Zwei Prozesse um familiäre Gewalt: Je ein Freispruch zum Hauptvorwurf
SALZBURG. Ein Iraner saß Donnerstag wegen des Verbrechens der „fortgesetzten Gewaltausübung“(§ 107b Strafgesetzbuch)
vor einem Schöffensenat (Vorsitz: Richterin Ilona SchalwichMózes). Laut Anklage soll er seine Gattin sowie einen Sohn von 2019
bis März 2022 hindurch regelmäßig geschlagen, getreten und bedroht haben. Den Buben habe er zudem wiederholt mit einem Gürtel, einem Rohr und einem Kochlöffel misshandelt. Der Senat sprach den Iraner (Verteidiger: RA Leopold Hirsch) letztlich „nur“wegen Körperverletzung
gegen den Sohn in fünf Fällen (Schläge aufs Gesäß, den Rücken
und eine Ohrfeige) schuldig; der Mann erhielt drei Monate bedingte Haft. Vom Vorwurf der
jahrelangen fortgesetzten Gewalt zulasten der Frau erging zur Gänze ein Freispruch (rechtskräftig).
Im zweiten Schöffenprozess wegen § 107b (Vorsitz: Richterin Martina Pfarrkirchner) wurde einer Salzburgerin (30) angelastet, ihren Noch-Ehemann – die
Scheidung steht bevor – von Mitte 2017 bis Ende 2021 immer wieder geschlagen, an den Haaren
gezogen und gebissen zu haben. Zudem soll sie auch ihre Tochter (jetzt 13) über Wochen misshandelt haben. Die Frau wies die Vorwürfe von sich: „Wir haben immer wieder sehr heftig gestritten,
uns geschubst. Aber ich habe ihn nie gebissen oder ihm eine ,geschmiert‘.“Auf Vorhalt der Richterin, dass die Polizei beim Gatten ein Mal eine Bisswunde am Oberarm fotografiert habe und ein anderes Mal Kratzer an seinem Arm und Rötungen am Jochbein, beteuerte die Frau: „Vielleicht hat er die Verletzungen von den Baustellen, wo er arbeitete.“
Bemerkenswert: Zu den Vorwürfen der Tochter, ihre Mutter habe auch sie oftmals misshandelt, sagte die Ex-Schuldirektorin des Mädchens als Zeugin: „Das
Kind hat zwei Gesichter. Ich habe Zweifel, ob die Vorwürfe stimmen. Das Kind hat zuerst gesagt, die Mutter hat sie verletzt. Dann hat sie das anders dargestellt.“
Was die Vorwürfe des Gatten angeht, so sagten die Angeklagte sowie deren Mutter als Zeugin, dass der Gatte „ständig provoziert“
habe. Die Mutter der 30-Jährigen: „Ihr Noch-Gatte ist spielsüchtig. Er hat meine Tochter psychisch
fertiggemacht. Einmal hat er sich selbst auf den Boden geschmissen und ,Hilfe, Hilfe!‘ geschrien.“
Der Noch-Gatte nahm dann im Zeugenstand von seinem Recht auf Aussagebefreiung (§ 156 Strafprozessordnung) Gebrauch. Das steht ihm als (Ex-)Lebensgefährte zu. Fazit: Das Gericht durfte damit seine bei der Polizei getätigten belastenden Aussagen
nicht verwerten. Der Senat sprach die Frau vom Vorwurf des § 107b frei, auch im Fall der Tochter. Letztlich wurde sie nur wegen Sachbeschädigung in anderem Kontext zu einer Geldstrafe verurteilt (nicht rechtskräftig).
Vorwurf „fortgesetzte Gewalt“hielt nicht