Salzburger Nachrichten

Iranerinne­n in Salzburg brechen ihr Schweigen

Am Sonntag zeigen sich Salzburger Iranerinne­n bei einer Kundgebung solidarisc­h mit jenen, die derzeit im Iran gegen das Regime protestier­en.

- ANTON PRLIĆ

SALZBURG. Mahsa wurde im Iran geboren und lebt jetzt in Salzburg. Die junge Frau hat nicht nur denselben Vornamen wie die Iranerin Mahsa Amini, die Mitte September nach der Festnahme durch die iranische Sittenpoli­zei

gestorben ist. Mahsa wurde selbst einmal von der Sittenpoli­zei im Iran festgenomm­en. Als sie 17 Jahre alt war, traf sie sich in einem Park mit Freunden. „Wir waren zwei Mädchen und zwei Burschen. Wir waren spazieren und die sogenannte Sittenpoli­zei hat uns aufgehalte­n. Sie brachten uns sofort in ein Gefängnis. Ein Gefängnis wie das, in dem Mahsa Amini gestorben ist.“

Eine Nacht wurden Mahsa und ihre Freundinne­n festgehalt­en.

Am nächsten Tag gab es eine Gerichtsve­rhandlung. „Natürlich

hatten wir keine gesetzlich­e Vertretung. Es gab nur eine Urteilsver­kündung des Richters. Die Strafen waren 70 Peitschenh­iebe

für uns Mädchen und 80 für die Burschen.“

Mahsa ist eine von zwei Iranerinne­n, die am Sonntag um 15 Uhr bei einer Kundgebung am Salzburger Hauptbahnh­of anlässlich des Todes von Mahsa

Amini sprechen werden. Auch ihre Freundin Mozhdeh will sich öffentlich zu dem Vorfall um die

Sittenpoli­zei äußern und wird am Salzburger Bahnhofsvo­rplatz sprechen. „Frauen im Iran sind

wie Objekte. Sie sind nur dazu da, um Kinder zu kriegen und dem Mann zu dienen.“

Die Aktion wird organisier­t von der Salzburger Fotokünstl­erin Lisa-Maria Thalmayr. Sie

kennt viele Iranerinne­n, weil ihr

Mann dort geboren wurde. „Im Iran wird man ab der Geburt als Frau unterdrück­t. Die Frau ist nur

halb so viel wert wie der Mann. Und das ist nicht nur so dahingesag­t: Bei einem Gerichtste­rmin

braucht man zwei Frauen, damit sie eine gültige Stimme haben.“

Mit der Kundgebung wolle sie mit Iranerinne­n und Iranern, die in Salzburg leben, ein Zeichen setzen. Sie wollen die Menschen im Iran, die nun protestier­en, unterstütz­en. „Bei den Vorbereitu­ngen haben mir so viele mutige Frauen ihre Geschichte erzählt.

Aber viele haben Angst davor, sich öffentlich zu äußern, weil ihre Familie im Iran Probleme bekommen könnte“, sagt Thalmayr. Umso mutiger sei der Auftritt

von Mahsa und Mozhdeh am Sonntag, sagt die Organisato­rin. Mozhdeh möchte jedenfalls nicht länger schweigen. „Es

bricht mein Herz, wenn ich die Fotos und Videos sehe, wie Menschen – vor allem Frauen – für ihre und unsere Rechte kämpfen.“

„Viele wollen aus Sorge um ihre Familie nicht sprechen.“Lisa-Maria Thalmayr, Künstlerin

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BILD: SN/LISA-MARIA THALMAYR Die Iranerinne­n Mahsa und Mozhdeh sprechen am Sonntag bei einer Kundgebung.
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