10,5 Prozent: Höchste Inflation seit 1952
Es kam wie befürchtet: Im September schnellte die Inflation in den zweistelligen Bereich.
WIEN. Mit 10,5 Prozent Inflationsrate übertrifft die aktuelle Schnellschätzung der Statistik Austria für September selbst die Teuerungsraten der Erdölkrise in den 1970erJahren. Noch höher war die Inflation zuletzt Anfang der 1950er-Jahre. Damals kämpfte die vom Krieg darniederliegende Wirtschaft mit krassem Mangel an Gütern und Nahrungsmitteln. Aktuell rutscht das Land wegen drohender Energieknappheit in einen wirtschaftlichen Abschwung.
Angeheizt wurde die Teuerung im September erneut von den hohen Preisen für Haushaltsenergie und Treibstoffe. Vor allem die deutlichen Preisanstiege bei Gas und Strom, die in Ostösterreich mit September in Kraft traten, zeigen Wirkung. Aber auch der immer schwächer werdende Euro, der mittlerweile unter die Dollar-Parität gefallen ist. Die großteils in Dollar verrechneten Energieimporte verteuern sich so für die Euroländer empfindlich. Leichte Preisanstiege gab es laut Statistik Austria zudem bei den Preisen für Lebensmittel und Gastronomiebesuche. Gegenüber dem Vormonat stieg das Preisniveau um 1,6 Prozent. Im August war die Inflationsrate im Jahresabstand noch bei 9,3 Prozent gelegen.
Sebastian Koch vom Institut für Höhere Studien (IHS) sagt, die rekordträchtige
Inflationsrate für September sei erwartbar gewesen. Er verweist auf die mit September in Kraft getretenen Preiserhöhungen für Energie in Ostösterreich (Wien, Niederösterreich). „Das hat die Teuerungsrate nach oben gedrückt.“Koch erwartet, dass die Inflationsrate auch im Oktober und November auf hohem Niveau verharren wird. Erst im Dezember sollte es „eine erste Verschnaufpause“
geben. Da tritt nämlich die von der Regierung beschlossene Strompreisbremse
in Kraft, die 80 Prozent des Verbrauchs eines durchschnittlichen Drei-Personen-Haushalts
preislich bei elf Cent pro Kilowattstunde deckeln wird. Koch erwartet, dass dies die Inflationsrate „um einen knappen Prozentpunkt“dämpfen wird. Die nächste – zumindest statistische – Entspannung ist für März 2023 zu erwarten. Da ist es genau ein Jahr her, dass der russische Überfall auf die Ukraine erstmals die Energiepreise kräftig nach oben
trieb. Speziell bei Öl gab es einen gewaltigen
Ausreißer nach oben. Da die Inflationsrate stets im Vergleich zum Vorjahresmonat berechnet wird, ist also im kommenden März
bei Öl ein Rückgang zu erwarten, der insgesamt dämpfend auf die Inflationsrate wirken sollte. Für das Gesamtjahr 2023 rechnen Ökonomen
mit einer Inflationsrate von vier bis fünf Prozent in Österreich. Damit sollte sie wieder spürbar sinken, läge aber immer noch klar über dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank von zwei Prozent.