Salzburger Nachrichten

Ins kalte Wasser geworfen

Seit zehn Jahren fährt unser Autor Armin Wildwasser­kajak. Hier erzählt er davon.

-

Es ist definitiv ein besonderes Gefühl: Man steht auf einer Brücke oder am Rand eines Flusses, schaut sich die Strömung an und weiß, dass man gleich dort irgendwo mittendrin in seinem Kajak zwischen Steinen, Wellen und weiß schäumende­m Wasser nach unten paddeln wird. Die Aufregung

kriecht langsam im Inneren hoch. Wie ein Kribbeln, man ist angespannt, aufgeregt und freut sich. Zugleich hat man auch ein wenig Angst und weiß nicht so genau, wie es einem in den nächsten Sekunden mitten im Fluss gehen wird.

Dann sitzt man im Wildwasser­kajak. Die Spritzdeck­e wird über die Ausstiegsl­uke gespannt, das Paddel in der Hand rutscht man über die Böschung ins Wasser. Ab jetzt geht meist alles schnell. Das kalte Wasser spritzt einem auf die Brust

und ins Gesicht, die Strömung greift das Boot auf und man paddelt, versucht, eine optimale, vorher gesuchte Linie zu fahren. Nicht immer gelingt das.

Ich habe 2012 mit dem Wildwasser­kajak-Fahren begonnen. Mit meinem Bruder durfte ich damals in der Obersteier­mark in den Wildalpen einen dreitägige­n

Kajakkurs besuchen. Im Nachhinein weiß ich: So ein Kurs zum Anfangen ist sehr wichtig. Der Kajaklehre­r warf uns sprichwört­lich ins kalte Wasser. Anstatt eines ersten Tages am See fuhren wir mit ihm nach zehn Minuten Theorieunt­erricht am Ufer und einem obligatori­schen Kentertrai­ning gleich mitten im Fluss. Die Theorie zuvor machte er mit Holzstückc­hen als Miniaturka­jaks, faustgroße­n Steinen als Felsen und in den Sand gezeichnet­en Linien, welche die Strömung darstellte­n. In der ersten Einheit übten wir den ganzen Tag an einer ruhigeren Stelle im Fluss das Kehrwasser­fahren und das Queren des Flusses.

Wenn man falsch kantet oder einfach nur zu wenig, dauert es nicht einmal zwei Sekunden und man schwimmt verkehrt im Bach – mit dem Kopf unter Wasser. Ich glaube, in dieser ersten Einheit ist jeder aus unserer Gruppe mindestens ein Mal gekentert. Dann muss man die Reißleine unter Wasser ziehen, aus dem Boot steigen und mit Boot und Paddel ans Ufer schwimmen. Beim ersten Mal hatte ich einen enormen Schreck durch das sekundensc­hnelle Umdrehen ins kalte Wasser. Aber nach ein paar ungewollte­n Umfallern wird es besser.

Im Wildwasser­kajak kann man ganz sicher mit regelmäßig­en Adrenalink­icks rechnen, vor allem bei Wasserfäll­en. Damit geht natürlich auch ein gewisses Maß an Risiko einher, denn je wilder die Paddelstre­cke, desto gefährlich­er ist es. Man kann im Wasser ertrinken, das darf man nicht vergessen. Es gibt leider

jedes Jahr wieder derartige Unfälle. Umso wichtiger ist es, dass man sein Können richtig einschätzt. Besser eine Stelle im Bach mit dem Kajak zu Fuß umtragen, als sich in Gefahr zu bringen. Ein guter Grundkurs, ein paar erfahrene Mitfahrer am Fluss und die passende Schutzausr­üstung sind Voraussetz­ung. Dann ist es aber wirklich ein sehr aufregende­r und schöner Sport. Ich freue mich schon wieder, wenn ich das nächste

Mal das Rauschen eines Flusses vor mir höre.

 ?? BILDER: SN/STOCKADOBE-GERGELY, AMAZON/LIMES VERLAG, NETFLIX GAMES ?? Armin Brandstätt­er ist 22 Jahre alt, kommt aus St. Michael im Lungau und studiert Architektu­r in Graz.
BILDER: SN/STOCKADOBE-GERGELY, AMAZON/LIMES VERLAG, NETFLIX GAMES Armin Brandstätt­er ist 22 Jahre alt, kommt aus St. Michael im Lungau und studiert Architektu­r in Graz.

Newspapers in German

Newspapers from Austria