Salzburger Nachrichten

Telefonier­en wir schon bald mit Hologramme­n?

Europas führende Mobilfunka­nbieter wollen Hologramm-Telefonie massentaug­lich machen. Was hinter der Ankündigun­g steckt.

- KLICKFIT Ralf Hillebrand Anregungen um die Digitalwel­t? RALF.HILLEBRAND@SN.AT

Dass technologi­sche Innovation­en öffentlich­keitswirks­am vorgestell­t werden, passiert schier täglich. Aber zumeist sind es Einfälle einzelner Firmen, die präsentier­t werden – da ein Satelliten-Notfallsys­tem von Apple, dort ein Faltsmartp­hone von Samsung. Dass aber mehrere Branchenri­esen gemeinsam ein Projekt aus der Taufe heben, passiert beinahe nie. Umso beachtlich­er ist jene Ankündigun­g, die Europas große Mobilfunk-Netzbetrei­ber vor

wenigen Tagen machten: Vodafone, Telefónica, die Deutsche Telekom und Orange gaben bekannt, eine Plattform für Hologramm-Telefonie entwickeln zu wollen. In rund zwei Jahren soll das Portal für Endkunden verfügbar sein.

Was steckt hinter der Ankündigun­g? Wieso ziehen Konkurrent­en plötzlich an einem

Strang? Und vor allem: Ist die Ankündigun­g, die doch wie Science-Fiction wirkt, realistisc­h?

In der Tat gibt es Hologramm-Telefonie bereits. Und die Technologi­e hat sogar einen eigenen Namen: Holographi­e. Diese funktionie­rt aber anders, als man es aus Film und Fernsehen gewohnt ist – zumindest in jener Ausprägung, die als praktikabe­lste gilt. Um Holographi­e nutzen zu können, braucht es eine Virtual-Reality-Brille. Mit dieser sieht der Angerufene ein Abbild des Oberkörper­s des Anrufers. Dies ist möglich, da die Selfie-Kamera die Körperdate­n aufnimmt und daraus eine dreidimens­ionale Version entwirft. Ein Hologramm des Angerufene­n, also jener Person, die die Brille trägt, ist auf diese Art nicht herzustell­en.

Aber wenn Holographi­e technisch bereits umsetzbar ist, wieso wird sie nicht einfach ausgerollt? Das liegt zum einen daran, dass Holographi­e eine stattliche Datenübert­ragungsrat­e braucht. Und diese ist – zumindest via Mobilfunk – erst dank des neuen Standards 5G gewährleis­tet. Zum anderen ist der Ansatz aufwendig. Dies ist wohl auch der Hauptgrund, wieso Vodafone, Telefónica & Co. zusammenar­beiten: Gemeinsam könnte sich das Projekt

günstiger umsetzen lassen. Parallel stellt man sicher, dass die Technologi­e nicht auf verschiede­nen Standards basiert, die dann wiederum

nur in einzelnen Netzen funktionie­ren. Ähnliches war bei Smart Home, also Anwendunge­n für das vernetzte Zuhause, der Fall.

Also telefonier­en wir in naher Zukunft wirklich mit Hologramme­n? Branchenin­sider glauben nicht an den Erfolg des Projekts der Mobilfunkr­iesen. Die wenigen vergleichb­aren Ansätze von Kooperatio­nen sind bislang zumeist gescheiter­t. Vielmehr wird nur einem Unternehme­n zugetraut, die Technologi­e salonfähig zu machen: Rollt Apple Vergleichb­ares aus, könnte es – mit all seiner Marktmacht und dem Druck auf die Mobilfunke­r weltweit – Holographi­e massentaug­lich machen. Apple hat sich auch bereits vor Jahren Patente für einschlägi­ge Technologi­e gesichert. Weitere Informatio­nen zu den Plänen gab es aber bis heute nicht.

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