Rüsten für den Blackout
Seit 2018 versucht das Bundesheer seine Kasernen zu autarken Sicherheitsinseln auszubauen. Jetzt soll bald die erste fertig sein.
WIEN. „Ein echter Blackout ist ein massives Sicherheitsrisiko – mit Folgen, die für viele Menschen
kaum zu überschauen sind. Das Bundesheer bietet auch in diesem Fall Schutz und Hilfe. Dank autarker Kasernen und einer modernen
Ausrüstung kann es im Ernstfall die Einsatzorganisationen bestmöglich versorgen und unterstützen.“
Diese Sätze aus dem BlackoutRatgeber des Bundesheeres sind Zukunftsmusik – glücklicherweise
und leider. Glücklicherweise, weil es einen tagelangen Stromausfall in Österreich noch nie gegeben hat. Und leider, weil die autarken Kasernen, die im Notfall das Funktionieren des Heeres und der Blaulichtorganisationen garantieren sollen, immer noch nicht existieren.
Pläne, die Kasernen zu Sicherheitsinseln mit autarker Stromund Wasserversorgung, eigenen Kommunikationsnetzen und Treibstoffsowie Lebensmittellagern für zumindest 14 Tage auszubauen, datieren aus dem Jahr 2018. Damals
wurde der Plan erstmals verkündet. Und wie weit ist er fünf Jahre später
gediehen? „Aktuell ist noch keine Kaserne autark“, heißt es beim Bundesheer eher kleinlaut. Aufgrund der Budgetmisere konnten die notwendigen Investitionen in Notstromaggregate, Tankstellen, Brunnen etc. nur schleppend vorgenommen werden. Wie Verteidigungsministerin Klaudia Tanner im Frühjahr mitteilte, sind aktuell nur 20 Prozent der Kasernen mit Notstromaggregaten ausgestattet.
Budgetnöte des Heeres verzögern die Pläne
Doch noch heuer oder spätestens im ersten Quartal 2023 sollen die ersten autarken Kasernen präsentiert werden, sagt Oberst Michael Bauer, der Sprecher des Verteidigungsministeriums. Im Endausbau, der für 2025 angepeilt wird, sollen alle 100 Kasernen autark sein und zwölf davon als Sicherheitsinseln
fungieren können. Der Unterschied: Autarke Kasernen können
für sich überleben. Die geplanten Sicherheitsinseln – darunter die Schwarzenbergkaserne in WalsSiezenheim – sollen darüber hinaus im Falle eines Blackouts auch die regionale Bevölkerung und die Rettungsund Blaulichtorganisationen mitversorgen können.
Blackout-Übungen des Bundesheeres haben gezeigt, dass der Teufel dabei mitunter im Detail steckt.
Als bei der Garde in Wien übungshalber der Strom abgedreht wurde, stellte sich heraus, dass wegen stromabhängiger Armaturen die Duschen nicht mehr funktionierten
und man die Waffenlager nicht mehr betreten konnte, da sie elektronisch versperrt waren.
Die Blackout-Vorsorge erfordert ein grundlegendes Umdenken beim
Heer. Aus Spargründen wurde in den vergangenen Jahrzehnten vieles zusammengelegt und zentralisiert, weil das angeblich Geld sparte. So wurde etwa auf ein Zentralküchenmodell umgestellt. Jetzt hingegen sind wieder Feldküchen in jeder Kaserne und regionale Lebensmittellager gefragt.
Von der Verkündung des Plans 2018 bis zur Umsetzung 2025 – das ist eine sehr lange Zeit. Überhaupt
wenn man bedenkt, wie schnell sich die Dinge durch den UkraineKrieg geändert haben und noch ändern können. Zwei Sicherheitsinseln hat das Bundesheer aber immerhin schon: die Regierungsbunker in St. Johann im Pongau und in der Wiener Stiftskaserne. Sie wurden eigentlich für den Atomkrieg
konzipiert, würden aber auch im Falle eines Blackouts für 400 bis 500 Personen das Überleben garantieren. Die Plätze sind allerdings für
die Spitzen von Regierung und Verwaltung reserviert.
Von diesen Bunkern aus würden im Ernstfall auch die Assistenzeinsätze des Bundesheeres zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit geleitet. Denn zu befürchten ist, dass ein Blackout – etwa infolge eines Hackerangriffs – binnen
weniger Tagen zu einem Zusammenbruch der Lebensmittelversorgung und damit der öffentlichen
Ordnung führen würde. Millionen Menschen würden sich plötzlich im
Kampf ums tägliche Überleben befinden, warnt seit Langem der Blackout-Experte Herbert Saurugg. Plünderungen und Gewalttaten wären die Folge. Damit der Staat und die Exekutive dann noch handlungsfähig und nicht selbst durch den Blackout gelähmt sind, wurde das Konzept der autarken Kasernen entwickelt. 2018, wie gesagt.