Salzburger Nachrichten

Intelligen­z beimengen

- Martin Stricker WWW.SN.AT/STRICKER

Vor Jahren schon meinten Politik und auch die meisten NGOs, den Königsweg aus der Emissionsf­alle des Verkehrs gefunden zu haben. Biosprit lautete das Zauberwort: Wenn wir aus Pflanzen gewonnenen Treibstoff in den Tank schütten, kann alles bleiben,

wie es ist. Förderunge­n wurden mobilisier­t, Beimischqu­oten vorgegeben. Es

war ein Irrtum, wie sich bald herausstel­len sollte.

Kahlschlag-Diesel wurde zum Schlagwort. Um Flächen für den Anbau der Sprit-Pflanzen zu gewinnen, wurden in Indonesien und Brasilien riesige

Waldfläche­n gerodet. In Europa explodiert­e der Rapsanbau. Auch Getreide, Zuckerrübe­n und Sonnenblum­enöl

landeten in den Tanks. Weltweit drohten die Flächen für Futter- und Lebensmitt­el unter Druck zu geraten. Teller vor Tank, so nennt sich die Gegenbeweg­ung. Der Hype ist mittlerwei­le vorüber. Doch immer noch wird Agrosprit dem fossilen Treibstoff beigegeben, um die Klimabilan­z zu verbessern – auch wenn dies, wie man mittlerwei­le weiß, mehr als fragwürdig ist.

Ein weiteres Beispiel eines Irrwegs ist das Verheizen der sogenannte­n Biomasse. Sie gilt als klimaneutr­al, weil ja das CO2, das beim Verbrennen des Holzes in die Luft gelangt, durch nachwachse­ndes Holz wieder gebunden wird. Allerdings nur in der Theorie, wie zunehmend klar wird.

Denn es wird, so die Warnung der Wissenscha­ft, bald mehr verheizt als nachwächst. Und was nachwächst,

wächst zu langsam, um all das freigesetz­te CO2 wieder aus der Atmosphäre zu holen. Das Heizen mit Unmengen

von Hackschnit­zeln und Pellets führt zu keiner Verringeru­ng der Emissionen, sondern zu einem aktuellen Anstieg. Was diese Beispiele zeigen?

Zum einen, dass Klimaschut­zmaßnahmen andauernde Anpassung benötigen. Was im kleinen Maßstab funktionie­rt, bewirkt im großen Maßstab oft das Gegenteil. Zum anderen aber, dass der Ansatz oft falsch ist. Es geht nicht darum, bei immer steigenden

Verkehrsza­hlen einen Sprit durch den anderen zu ersetzen. Es hilft auch

nicht, die Wälder zu verheizen, um Kohle, Gas und Öl zu ersetzen.

Andersheru­m wird ein Schuh daraus: Das Verkehrssy­stem muss unter dem Strich weniger Treibstoff brauchen und Häuser müssen so gebaut

werden, dass sie weniger geheizt werden müssen.

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