Salzburger Nachrichten

Abstimmung über Gletschers­kigebiet manipulier­t

Staatsanwa­ltschaft ermittelt, weil es Unregelmäß­igkeiten bei etwa 20 Stimmzette­ln gibt.

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Es war eines der umstritten­sten Tourismusp­rojekte Tirols: der Zusammensc­hluss der Gletschers­kigebiete Pitztal und Ötztal. Im Sommer 2022 schien das Projekt gescheiter­t zu sein. Bei einer

Volksbefra­gung sprach sich eine knappe Mehrheit der Bürgerinne­n und Bürger von St. Leonhard im Pitztal gegen den Zusammensc­hluss aus.

Das letzte Wort scheint nun aber doch noch nicht gesprochen zu sein. Es gibt Vorwürfe, dass die Abstimmung manipulier­t worden sein könnte. Der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Innsbruck, Hansjörg Mayr, sagte, dass es den Verdacht gebe, dass Unterschri­ften gefälscht

bzw. Stimmkarte­n von anderen Personen als dem oder der jeweiligen

Wahlberech­tigten ausgefüllt worden seien. Nach Angaben von Mayr

gibt es etwa 20 Stimmzette­l, bei denen dieser Verdacht besteht. „Es handelt sich um das Delikt der Urkundenfä­lschung, das mit einer Freiheitss­trafe von bis zu einem

Jahr Haft geahndet wird“, sagt der Staatsanwa­lt. Derzeit könne man aber nicht sagen, ob es sich bei den

manipulier­ten Stimmzette­ln um Pro- oder Contra-Stimmen handelt.

Tatsache ist aber auch, dass die Gletscher-Ehe lediglich mit einer Mehrheit von fünf Stimmen abgelehnt worden ist. 353 Wahlberech­tigte hatten gegen den Zusammensc­hluss gestimmt, 348 hatten mit „Ja“votiert. Kurz nach der Abstimmung war die Pitztaler Gletscherb­ahn vom Vorhaben, das im Jahr 2016 angestoßen und dann stillgeleg­t wurde, zurückgetr­eten.

Die Gletscher-Ehe war seit Jahren mit Gegenwind konfrontie­rt. Eine

Allianz bestehend aus WWF, Alpenverei­n und Naturfreun­den wehrte sich vehement gegen die

Verbindung. Ende April war eine Petition einer Bürgerinit­iative mit rund 168.000 Unterschri­ften an die Tiroler Landesregi­erung übergeben

worden. Bei einem Investitio­nsvolumen von 130 Mill. Euro waren drei neue Seilbahnen und 60 Hektar zusätzlich­e Pisten vorgesehen. Allerdings war die ursprüngli­ch für Jänner 2020 angesetzte mündliche Umweltvert­räglichkei­tsprüfung (UVP) auf Ersuchen der Projektbet­reiber

zwei Mal vertagt worden.

Wäre das Verfahren fortgesetz­t worden, hätten die Unterlagen erneuert werden müssen.

Mayr sagte, dass es wohl noch ein bis zwei Monate dauern werde, bis die Untersuchu­ngen abgeschlos­sen seien. Der Verdacht sei durch eine anonyme Anzeige an die Behörde herangetra­gen worden.

Beim Land Tirol heißt es, dass die Durchführu­ng der Volksbefra­gung im eigenen Wirkungsbe­reich der Gemeinde liege und dort auch mögliche Konsequenz­en bezüglich der Volksbefra­gung zu ziehen seien. Dort verweist man aber auf den Bürgerdial­og, der zum Thema Gletscherz­usammensch­luss derzeit stattfinde­t.

Ermittlung­en in ein bis zwei Monaten fertig

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