Als Schutzräume in Österreich Pflicht waren
In den 1970er-Jahren war die Angst vor einem Atomwaffenangriff groß.
WIEN. „Als ich Haus baute, musste ich noch einen Schutzraum einbauen“, erinnert sich Peter Stehlik. Das
war in den 1970er-Jahren und dem Kalten Krieg geschuldet. Denn damals war das Bedrohungsszenario mit Atomwaffen enorm hoch. Der 78-jährige Niederösterreicher, der heute noch beim Zivilschutzverband aktiv ist, erzählt, dass die Betonwände 30 Zentimeter stark und mit Stahl versehen sein mussten, um strahlensicher, brandsicher und trümmersicher zu sein. „Beim Neubau waren die Kosten im Vergleich zum Gesamtbau minimal. Rund 30.000 Schilling, vergleichbar mit den Kosten für eine Garage“, sagt Stehlik. Beim nachträglichen Einbau in bestehende Häuser
wären die Kosten wesentlich höher gewesen, weshalb dieser auch niemals verpflichtend vorgeschrieben wurde.
Weil die Bauordnung in die Kompetenz von Ländern und Gemeinden fällt, sind die Vorschriften in den Bundesländern zu den Schutzräumen sehr unterschiedlich. Stehlik zufolge gibt es in der Steiermark noch viel mehr als in Niederösterreich, dort war der Einbau länger
vorgeschrieben. Er spricht von einer großen Dunkelziffer. „Erhebungen ergaben, dass wir rund zwei Prozent Schutzraumplätze haben. Die meisten sind nicht bezugsfertig“, sagt Stehlik.
Die Pflicht zum Einbau von Schutzräumen wurde in den 1990er-Jahren wieder aufgehoben.
Und das trotz des Atomreaktorunfalls in Tschernobyl im Jahr 1986. „Es war nicht unbedingt sinnvoll. Ein Schutzraum schützt vor einer Bedrohungssituation bei uns zunächst nicht“, erklärt Josef Farda, Geschäftsführer des Zivilschutzverbandes. Selbst bei einem Strahlenalarm könne man sich in den eigenen vier Wänden mit gewissen Maßnahmen – wie Fensterabkleben – schützen. In einem Altbau liege die Strahlenbelastung bei 14 bis 18 Prozent verglichen mit der Belastung vor der Haustür.