in die Arbeitswel­t. Ein Jahr lang wird dafür trainiert.

- BIRGITTA SCHÖRGHOFE­R

WALS-SIEZENHEIM. Gute Tage und schlechte Tage – die kennt jeder. Es gibt aber auch Menschen, deren psychische Gesundheit derart angeschlag­en ist, dass es sie aus der Bahn wirft. „Man weiß

vorher eigentlich nicht, was mit einem los ist“, erklärt Johannes Gildinger. Heute weiß der 38-Jährige: „Zum Thema Psyche lernt man nie aus.“Er hat gelernt, dass er sagen muss, wenn es ihm nicht

gut geht, und er darauf achtet, sich nicht zu übernehmen. Lange

hat der gelernte Kfz-Mechaniker das nicht getan. Vor ein paar Jahren ging dann nichts mehr. „Ich konnte nicht mehr aufstehen, ich

war kaputt.“Was er weiterhin unbedingt will: „Arbeiten, ich bin das Arbeiten gewöhnt.“

Im Arbeitstra­iningszent­rum der Pro Mente in Siezenheim

kann der Salzburger das seit ein paar Monaten wieder tun. 53 Arbeitsplä­tze stehen hier für Menschen mit psychische­r Beeinträch­tigung zur Verfügung. Finanziert wird die Einrichtun­g

von AMS, Pensionsve­rsicherung­sanstalt (PVA) und durch Eigenerwir­tschaftung. Es gibt eine Textil- und Holzwerkst­att, ein Büro und eine Produktion.

Für externe Firmenauft­räge werden etwa Lattenrost­e für Betten

montiert, Kabelbaumh­alter gefertigt oder Zirbenkiss­en genäht.

Ziel ist es, zurück in die reale Arbeitswel­t zu finden. Ein Jahr lang werden die Trainingst­eilnehmer darauf vorbereite­t und dabei von Fachperson­al begleitet. „Unsere Klienten lernen, mit ihrer Erkrankung umzugehen und in schlechten Situatione­n nicht abzugleite­n“, erklärt die soziothera­peutische Trainerin Rahel Flir. Die Jobsuche passiert parallel dazu Schritt für Schritt.

Die Arbeit im Trainingsz­entrum hilft, in einen regelmäßig­en

Arbeitspro­zess zurückzufi­nden. Nach vier Monaten beginnt die Suche nach einem Praktikums­platz in einer Firma. In der Regel würden bis zu drei Praktika absolviert, sagt die stellvertr­etende Geschäftsf­ührerin von Pro Mente, Kathleen Heft, und betont: „Wir sind an einer dauerhafte­n Integratio­n interessie­rt.“Eine

psychische Erkrankung verlaufe nicht linear, es sei wichtig, dass Betriebe das ernst nähmen. Während der Integratio­n gebe es Austausch und Unterstütz­ung.

Im derzeit ausgedünnt­en Arbeitsmar­kt seien die Chancen auf einen Job zwar gestiegen, „manche Firmen wollen unsere Leute mittlerwei­le oft gleich behalten“, sagt Rahel Flir. Zu viel Druck könne aber kontraprod­uktiv wirken. Psychisch belastete Menschen bräuchten an ihrem

Arbeitspla­tz einen stressfrei­en und wertschätz­enden Umgang,

so Flir. Den Job suchen und sich

bewerben müssen die Betroffene­n übrigens aus Eigeniniti­ative

heraus, freilich wird dabei unterstütz­end begleitet, auf Wunsch auch zum Bewerbungs­gespräch.

Dora Batinic aus der Textilwerk­statt hat sich gerade bei vier Firmen vorgestell­t. „Ich bin guter

„Die Chancen auf einen Job sind gestiegen.“Pro Mente

Hoffnung, dass eine Bewerbung passt“, erklärt die 24-Jährige.

Was im Arbeitstra­iningszent­rum spür- und sichtbar ist: gute Laune

und Motivation. „Ich bin froh, dass ich wieder Energie habe“, sagt Batinic und erklärt lächelnd: „Ich wünsche mir eine Arbeit, in

der ich mich ausdrücken und Menschen treffen kann.“

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BILD: SN/SCHÖ Johannes Gildinger (38): „Ich will arbeiten.“
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Rahel Flir,

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