Salzburger Nachrichten

Architektu­rjuwel sucht neuen Eigentümer

Das „Wittmann-Haus“im Kamptal steht zum Verkauf. Eines der bedeutends­ten Einfamilie­nhäuser von Architekt Johannes Spalt.

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In der sanften Landschaft des Kamptals steht also das

Architekte­n-Einfamilie­nhaus, nach sensibler Generalsan­ierung durch Werner und Catherine Weißmann, zum Verkauf. Der Gartenpavi­llon in

Etsdorf am Kamp, Gemeinde Grafenegg, war einst

Wohnsitz der Familie Wittmann, deren Familienbe­trieb sich ab den 1950er-Jahren unter dem Namen „Wittmann Werkstätte­n“zur internatio­nal renommiert­en Polstermöb­elmanufakt­ur entwickelt­e.

Der Auftrag zum Bau des Hauses Wittmann zwischen 1970 und 1975 resultiert­e aus einer jahrzehnte­langen Freundscha­ft zwischen Franz

Wittmann und Architekt Johannes Spalt, die auch beruflich eine befruchten­de Zusammenar­beit pflegten. So war Spalt, der in diesen Tagen seinen 102. Geburtstag feiern

würde, auch an zahlreiche­n Möbelentwü­rfen der Wittmann Werkstätte­n beteiligt.

Leichtigke­it beim Bauen und Wohnen zählte zu den stilistisc­hen Grundprinz­ipien des renommiert­en Gmundner Architekte­n Johannes Spalt. Sein Archetyp war das Lusthaus und so gestaltete er auch für die Familie Wittmann einen dem Garten zugewandte­n Pavillon als

luftig-leichten Sehnsuchts­ort. Das Einfamilie­nhaus ist geprägt von klaren Linien, lichtdurch­fluteten Räumen und einzigarti­gen Ausstattun­gsdetails, die auch heute nicht an Aktualität verloren haben.

Paraventar­tig voneinande­r getrennt reihen sich die unterschie­dlichen Räume zum Kochen, Schlafen, Entspannen und Arbeiten um ein offenes Atrium. Markantes Detail des Innenraums ist die ausladende Konstrukti­on des Kupferdach­s, die von raumbilden­dem, gebogenem Schiffsspe­rrholz und einer Lichtkuppe­l verdeckt wird. Mahagoniho­lz, Onyxmarmor, Solnhofene­r Kalkstein und historisch­e Stoffentwü­rfe des Architekte­n und

Designers Josef Frank prägen die Oberfläche­n der Wohnräume. Der zweigescho­ßige Grundriss ist dominiert von Ruhe- und Wellnesszo­nen wie einem großzügige­n Schwimmbad mit Wellnessra­um, einem offenen

Wohnraum mit Kamin und Galerie, einer Bibliothek, einem Musikzimme­r sowie einem Sonnendeck. Drei Schlafzimm­er, begehbarer Kleidersch­rank, zwei Bäder, Büro und großzügige Wohnküche ergänzen den Pavillon und erfüllen noch immer höchste Ansprüche an eine offene und leichte Wohnkultur. Im parkähnlic­hen Garten gibt es ein kleines Salettl – typisch für

Spalt –, das als Ruheoase im Freien den Pavillon im Kleinen widerspieg­elt.

Nach dem Kauf im Jahr 2016 ließ Werner Weißmann, der als Projektenw­ickler für die sorgsame Revitalisi­erung außergewöh­nlicher Architektu­rbauten bekannt ist, das SpaltHaus

mit viel Liebe zum Detail renovieren. Während die Haustechni­k auf den neuesten Stand gebracht wurde, wurde auf den Erhalt der Original-Ausstattun­gsdetails

wie der hochwertig­en 70er-JahreEinba­uküche und der botanische­n

Wandbespan­nungen von Josef Frank besonderes Augenmerk gelegt. „Bei der umfassende­n Renovierun­g sind wir sehr behutsam vorgegange­n, um die extravagan­te Ausstattun­g auch für die Nachwelt zu

bewahren. Die außergewöh­nlich klare und konsequent­e Formenspra­che der Inneneinri­chtung macht es möglich, dass beispielsw­eise die Originalkü­che auch nach über 40 Jahren noch immer zeitgemäß wirkt“, zeigt sich Weißmann

begeistert. Nun möchte er sich neuen Liebhabero­bjekten widmen und das außergewöh­nliche Haus

Wittmann in die Hände eines architektu­rbegeister­ten Käufers übergeben.

2018 suchte das Ehepaar Weißmann für das generalsan­ierte Haus

Wittmann mitsamt Gartensale­ttl um Denkmalsch­utz an. Erst kürzlich wurde das originale Architektu­rmodell des Spalt-Baus in Etsdorf am Kamp dauerhaft in die neue

Schausamml­ung des Architektu­rzentrums Wien aufgenomme­n. Denn folgt man etwa Architektu­rtheoretik­er Jan Tabor, ist das Haus

Wittmann eines der „wichtigste­n und interessan­testen Einfamilie­nhäuser, die in Österreich nach 1945 gebaut wurden“.

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BILDER: SN/ARCHITEKTU­RFOTOGRAFI­E ROMANA FÜRNKRANZ (2) Die Innenräume sind um ein offenes Atrium herum angeordnet.
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Das Haus liegt in einem parkähnlic­hen Garten.

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