Der Krieg prägt einen Konzertabend
SALZBURG. Der Festspielsommer
war dicht, lang und heiß. Vier Wochen Zeit zum Durchlüften taten
nicht nur den Freunden groß besetzter symphonischer Musik gut, sondern auch dem Großen Festspielhaus. Dennoch fühlte sich der
erste Konzertabend des Energiekrisenherbstes seltsam kühl an. Am Programm lag das nicht, die Salzburger Kulturvereinigung tischte am Mittwoch zum Auftakt der 50. Kulturtage schwere Kost auf: Mit der Symphonie Nr. 7 von Dmitri Schostakowitsch stand eines der gewaltigsten Orchesterwerke des 20. Jahrhunderts auf dem Programm.
Die „Leningrader“, wie das Werk wegen seiner Entstehung während der Belagerung der russischen Stadt durch deutsche Truppen 1941 genannt wird, bietet in Zeiten des Ukraine-Krieges viel Diskussionsstoff. Während der ersten Kriegswochen wurden Aufführungen abgesagt, bei den Osterfestspielen förderte Tugan Sokhiev die Wirkung des zu Stalins Zeiten propagandistisch genutzten Werks verstörend
kompromisslos zutage. Sachlicher ist der Zugang von Dennis Russell Davies: Der Fachmann für die Musik
unserer Zeit bewies viel Gespür für die Tönungen des Werks. Niemals
gerät die Aufführung in den Bereich des Geschmacklosen, weder färbt
Davies den vermeintlichen HurraPatriotismus des Werks zu grell
noch reizt er die immensen Lautstärke-Möglichkeiten des Werks aus. Das Dämonische im Fagott oder das Expressive in der Klarinette vermittelt sich auch im kultivierten Klangbild, das die Filharmonie Brno pflegt.
Zentral ist die „Invasionsepisode“im ersten Satz: Wie sich aus einer rhythmischen Figur der kleinen Trommel und einem repetitiven Motiv der Streicher quälend langsam das kollektive Anrücken der Truppen entwickelt, das ist immer wieder beklemmend. Zusätzliche Spannung schufen Davies und das Orchester mit einer Schweigeminute für die Opfer des Krieges, die als Scharnier von Bohuslav Martinůs kurzem „Memorial to Lidice“
– einem weiteren Gedenkstück für Opfer des NS-Terrors – zu Schostakowitschs Symphonie führte. Die Spannung entlud sich erst nach eineinhalb pausenlosen Stunden in
glühendem Jubel des Publikums.
Konzert: