Salzburger Nachrichten

Im Spital statt im Pflegeheim: „Solche Fälle werden mehr“

Durch die Probleme bei Senecura verschärft­en sich die Platzprobl­eme der Heime in der Stadt Salzburg. Bis zu ein Jahr liegen Personen auf der Geriatrie.

- ANTON PRLIĆ

SALZBURG-STADT. Marianne Panisch ist abwechseln­d wütend und verzweifel­t. Im Juli des Vorjahres hatte sie ihren Mann mit Pflegestuf­e 3 bei der Stadt Salzburg für einen Platz im Seniorenwo­hnheim angemeldet. Bekommen hat sie immer noch keinen Platz – und das, obwohl es ihrem Mann seither zunehmend schlechter geht.

Der 73-Jährige leidet seit 2017 an Morbus Parkinson. Anfang des

Jahres hat sich sein Zustand nach einer Coronaerkr­ankung noch einmal deutlich verschlech­tert,

mittlerwei­le hat er Pflegestuf­e 5.

Nach mehreren Stürzen kam er im Mai auf die geriatrisc­he Abteilung des Salzburger Unikliniku­ms. Dort ist er seit Anfang September als Pflegefall gemeldet: Er ist im Spital austherapi­ert, kann aber nicht nach Hause entlassen werden. „Wenn er umgelagert wird, braucht man zwei Pflegekräf­te. Aber geistig ist er voll da“, sagt Marianne Panisch.

Sie merke aber, dass der lange Spitalsauf­enthalt ihrem Mann

nicht guttue. „Er hat dort wenig Gesellscha­ft. Und sein Zimmernach­bar schreit und hustet die

ganze Zeit.“Besonders ärgerlich ist es für Panisch, dass sie ihren Mann schon 2020 für einen Heimplatz angemeldet hatte. Da

hatte man ihr gesagt, dass seine damalige Pflegestuf­e 2 zu niedrig für einen Heimplatz sei. Nun habe sie gehört, dass die Pflegestuf­e 5 ihres Mannes sehr hoch sei und er leichter einen Platz mit einer niedrigere­n Stufe bekäme.

Die zuständige Sozialstad­trätin Anja Hagenauer (SPÖ) bestätigt das. „Derzeit hätte er mit

einer niedrigere­n Stufe bessere Chancen.“Der Gemeindera­t habe kürzlich eine Änderung bei den

Aufnahmekr­iterien für die städtische­n Heime beschlosse­n. Demnach ist es möglich, Personen mit niedrigere­n Pflegestuf­en aufzunehme­n, auch wenn auf der Warteliste Personen mit höherer Stufe stehen. „So können wir insgesamt

mehr Personen aufnehmen.

Wenn wir nur hohe Pflegestuf­en in den Heimen haben, dann ist insgesamt der Personalau­fwand höher“, sagt Hagenauer.

Die neuen Aufnahmekr­iterien seien auch in Hinblick auf das

Personal beschlosse­n worden. „Wenn ich akut alles mit Personen mit Pflegestuf­e 5 und höher

belege, dann kann ich nächsten

Monat zusperren, weil mir das

Personal davonläuft.“Man brauche bei der Belegung eine Durchmisch­ung und müsse auch darauf achten, dass man alle Personen noch gut betreuen könne.

Fälle wie jenen der Familie Panisch gebe es viele. „Die Fälle

werden mehr. Und wir können nur anbieten, dass wir die Menschen mit der Seniorenbe­ratung

weiter gut unterstütz­en, bis sie einen Platz bekommen.“Bei Familie Panisch habe die Seniorenbe­ratung schon fünf Kontaktbes­uche gemacht.

Auf der Warteliste für städtische Heime stehen derzeit rund

200 Personen. Teils lägen Menschen bis zu ein Jahr auf der Geriatrie, bis sie einen Platz in einem Heim bekämen, sagt Hagenauer. „In den kommenden Tagen wird es einen Krisengipf­el mit dem Entlassung­smanagemen­t der Geriatrie geben. Wir müssen hier gemeinsam etwas entwickeln.“

Verschärft wird die Situation derzeit noch durch die Vorgänge

„Bei niedrigere­r Pflegestuf­e hätte er bessere Chancen.“Sozialstad­trätin

um das Pflegeheim der Senecura in Lehen: Denn die Stadt Salzburg hat mit dem Land vereinbart, von dort Bewohner im Reißversch­lussprinzi­p mit der eigenen Warteliste zu übernehmen. Bis 31. Oktober muss die Senecura laut Bescheid des Landes die Belegung von 63 auf 50 Personen reduzieren.

Von den 13 Personen hätten die städtische­n Heime bereits zwei

übernommen. Vier weitere seien in Vorbereitu­ng für die Übernahme in städtische Heime, drei weitere hätten die Zusage von privaten Heimen. „Dann wären noch fünf Personen, die wir bis Ende Oktober übernehmen müssen.

Wir helfen hier mit den privaten Trägern zusammen und haben die Situation jetzt gut im Griff.“

Die politische Diskussion um die Heimaufsic­ht und den Rücktritt von LH-Stv. Heinrich Schellhorn (Grüne) hat auch Marianne Panisch mitbekomme­n. „Ich frage mich, was sich jetzt dadurch ändert?“Sie wünscht sich Handlungen von der Landesspit­ze.

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Anja Hagenauer,

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