Wo ist das „Tor zur Hölle“?
Ein Wiener „Tatort“mit Überraschungen: Die Ermittler tauchen in die dunkle Welt von Satanskult und Teufelsaustreibungen. Mit dabei ist ein vertrautes Gesicht der Salzburger Festspiele.
GRAZ, WIEN. Ermittlungen zwischen Himmel und Hölle, gepaart mit Elementen, wie man sie aus Gruselfilmen kennt: In der Wiener „Tatort“Folge „Das Tor zur Hölle“(Sonntag, ORF 2, ARD, 20.15 Uhr) muss sich das Ermittlerpaar Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) mit okkulten Phänomen auseinandersetzen. Anlass dafür ist der Tod eines Priesters, in dessen Faust ein Satansamulett
gefunden wird. Der Mann soll Exorzismen durchgeführt haben. Teufelsaustreibungen, Dämonen und
paranormale Phänomene im Sonntagskrimi?
„Ich wollte ein bisschen das Horror-Genre einfließen lassen und die Grenzen des Formats ausloten“, sagt Thomas Roth, von dem das Drehbuch stammt und der auch Regie geführt hat. Nachsatz: „Am Ende des Tages ist es aber ein Krimi mit einem gewissen Augenzwinkern.“
Wie er auf die Thematik gekommen ist? „Harald Krassnitzer hat mir bei einem vergangenen ,Tatort‘-Dreh
von Gerüchten über ein Tor zur Hölle in Wien erzählt.“Ihn habe der Stoff sogleich gepackt, erzählt Roth, er habe zu recherchieren begonnen und eine „Geschichte zusammengebaut“. Als Jugendlicher sei er vom Kinofilm „Der Exorzist“fasziniert gewesen, in der jüngeren Vergangenheit habe ihn das Genre des Übernatürlichen immer stärker interessiert, betont Roth: „Mir ist der
psychologische Horror aber näher als der Splatterhorror (exzessive Gewalt, Anm.).“Gedreht wurde der
Wiener „Tatort“unter anderem im Stephansdom: „Das war gigantisch,
kommt nicht sehr oft vor. Die Diözese Wien war generell sehr aufgeschlossen, Pfarrer Toni Faber ist ein sehr liberal denkender, moderner Mann, der sich gefreut hat, dass
über den ,Tatort‘ das prunkvolle Gotteshaus in einem Format mit sehr großer Reichweite vorkommt.“
Anstelle von „Exorzist“verwendet die Kirche die Bezeichnung „Beauftragter im Befreiungsdienst“– einen solchen gibt es in vielen Ländern und Diözesen immer noch.
Auch in Österreich. Er muss – gemeinsam mit einem Psychiater – die
betreffende Person „auf Herz und Nieren überprüfen, ob eine vorgetäuschte Besessenheit vorliegt oder es tatsächlich zum Exorzismus kommt“, wie der 57-jährige, in Wien lebende Grazer erläutert. Die Rolle des (eher wortkargen) Psychiaters
konnte Roth mit dem Deutschen Sven-Eric Bechtolf prominent besetzen. Der ehemalige Schauspielchef der Salzburger Festspiele habe
jetzt „wieder mehr Zeit, um sich um die Schauspielkunst zu kümmern“ (Roth). Wie die Zusammenarbeit mit dem 64-jährigen Schauspieler, Theater- und Opernregisseur funktioniert hat? „Es war ein Vergnügen, mit diesem Vollprofi zusammenarbeiten zu dürfen. Ich halte ihn für einen exzellenten Schauspieler, der im Format Fernsehkrimi noch etwas Unverbrauchtes hat.“
Ein weiterer Besetzungscoup von Thomas Roth ist der Umstand, dass
Roland Düringer (58) seine „Tatort“Premiere feiern wird. Der Kabarettist und Politaktivist schlüpft in die Rolle eines ehemaligen Zuhälters, eines alten Bekannten von Bibi. So habe man Düringer noch nie gesehen, avisiert Thomas Roth und meint damit nicht nur, dass der Schauspieler fast schon Hochdeutsch redet. „Ich habe mich jedenfalls sehr gefreut, hier einmal etwas anderes machen und eine andere Rolle spielen zu können“, sagt Düringer, der „einen armen Teufel“
verkörpert, eine gescheiterte Existenz, die sich „eine eigene Welt gebaut hat“. Lob für den Drehbuchau
tor und Regisseur gibt es aus dem Mund von Hauptdarsteller Harald Krassnitzer. Der 62-jährige Grödiger spricht von einem „Grenzgängertum zwischen einem realen Schuldigen und sozusagen einem überirdischen
Wesen“, das Thomas Roth genial geschrieben und genial umgesetzt habe: „So, dass einem
manchmal einfach die Haare zu Berge stehen.“
Was bei Roth nach seinem neunten „Tatort“weiter ansteht? „Am 2. Dezember startet mein
Film ,Schächten‘ in den österreichischen Kinos, bis dahin werde ich ihn auch auf Festivals in
Amerika und in Australien präsentieren.“Darin geht es um einen jungen jüdischen Unternehmerssohn, der Ende der 1960erJahre daran scheitert, den NSPeiniger seiner Eltern einer gerechten Strafe zuzuführen. Worauf der Mann beschließt, das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen.
Für das kommende Jahr plant der Krimispezialist Roth eine Novität. „Ich möchte, wenn das Projekt gefördert wird, erstmals eine Komödie drehen. Sie heißt ,Calamari fritti‘ und spielt auf Sizilien“, berichtet der Steirer, der in Zukunft verstärkt „eigene Filmprojekte realisieren möchte“.
„,Der Exorzist‘ hat mich einst fasziniert.“Thomas Roth, Regisseur, Autor