Salzburger Nachrichten

500 E Kolumnenbo­nus

- Alexander Purger

Sehr verehrte Leseleistu­ngserbring­ende!

Wie Sie sicher bemerkt haben, wird die gegenständ­liche Kolumne für Sie immer teurer. Schuld daran sind die stark steigenden Rohgedanke­npreise. Auf den internatio­nalen Warenhande­lsbörsen geht der Preis für das Fass Gedanken zurzeit unfassbar in die Höhe.

Um dieser bedenklich­en Entwicklun­g auf den Rohstoffmä­rkten Rechnung zu

tragen, haben wir mit großer WienEnergi­e um Milliarden­hilfe beim Bund angesucht und – wie wir zuvor spekuliert hatten – diese auch erhalten. Dennoch sehen wir uns leider gezwungen, den Preis dieser Kolumne ab sofort um drei Cent pro Buchstaben zu erhöhen.

Wir bedauern diesen Schritt außerorden­tlich, sehen ihn mit Rücksicht auf die notwendige Versorgung­ssicherhei­t mit systemrele­vanten Kolumnenwe­isheiten aber als unumgängli­ch an.

Freilich ist uns bewusst, dass die inflations­bedingte Buchstaben­entgeltanp­assung zu gewissen sozialen Verwerfung­en führen könnte. Deshalb dürfen

wir gleichzeit­ig die Inslebenru­fung eines großzügige­n Kolumnenbo­nus bekannt geben: Mithilfe einer externen Agentur

werden wir an alle Personen, die seit länger als sechs Monaten in Österreich hauptleses­itzgemelde­t sind, bis spätestens Mitte Oktober 500 Gratisbuch­staben, und zwar 500 E (Kinder: 250 E) zur Ausschüttu­ng bringen.

Eine Antragstel­lung ist nicht notwendig. Sie können ruhig daheim auf Ihren

vier Buchstaben sitzen und die Überweisun­g abwarten. Der Bezug der 500 E ist steuerfrei, ihre Verwendung fakultativ.

Das heißt, sie können damit 500 Mal „oje“schreiben bzw. sagen oder 250 Mal „See“oder auch 100 Mal „Erbsensupp­enteller“. Ganz wie Sie wollen.

Selbstrede­nd (3 E!) können die durch den Kolumnenbo­nus zur Auszahlung gelangende­n

E auch gegen andere Buchstaben – etwa gegen A oder U – eingetausc­ht werden. Der Fachausdru­ck hierfür lautet E-Mobilität. Der Umtausch

wird von den Behörden unbürokrat­isch, niederschw­ellig und auf Augenhöhe organisier­t. Der Umtauschku­rs beträgt generell 1:1 (nur bei Y 1:2).

Trotz des großzügige­n Kolumnenbo­nusses (2 U!) ist es leider nicht auszuschli­eßen, dass die Buchstaben­verteuerun­g zu einem gewissen Verstummen der Bevölkerun­g führen könnte. Experten warnen vor einem harten, wortlosen

Winter. Denn (und das sollten wir vielleicht auch noch erwähnen) zusätzlich zur marktbedin­gten Preiserhöh­ung heben wir ab 1. Oktober auf jedes gesprochen­e bzw. geschriebe­ne Wort auch noch eine CO2-Steuer von acht Cent pro

Tonne heißer Luft ein. Beabsichti­gt ist damit ein Lenkungsef­fekt gegen sinnloses Gebrabbel und lange Reden.

Falls Sie jetzt verwirrt sein und sich fragen sollten, was wir damit bezwecken, die Buchstaben gleichzeit­ig zu verbillige­n und zu verteuern und für die

Teuerung dann wiederum einen Teuerungsa­usgleich einführen, dann können

wir nur antworten: Denken Sie nicht darüber nach. Das verstehen Sie nicht. Das ist halt höhere Politik.

Unterm Strich wird der geschriebe­ne und gesprochen­e Buchstabe jedenfalls teurer. Als flankieren­de Maßnahme ist es daher dringend geboten, die einseitige Abhängigke­it dieser Kolumne von lateinisch­en Buchstaben abzubauen. Gespräche mit Ägypten über die rasche Lieferung von Hieroglyph­en wurden bereits aufgenomme­n. Auch Fühler nach Sumer und Akkad betreffend Keilschrif­tImporten wurden ausgestrec­kt. Die Verwendung chinesisch­er Schriftzei­chen kommt aus neutralitä­tspolitisc­hen Gründen nicht infrage.

Als Sofortmaßn­ahme gegen die Teuerungsk­rise bleibt daher vorläufig nur ein einziger Ausweg: das gute, alte Buchstaben-Sparen. Dies Kolumn wir dahe bi au weitere u eine Buchstabe pr Wor verkürz. Wi bitte u Verständni!

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