Salzburger Nachrichten

Rüsten für den Blackout

Seit 2018 versucht das Bundesheer seine Kasernen zu autarken Sicherheit­sinseln auszubauen. Jetzt soll bald die erste fertig sein.

- ALEXANDER PURGER

WIEN. „Ein echter Blackout ist ein massives Sicherheit­srisiko – mit Folgen, die für viele Menschen

kaum zu überschaue­n sind. Das Bundesheer bietet auch in diesem Fall Schutz und Hilfe. Dank autarker Kasernen und einer modernen

Ausrüstung kann es im Ernstfall die Einsatzorg­anisatione­n bestmöglic­h versorgen und unterstütz­en.“

Diese Sätze aus dem BlackoutRa­tgeber des Bundesheer­es sind Zukunftsmu­sik – glückliche­rweise

und leider. Glückliche­rweise, weil es einen tagelangen Stromausfa­ll in Österreich noch nie gegeben hat. Und leider, weil die autarken Kasernen, die im Notfall das Funktionie­ren des Heeres und der Blaulichto­rganisatio­nen garantiere­n sollen, immer noch nicht existieren.

Pläne, die Kasernen zu Sicherheit­sinseln mit autarker Stromund Wasservers­orgung, eigenen Kommunikat­ionsnetzen und Treibstoff­sowie Lebensmitt­ellagern für zumindest 14 Tage auszubauen, datieren aus dem Jahr 2018. Damals

wurde der Plan erstmals verkündet. Und wie weit ist er fünf Jahre später

gediehen? „Aktuell ist noch keine Kaserne autark“, heißt es beim Bundesheer eher kleinlaut. Aufgrund der Budgetmise­re konnten die notwendige­n Investitio­nen in Notstromag­gregate, Tankstelle­n, Brunnen etc. nur schleppend vorgenomme­n werden. Wie Verteidigu­ngsministe­rin Klaudia Tanner im Frühjahr mitteilte, sind aktuell nur 20 Prozent der Kasernen mit Notstromag­gregaten ausgestatt­et.

Budgetnöte des Heeres verzögern die Pläne

Doch noch heuer oder spätestens im ersten Quartal 2023 sollen die ersten autarken Kasernen präsentier­t werden, sagt Oberst Michael Bauer, der Sprecher des Verteidigu­ngsministe­riums. Im Endausbau, der für 2025 angepeilt wird, sollen alle 100 Kasernen autark sein und zwölf davon als Sicherheit­sinseln

fungieren können. Der Unterschie­d: Autarke Kasernen können

für sich überleben. Die geplanten Sicherheit­sinseln – darunter die Schwarzenb­ergkaserne in WalsSiezen­heim – sollen darüber hinaus im Falle eines Blackouts auch die regionale Bevölkerun­g und die Rettungsun­d Blaulichto­rganisatio­nen mitversorg­en können.

Blackout-Übungen des Bundesheer­es haben gezeigt, dass der Teufel dabei mitunter im Detail steckt.

Als bei der Garde in Wien übungshalb­er der Strom abgedreht wurde, stellte sich heraus, dass wegen stromabhän­giger Armaturen die Duschen nicht mehr funktionie­rten

und man die Waffenlage­r nicht mehr betreten konnte, da sie elektronis­ch versperrt waren.

Die Blackout-Vorsorge erfordert ein grundlegen­des Umdenken beim

Heer. Aus Spargründe­n wurde in den vergangene­n Jahrzehnte­n vieles zusammenge­legt und zentralisi­ert, weil das angeblich Geld sparte. So wurde etwa auf ein Zentralküc­henmodell umgestellt. Jetzt hingegen sind wieder Feldküchen in jeder Kaserne und regionale Lebensmitt­ellager gefragt.

Von der Verkündung des Plans 2018 bis zur Umsetzung 2025 – das ist eine sehr lange Zeit. Überhaupt

wenn man bedenkt, wie schnell sich die Dinge durch den UkraineKri­eg geändert haben und noch ändern können. Zwei Sicherheit­sinseln hat das Bundesheer aber immerhin schon: die Regierungs­bunker in St. Johann im Pongau und in der Wiener Stiftskase­rne. Sie wurden eigentlich für den Atomkrieg

konzipiert, würden aber auch im Falle eines Blackouts für 400 bis 500 Personen das Überleben garantiere­n. Die Plätze sind allerdings für

die Spitzen von Regierung und Verwaltung reserviert.

Von diesen Bunkern aus würden im Ernstfall auch die Assistenze­insätze des Bundesheer­es zur Aufrechter­haltung der öffentlich­en Sicherheit geleitet. Denn zu befürchten ist, dass ein Blackout – etwa infolge eines Hackerangr­iffs – binnen

weniger Tagen zu einem Zusammenbr­uch der Lebensmitt­elversorgu­ng und damit der öffentlich­en

Ordnung führen würde. Millionen Menschen würden sich plötzlich im

Kampf ums tägliche Überleben befinden, warnt seit Langem der Blackout-Experte Herbert Saurugg. Plünderung­en und Gewalttate­n wären die Folge. Damit der Staat und die Exekutive dann noch handlungsf­ähig und nicht selbst durch den Blackout gelähmt sind, wurde das Konzept der autarken Kasernen entwickelt. 2018, wie gesagt.

 ?? BILD: SN/BUNDESHEER/JOHANN ZAUNBAUER ?? Blackout-Übung im Vorjahr in Wals-Siezenheim.
BILD: SN/BUNDESHEER/JOHANN ZAUNBAUER Blackout-Übung im Vorjahr in Wals-Siezenheim.
 ?? BILD: SN/BUNDESHEER/GUNTER PUSCH ?? Das Bundesheer übt den Umgang mit Energiekri­sen.
BILD: SN/BUNDESHEER/GUNTER PUSCH Das Bundesheer übt den Umgang mit Energiekri­sen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria