Die falschen Rezepte, um Britannien wieder groß zu machen
Die neue Regierung in London will hoch hinaus. Premierministerin Liz Truss & Co. sind aber schon nach drei Wochen im Tief.
Nach dem Tod von Queen Elizabeth II. wurde in Großbritannien gemutmaßt, die Monarchie könnte unter König Charles III. an Bedeutung
verlieren. Darüber, wie er die Rolle als Staatsoberhaupt anlegt, weiß man noch nicht viel.
Aktuell sollten sich die Einwohner des Vereinigten Königreichs aber nicht so sehr Sorgen
über Veränderungen im Buckingham-Palast machen, sondern wie es in Downing Street 10, dem Sitz der Premierministerin, weitergeht. Wer dachte, es könne nach Boris Johnson nur
besser werden, der wurde von seiner Nachfolgerin Liz Truss und ihrem Finanzminister Kwasi Kwarteng schon in den ersten drei Wochen ihrer Amtszeit eines Schlechteren belehrt.
Truss und ihr Regierungsteam haben sich einer Entfesselung der Wirtschaft verschrieben, um Großbritannien nach Jahren der Schwäche wieder auf einen Wachstumskurs zu
bringen. Dass das mit dem Maßnahmenmix gelingt, der bei der Präsentation eines Übergangsbudgets
vorgestellt wurde, daran gibt es ernste Zweifel. Mit seinen Plänen, die Steuern für Spitzenverdiener und Unternehmen um
rund 50 Mrd. Euro zu senken und es über Schulden zu finanzieren, hat Kwarteng heftige Turbulenzen auf den Finanz- und Devisenmärkten ausgelöst. Denn gleichzeitig will die Regierung
viel Geld ausgeben, um Bürgerinnen und Bürger zu unterstützen, die unter der Last einer Rekordinflation und steigenden Energiepreisen stöhnen. Die Märkte reagierten darauf mit höheren Zinsen für britische Staatsanleihen, und man hätte annehmen können, dass das Pfund gestärkt wird. Stattdessen stürzte der Kurs der
britischen Währung auf ein Rekordtief zum Dollar ab, einige Banken setzten die Vergabe
bestimmter Kredite aus. Die Akteure auf den Märkten vertrauen also nicht darauf, dass die Regierung den Staatshaushalt in Ordnung bringen kann. Sie nehmen vielmehr an, dass die Inflation mit ihrer Politik noch angeheizt wird.
Solche Erfahrungen machen in der Regel nur Schwellenländer. Die Pläne der Regierung riefen sogar den Internationalen Währungsfonds auf den Plan, der von „ungezielten Maßnahmen“sprach, die „vermutlich die Ungleichheit verstärken“. Die IWF-Schelte stellt keine ernsthafte Bedrohung für die neue Regierung dar, aber sie ist eine Demütigung für die noch immer fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt.
Gefährlich ist für Truss & Co. aber, dass sie sich die Bank of England zum Gegner statt zum Verbündeten machen. Die musste als Feuerwehr mit einem Notprogramm ausrücken,
um die Märkte zu beruhigen. Für eine Premierministerin, die mit einer Politik auf den Spuren
von Margaret Thatcher Großbritannien wirtschaftlich zu neuer Stärke führen will, ist dieser Start ein Desaster. Es wird nicht leicht sein,
das verspielte Vertrauen zurückzugewinnen.